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Klimabewegung Diskussion über „Letzte Generation“

Die Proteste der „Letzten Generation“ sorgen für Diskussionen – auch im Bundestag. Die AfD-Fraktion hatte beantragt, die Gruppe zu verbieten. Die Fraktionen sind geteilter Meinung.

Klimaaktivisten sitzen auf einer Straße, im Hintergrund sind Mannschaftswagen der Polizei und Polizisten zu erkennen, die hinter den Aktivisten stehen.

Die Aktivisten der „Letzten Generation“ sind als sogenannte Klimakleber bekannt geworden. Den Verkehr zu blockieren, ist Teil ihrer Protestaktionen. © picture alliance/dpa | Bodo Schackow

Die „Letzte Generation“ ist bekannt für ihre extremen Proteste: Aktivisten kleben sich auf dem Asphalt fest, um den Autoverkehr zu blockieren oder werfen Kartoffelbrei auf die Scheibe eines weltberühmten Monet-Gemälde in Potsdam. Die Aktionen sind umstritten. Manche Menschen sagen, sie schadeten der Klimabewegung. Die Aktivisten der „Letzten Generation“ finden, es sei die einzig verbliebene Möglichkeit im Kampf für mehr Klimaschutz. Das hat uns auch Aktivistin Lea im Interview erklärt. Mehr dazu hier.

Tempolimit und 9-Euro-Ticket

Die Vereinigung fordert laut ihrer Website ein Tempolimit von 100 Stundenkilometern auf den Autobahnen, ein dauerhaftes 9-Euro-Ticket und einen Gesellschaftsrat, also ein Gremium, das aus Bürgerinnen und Bürgern besteht, und in dem Maßnahmen für den Klimaschutz erarbeitet werden.

AfD-Fraktion fordert Verbot

Nun wurde im Bundestag über einen Antrag der AfD-Fraktion diskutiert. Die Abgeordneten forderten, dass geprüft werden solle, ob die Voraussetzungen für ein Verbot der Organisation „Letzte Generation“ gegeben seien und dieses gegebenenfalls umzusetzen. Die Organisation stelle eine „Bedrohung für die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland dar“, heißt es im Antrag. Und: Der Verfassungsschutz solle aufklären, welche Personen sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richteten oder den Strafgesetzen zuwider handelten.

SPD: „Straftat, sich auf der Straße festzukleben“

Die „Letzte Generation“ polarisiere das Land, sagte Uli Grötsch von der SPD-Fraktion. Er sei der Meinung, dass Protest laut sein müsse und bei besonders krassen Herausforderungen, auch besonders laut sein dürfe – erst recht, wenn es um die Zukunft des Planeten gehe. Grötsch sagte aber auch, alles habe seine Grenzen und es sei eine Straftat sich auf der Straße festzukleben und damit in den Straßenverkehr einzugreifen. Das Vorgehen der „Letzten Generation“ sei falsch und schade der ganzen Klimabewegung.

Grötsch betonte, Klimaschutz sei die zentrale Herausforderung des Jahrhunderts. Die Ampelkoalition werde das aber „wieder hinbekommen“. Abschließend sagte er, Extremismus, der sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richte, lehne seine Fraktion ab, deshalb lehne man auch den Antrag der AfD-Fraktion ab.

CDU/CSU: „Gruppe muss gestoppt werden“

Das Anliegen, über ein Vereinsverbot der „Letzten Generation“ zu reden, sei diskussionswürdig, fand Philipp Amthor von der Unionsfraktion. Er kritisierte, dass das Bundesinnenministerium bei der Debatte nicht zu dem Thema spreche. Stattdessen überlasse man das Thema der AfD, die sich zum Heilsbringer aufschwinge. Das sei problematisch, so Amthor.

Der Abgeordnete sagte auch, die „Letzte Generation“ habe dem wichtigen Anliegen des Klimaschutzes maximal geschadet. Zudem halte er die Forderungen der Gruppierung für einfallslos. Die Gruppe müsse gestoppt werden, denn sie wollte das Ende von Marktwirtschaft und Wachstum und einige Kräfte wollten am Ende sogar „eine Umgestaltung unseres Landes zu einer ökosozialistischen Planwirtschaft“.

