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71. Europäischer Wettbewerb Europa (un)limited

Jasmin Nimmrich

Ein grenzenloses Europa – ist das ein naiver Traum, eine realistische Hoffnung oder heute gar schon Wirklichkeit? Zur diesjährigen 71. Ausgabe des Europäischen Wettbewerbs haben sich Schülerinnen und Schüler aus ganz Deutschland zu genau dieser Frage künstlerisch ausgelebt. Im Deutschen Bundestag wurden einige der eingereichten Kunstwerke präsentiert.

Zeichnung eines Skateboards auf dem eine Person auf einem weiteren Skateboard steht und abspringt, nach ihr greifen schattenartige Hände.

Europa kann, muss und soll, wie wir alle, über den eigenen Schatten springen, um scheinbare Grenzen zu überwinden. © Europäischer Wettbewerb / Isabella Lösch

„Europa (un)limited“ – wo fängt Europa an und wo sollte es aufhören? Begrenzen wir selbst unsere Möglichkeiten oder sollten uns Grenzen gesteckt werden? Diese und weitere Fragestellungen beschäftigten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 71. Europäischen Wettbewerbs. Einige der Preisträgerinnen und Preisträger hatten nun die Möglichkeit, nach Berlin zu reisen und sich ihre Arbeiten im Rahmen des parlamentspolitischen Schülerprogramms im Bundestag gegenseitig vorzustellen.  

Was ist der Europäische Wettbewerb? 

Mit seiner mittlerweile 71. Ausgabe gilt der Europäische Wettbewerb als ältester Schülerwettbewerb Deutschlands. Das Ziel ist seit 1953 gleich geblieben: Schülerinnen und Schüler sollen Europa kreativ lernend entdecken und aktiv mitgestalten. Mitmachen können alle, egal ob Grund- oder Berufsschule. Anhand einer vorgeschriebenen Aufgabenstellung sind Lehrerinnen und Lehrer dazu angehalten, Europa im Unterricht zu behandeln und zur Einreichung von Wettbewerbsbeiträgen zu ermutigen. In diesem Jahr stand die Frage im Mittelpunkt, wie innerhalb der Europäischen Union Grenzen gezogen und eingerissen werden können.

Die Kunstwerke, die von Malerei, Literatur und Film bis hin zu Essays, Kurzgeschichten, fiktiven Talkshows und selbst entwickelten Spielen reichen, behandeln dabei neben der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Lage innerhalb der Europäischen Union auch die Vergangenheit der Staatenunion sowie potentielle Zukunftsszenarien. Der Interpretation des Begriffs „Grenzen“ wurden dabei keine Grenzen gesetzt. Die eingereichten Werke zeigen neben realen landschaftlichen und geopolitischen Grenzen auch emotionale und imaginäre Grenzen auf, fordern zu einer Grenzenlosigkeit oder auch zu Grenzziehungen auf.

Der Griff nach Mehr 

So mahnt Nora Mo Meyer (18) aus Niedersachsen mit ihrer Einreichung zum Thema „Grenzen in der Gesellschaft“ zu Verantwortungsbewusstsein und Mäßigung. Ihre Europa, an die in der griechischen Mythologie der Götterkönig Zeus sein Herz verloren hat und die als Namensgeberin des Kontinents Europa gilt, greift mit vier Armen über den Erdball. Sie nimmt, sie stiehlt, sie zerstört, sie kann aber auch helfen. Doch wie viel Gerechtigkeit braucht es, um Unrecht und Unmaß auszugleichen? In Noras Werk verkörpert Europa, deren Gesicht eine aufgemalte europäische Flagge ziert, die konsumorientierte Gesellschaft, die den Folgen, die durch die eigene Gier verursacht werden, gegenüber blind geworden sei. Die wirtschaftliche Stärke eines Kontinents könne aber auch helfen, die negativen Konsequenzen für Mensch und Natur abzuschwächen. Es bräuchte dafür lediglich grenzenlose Menschlichkeit. 

