EX-MITMISCHEN-AUTORIN „Ich habe viele spannende Leute getroffen“
Wer gerne schreibt und sich für Politik interessiert, kann bei mitmischen.de mitmachen. Jugendliche aus ganz Deutschland haben hier ihre ersten Texte veröffentlicht. Was machen sie heute? Wir haben einige aufgespürt. Heute: Sabine Winkler, freie Journalistin.
Erinnerst du dich noch an einige Beiträge für mitmischen.de?
Ich habe vor allem viele spannende Leute getroffen. Zum Beispiel erinnere ich mich an ein sehr interessantes Gespräch über Außenpolitik mit dem ehemaligen Außenminister Klaus Kinkel, der ja inzwischen leider verstorben ist.
Was mir auf jeden Fall auch aus der mitmischen-Zeit in Erinnerung geblieben ist: Ich habe krass gelernt, genau zu arbeiten. Das Feedback aus der Redaktion war zwar manchmal frustrierend, wenn dann wieder kam: Das hast du nicht genau genug wiedergegeben. Aber im Nachhinein muss ich sagen, dass ich damals das beste Handwerkszeug für meinen späteren Job mitbekommen habe.
Gesetzgebung, Ausschüsse, Regierungsbefragung… Im Bundestag ist vieles kompliziert und komplex. Wie hast du das bewältigt?
Ich bin so eine Schneeballleserin: Ich fange an, etwas zu recherchieren, und komme dann von einem Text zum nächsten. Gefühlt saß ich an Texten für mitmischen.de doppelt bis dreifach so lang wie für andere Texte, weil ich dann noch einen Gesetzestext im Internet aufgerufen und noch einen Hintergrund nachgelesen habe. Aber es hat sich gelohnt, weil ich wirklich viel mitgenommen habe.
Wie ging es für dich später beruflich weiter?
Ich wollte eigentlich schon nach dem Bachelor ein Volontariat machen. Das hat dann aber erst mal nicht geklappt. Weil ich auch nicht einfach irgendein Volo annehmen wollte, habe ich weiter studiert und nach dem Master noch ein Jahr lang als Lokalreporterin für die Rheinische Post gearbeitet. Da habe ich vom Schützenfest bis zur Karnevalssitzung alles gemacht – konnte aber auch das Politische gut mit reinbringen. Das war schon eine lehrreiche Zeit. Und dann habe ich mich für die Axel-Springer-Akademie beworben. Schicksalshaft hat das geklappt.
Wie lief das Volontariat ab?
Meine Stammredaktion war der Musikexpress. Aber ich hatte auch Stationen bei Welt und Bild. Ich habe ein Jugendmagazin mit aufgebaut. Das gibt es inzwischen nicht mehr, aber das war damals ziemlich aufregend.
Unser Abschlussprojekt war ein Snapchat-Format, für das wir uns mit Holocaust-Überlebenden trafen. Wir sprachen mit ihnen über ihre Erfahrungen und auch darüber, wie sie die Gesellschaft heute wahrnehmen. Für dieses Projekt „sachor jetzt!“ haben wir den "Nannen"-Preis (heute "Stern"-Preis) bekommen. Als Volontärin diese renommierte journalistische Auszeichnung zu bekommen, war eine krasse Erfahrung.
Insgesamt habe ich im Volontariat sehr viel gelernt, von der klassischen Reportage über Social Media bis hin zu Fernsehen. Und natürlich konnte ich auch total viele interessante Kontakte knüpfen.
Und was machst du heute?
Leider ist der Musikjournalismus ja eher auf dem sterbenden Ast, deshalb konnte der Musikexpress keine Volontäre übernehmen. Also habe ich mir gesagt: Du versuchst das jetzt einfach mal als freie Journalistin! Und seitdem schreibe ich als Freie unter anderem für die Welt, Travelbook, kleine Filmmagazine. Das macht wirklich Spaß, weil ich alles machen kann, was mich interessiert, von Gesellschaftspolitik über Kulturgeschichten bis hin zu Reisereportagen.
Was fasziniert dich am Journalismus?
Ich finde es einfach spannend, Leute zu treffen – auch Leute aus scheinbar banalen Lebensrealitäten. Wenn die ihre Geschichten erzählen und anderen dadurch einen Einblick in ihre Welt ermöglichen, dann ist das immer spannend. Und bereichert auch mein eigenes Leben.
Hast du einen guten Rat für junge Leute, die sich für Journalismus interessieren?
Viele Praktika machen! Und nicht von großen Namen blenden lassen! Wenn du bei einem großen Leitmedium ein Praktikum machst, wirst du nie so viel machen können wie bei einem kleinen Magazin, dessen Redaktion nur aus wenigen Leute besteht. Große Häuser sind natürlich auch spannend, weil man da viel Struktur mitkriegt. Aber um sich auszuprobieren und herauszufinden, was einem Spaß macht, sind kleine und auch lokale Redaktionen wirklich sinnvoll und bereichernd.
Wahrscheinlich würdest du eher nicht dazu raten, in Richtung Musikjournalimus zu gehen?
Ich schreibe immer noch sehr gerne Musikreportagen. Man lernt dabei, ganz genau zu beschreiben, weil man den Lesern ja irgendwie begreiflich machen muss, was man gehört hat. Ich merke, dass das etwas ist, was ich auch in andere Texte mitnehme. Insofern war das als Ausbildung schon sehr cool. Hat aber leider wenig Zukunftspotenzial.
Zur Person
Sabine Winkler, 32 Jahre alt, hat einen Bachelor in Medien- und Kommunikationswissenschaften und Anglistik gemacht, danach einen Master in Allgemeiner und vergleichender Literaturwissenschaft. Von 2010 bis 2016 hat sie für mitmischen.de geschrieben.
(jk)