Grüne: „Protestform der „Letzten Generation“ ist kontraproduktiv“

Die AfD-Fraktion zeige in jeder Rede ihre Verachtung für die Freiheit, die Demokratie und die offene Gesellschaft, sagte Lukas Brenner (Grüne). Deswegen nehme es der AfD niemand ab, die Klimaaktivisten als größere demokratische Bedrohung darzustellen, als sie selbst es seien.

Er halte die Protestform der „Letzten Generation“ für kontraproduktiv, so Brenner. Die Grenze von legitimem Protest verlaufe dort, wo Menschen gefährdet oder die Demokratie verächtlich gemacht werde. Trotzdem, betonte der Abgeordnete, müsse die Verhältnismäßigkeit in dieser Debatte im Blick behalten werden. Niemand glaube, dass durch eine Forderung wie die des 9-Euro-Tickets oder durch das Ankleben auf der Straße die verfassungsmäßige Ordnung bedroht sei.

FDP: „Radikalisierung, die mir große Sorgen bereitet“

Er wünsche sich, dass sich mehr Menschen mit dem Thema Klimaschutz befassten, sagte Konstantin Kuhle (FDP). Aber die „Letzte Generation“ erreiche mit ihren Aktionen das Gegenteil. Sie machten aus den Protestaktionen eine Riesenshow, die dazu führte, dass Klimaschutz ein radikales Nischenthema werde. Innerhalb der Organisation gebe es zudem eine Form von Radikalisierung, die ihm große Sorgen bereite, so Kuhle. Die „Letzte Generation“ könne demonstrieren, aber nicht in einer Art und Weise, die keinen Widerspruch dulde, so der Abgeordnete. Er mache sich hingegen keine Sorgen, dass der Inlandsnachrichtendienst genau beobachten werde, was sich bei dieser Organisation tue. Deswegen brauche es den AfD-Antrag nicht.

AfD: „Nichts anderes als Terrorismus“

Die „Letzte Generation“ verstoße täglich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und wolle aus der parlamentarischen Demokratie eine Räterepublik machen, behauptete Stephan Brander (AfD). Die AfD-Fraktion frage sich deshalb, warum das Verbot bisher nicht vollzogen worden sei und ob das damit zu haben könne, dass die eigenen Schützlinge ein bisschen geschützt werden sollten. Das, was die Klimajugend innerhalb der „Letzten Generation“ auf den Straßen verwirkliche, sei nichts anderes als Terrorismus, fuhr Brandner fort und verglich die Organisation mit der „Roten Armee Fraktion“.

Linke: „Eine Frage der Verhältnismäßigkeit“

Nicole Gohlke von der Linksfraktion sagte, sie wollen im Zusammenhang mit einem Verbot der „Letzten Generation“ auf Gruppen verweisen, die in letzter Zeit verboten wurden: Das sei zum Beispiel die rechtsextreme Organisation „Combat 18 Deutschland“ gewesen, die etwa zur Gewalt gegen Migranten und Politiker aufgerufen habe. Deshalb wolle sie die Frage der Verhältnismäßigkeit ins Spiel bringen. Es sei unverschämt, Menschen, die sich friedlich auf die Straßen klebten und im Kern forderten, dass die Politik die Klimakrise ernstnehme, mit gewalttätigen terroristischen und menschenverachtenden Vereinen zu vergleichen. Zudem betonte Gohlke, dass der zivilgesellschaftliche Protest in Vergangenheit dazu beigetragen habe, dass wichtige Veränderungen vorangetrieben wurden.

Vorlage an Innenausschuss überwiesen

Nach der knapp 40-minütigen Debatte wurde die Vorlage an den Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen. Die komplette Debatte könnt ihr euch im Video ansehen. Das Protokoll findet ihr wie immer auf bundestag.de.

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