Gemälde – eine Person mit blau gemaltem Gesicht und vier Armen erstreckt diese über den Erdball und greift nach Ressourcen, hinterlässt Zerstörung.

Gieriges Europa? So stellt Nora den Kontinent in ihrem Kunstwerk dar. © Europäischer Wettbewerb / Nora Mo Meyer

Bei der Plastik von Hannah Bettmann (16), Mira Aissa Esselborn (17), Jolie Leipold (16) scheint Europa auf den ersten Blick nach den Sternen zu greifen, bei genauerer Betrachtung streckt sie zum Schutz die Hände gen Himmel. Denn die Schülerinnen aus Brandenburg haben sich mit ihrer Einreichung den Folgen des menschlichen Handelns, die weit über den Heimatplaneten hinausgehen, gewidmet. Umgeben von Weltraumschrott, der rasend schnell in der Umlaufbahn der Erde um diese kreist, mag die Innovation des Vordringens des Menschen im Weltall schillernd scheinen. Doch die Bedrohung, die von kaputten Satelliten oder umherschwirrenden Werkzeugen vergangener Weltraummissionen ausgeht, betrifft nicht nur den Ort, in dem wir selbst nicht lebensfähig sind, sondern auch das Gleichgewicht auf dem Planeten, für den wir direkte Verantwortung tragen: unsere Erde. Denn Weltraumschrott, der in unsere Atmosphäre eindringt, kann sich direkt auf das Klima des Blauen Planeten auswirken. Verantwortung kennt keine Grenzen, wenn wir über Grenzen hinausgehen wollen. 

Foto einer Plastik – auf einer Erdkugel steht eine Frau mit blauem Gewand und rötlichen haaren über ihr schwirren Müllpartikel aus Aluminium.

Der Mensch hat die Grenze ins Weltall überschritten – doch der so entstandene Weltraumschrott kann ihm gefährlich werden. © Europäischer Wettbewerb / Hannah Bettmann, Maria Aissa Esselborn, Jolie Leipold

Grenzenlose europäische Zukunft? 

Der Einfluss Europas, das als fortschrittlich und zukunftsgewandt gilt, kann sich im eigenen Zuhause, mitten in Europa, auch ganz klein anfühlen. Mit dieser Wahrnehmung setzt sich Leonie Niedermeier (17) auseinander, denn in ihrem bayerischen Heimatdorf lassen die Errungenschaften der Gegenwart noch etwas auf sich warten und die Zukunft hält nur langsam Einzug. In ihrer mit Photoshop erstellten Collage stellt sie den Ist- und den Sollzustand direkt gegenüber. Befindet sich das Dorf aktuell noch in einem Funkloch, soll in Zukunft grenzenlose Erreichbarkeit herrschen. Gleiches gilt für den Öffentlichen Personennahverkehr, der zum aktuellen Zeitpunkt noch Grenzen erschafft, wo keine sein sollten. Innovation geht im städtischen wie im ländlichen Raum mit Verantwortung einher, daher der grüne Fußabdruck, der das Leitmotiv aller Entwicklung sein sollte.

Photcollage aus verschiedenen Bildern, die unter anderem Natur, Hühner und Windräder zeigen.

Mitten in Europa leben und doch das Gefühl haben, abgehängt von der Welt zu sein. © Europäischer Wettbewerb / Leonie Niedermeier

Grenzen im Kopf, Grenzen im Herzen, Grenzen in und um Europa – die Einreichungen zum 71. Europäischen Wettbewerb verdeutlichen positive wie negative Schranken, die mit uns gewachsen, in die wir gewiesen wurden oder die wir uns ausgedacht haben. Mit Kreativität, Kritik, Humor und Hoffnung haben sich in diesem Jahr 61.778 Schülerinnen und Schüler deutscher Schulen mit einem (un)limited Europa auseinandergesetzt. Wenn du mehr Arbeiten sehen möchtest, findest du hier den Best-Of-Film zum Wettbewerb.

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