Kinderkommission
„Die junge Generation fühlt sich vernachlässigt“
Jasmin Nimmrich
Wer unter 18 ist, kann in Deutschland nicht wählen. Die politischen Entscheidungen beeinflussen aber auch das Leben von Kindern und Jugendlichen. Um sicherzustellen, dass auch deren Anliegen im Bundestag gehört werden, gibt es die Kinderkommission. Deren aktueller Vorsitzender Michael Hose (CDU/CSU) erklärt im Interview, wie unter 18-Jährige die Diskussionen im Bundestag mitgestalten können.
Michael Hose (CDU/CSU) hat bis Mai 2026 den Vorsitz der Kinderkommission, dessen Maskottchen ein Stofftieradler namens Kiko ist, inne. © Deutscher Bundestag / Inga Haar
Die Kinderkommission ist das Gremium des Deutschen Bundestages, das die Interessen der Kinder und Jugendlichen in den parlamentarischen Betrieb einbringt. Wir sind ein besonderes Gremium mit besonderen Regeln und auch mit einem besonderen Schutzraum für Kinder und Jugendliche, das abseits von parteipolitischen Linien und im Interesse der unter 18-Jährigen agiert. Als Vorsitzender der Kommission darf ich zum Beispiel die Frage einer Altersbegrenzung für Social Media in allen entscheidenden Runden begleiten und bin in diesen Momenten die Stimme der Kinder und Jugendlichen in allen relevanten Debatten innerhalb des Bundestages.
Wer spricht denn für die Kinder und Jugendlichen in Deutschland? Wir als Bundestagsabgeordnete vertreten natürlich das ganze Volk und selbstverständlich auch die Menschen, die nicht gewählt haben oder nicht wählen können – das bezieht auch die Kinder und Jugendlichen mit ein. Und die Kinderkommission setzt sich eben ganz speziell dafür ein, dass die Interessen der jungen Generationen eine Rolle spielen in unserem nationalen Parlament. Und ich hoffe, dass noch viel mehr Kinder und Jugendliche von der Möglichkeit erfahren, sich an uns zu wenden und somit die eigenen Anliegen in den Deutschen Bundestag einzubringen. Denn die Chance, sich in einem geschützten Raum mit den Menschen auszutauschen, die am Ende die politischen Entscheidungen treffen, die sich auch auf das Leben von Kindern und Jugendlichen auswirken, sollte genutzt werden!
Am besten, indem man uns einfach eine Mail schreibt oder uns auf allen gängigen Social-Media-Plattformen kontaktiert. Alle Einsendungen werden garantiert gelesen und erhalten eine Antwort! Manchmal erreichen uns Themen, für die wir nicht zuständig sind – beispielsweise können wir in Sachen Schulpolitik nichts machen, da für diese ja die Bundesländer selbst zuständig sind. Aber große politische Themen wie mentale Gesundheit, der Umgang mit Social Media oder auch die Debatte zur Wehrpflicht sind Themen, mit denen man sich an uns wenden kann. Aber nicht nur Einzelpersonen können sich an uns wenden, sondern eben auch Schülervertreter oder Jugendorganisationen, die bemerken, dass Themen auf ihrem Tisch landen, die von bundesweiter Bedeutung sind.
Bring deine Themen in den Deutschen Bundestag
Du kannst mitbestimmen, womit sich die Kinderkommission beschäftigt!
Schreibe dafür einfach eine E-Mail mit einer Beschreibung deines Anliegens an das Gremium. Du wirst garantiert eine Antwort erhalten.
Die Appelle der Kinderkommission werden im parlamentarischen Betrieb auf jeden Fall ernst genommen! Doch gleichzeitig muss man sagen, dass die Kinderkommission ein großes Bekanntheitsproblem hat. Ich selbst wusste vor meinem Einzug in den Bundestag gar nicht, dass es die Kinderkommission gibt. Daher tun wir gerade auch viel dafür, sie ein bisschen bekannter zu machen, sowohl bei den Abgeordneten als auch in der breiten Öffentlichkeit.
Der Arbeitsplan, den ich für das restliche Kalenderjahr vorgeschlagen habe, umfasst die Themen der medialen Kommunikation von Kinderrechten, den Schutz von Kindern und Jugendlichen im digitalen Raum sowie die Lebensrealität pflegender Jugendlicher. Darüber hinaus besteht aber wie gesagt auch die Möglichkeit für Kinder und Jugendliche, uns Themen vorzuschlagen. So wurde bereits durch mehrere Personen das Thema der mentalen Gesundheit an uns herangetragen. Daher werden wir uns damit im nächsten Jahr verstärkt beschäftigen.
Zu unseren Sitzungen laden wir neben Expertinnen und Experten auch Kinder und Jugendliche ein, um über die Themen zu sprechen, die sie betreffen. Die Kinder und Jugendlichen haben dann die Möglichkeit, ihre Standpunkte vor der Kommission zu vertreten, und sie bereichern unsere Arbeit damit ungemein. Aber natürlich können die Kinder und Jugendlichen, die in der Kommission zu Wort kommen, nicht für die Gesamtheit ihrer Generation sprechen. Daher ist die Einschätzung der geladenen Expertinnen und Experten enorm wichtig, die uns in Studien einführen und das große Ganze aufzeigen.Diese Balance aus den Einschätzungen der erwachsenen Experten und den Schilderungen der schlussendlich betroffenen Kinder und Jugendlichen ist für die Arbeit der Kinderkommission also entscheidend. Denn die Beteiligung, die wir anstreben, funktioniert natürlich nur, wenn man den Kindern und Jugendlichen zuhört und daraus dann auch etwas folgt.
Was mich nachhaltig beeindruckt hat, ist, wie bedeutend das Thema der mentalen Gesundheit für Kinder und Jugendliche ist. Als Schulleiter und Lehrer war mir das nicht völlig neu, aber in der Kommission ist mir klar geworden, wie sehr das Thema die Altersgruppen, mit denen wir bis jetzt gesprochen haben, beschäftigt. Gleichzeitig beeindruckt mich aber auch, dass Jugendliche die politische Komplexität nachvollziehen können. Niemand kommt zu uns und erwartet einfache Antworten und sofortige Lösungen. Das haben die Kinder und Jugendlichen teilweise den Erwachsenen voraus! Wir haben es auch nicht nur mit Forderungen und Sorgen zu tun, sondern auch mit viel Willen nach einem guten Austausch und Veränderung. Diesen Realismus und Veränderungswillen finde ich wichtig, denn die Kinderkommission darf keine Alibiveranstaltung sein, und aus den Themen, mit denen wir uns dort beschäftigen, muss am Ende auch etwas erwachsen.
Die junge Generation fühlt sich vernachlässigt: Sie mussten während Corona zurückstecken, sie sind jetzt in die Debatten rund um die Wehrpflicht reingeraten, die Diskussion über die Rente betrifft sie auch genau wie die Auswirkungen des Klimawandels, im digitalen Raum sind sie zugleich alleine als auch bevormundet. Sie fragen zurecht: „Und was tut ihr jetzt eigentlich für uns?“ Ich finde, dass diese Frage sehr berechtigt ist. Wir müssen partout vermeiden, den jungen Menschen das Gefühl zu vermitteln, dass wir konstant etwas von ihnen verlangen, ohne ihre Interessen zu berücksichtigen.