Aktuelle Stunde Zur Lage in Handwerk, Gastronomie, Landwirtschaft und Speditionen
Jasmin Nimmrich
Traktoren vor dem Brandenburger Tor und auf Autobahnen. Seit die Bundesregierung im Dezember angekündigt hat, die Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft und die Subventionierung von Agrardiesel zu streichen, kommt es in ganz Deutschland zu den sogenannten Bauernprotesten, denen sich weitere Gewerke angeschlossen haben. Die Regierung ist bereits zurückgerudert, doch der Unmut und die Demonstrationen bleiben. Deshalb hat der Bundestag die Geschehnisse in einer Aktuellen Stunde diskutiert.
Die Kürzungspläne für die Landwirtschaft, die die Streichung der Subventionen für Agrardiesel und der Kfz-Steuerbefreiung umfassten, sorgen seit ihrer Bekanntmachung im Dezember für großen Unmut unter den Landwirten. Auch nach den Nachbesserungen der Bundesregierung, die unter anderem die Streichung der Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge wie Traktoren zurückgenommen hat, gehen die Proteste der Bauern weiter. Für die AfD-Fraktion war dieser anhaltende Unmut Anlass, eine Aktuelle Stunde zum Thema „Landwirtschaft und Handwerk, Gastronomie und Transportgewerbe in Gefahr“ einzuberufen.
Bernd Schattner (AfD): „Der Frust der Bauern ist der Frust des ganzen Landes“
Bernd Schattner (AfD) wandte sich unterstützend an die demonstrierenden Landwirte: „Der Frust der Bauern ist der Frust des ganzen Landes.“ Laut dem AfD-Abgeordneten würden auch große Teile der Bevölkerung die anhaltenden Proteste befürworten, anders sehe es jedoch mit der Unterstützung für die Regierung aus.
Deren finanzielle Ausgaben im Ausland kritisierte er scharf. Als Beispiele zählte er unter anderem die Ausgaben für sichere Energie in Südostasien, die Investitionen in den klimafreundlichen ÖPNV in Südamerika sowie die Förderungen für die Stromverteilung in Bangladesch auf. Anhand der erwähnten Zahlungen bezweifele Schattner den Vorwand einer fehlenden Finanzierung zur Unterstützung von Landwirten. Er schlussfolgerte: „Weil diese Ampel Politik für die Welt macht und nicht für Deutschland.“
Als potenzielle Lösungen riet er zum Blick nach Belgien und Luxemburg, wo der Agrardiesel nicht besteuert wird und damit deutlich günstiger ist als in Deutschland. Auch die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Speisen von sieben auf neunzehn Prozent sei ein Fehler gewesen, der wieder behoben werden müsste. Zum Schluss wandte sich Schattner direkt an die Demonstrierenden vor dem Brandenburger Tor: „Bleibt standhaft und steht weiter für eure gerechte und berechtigte Sache ein.“
Dr. Daniela De Ridder (SPD): „Die Zeitenwende macht leider auch vor den landwirtschaftlichen Betrieben nicht halt“
Dr. Daniela De Ridder (SPD) äußerte Verständnis für die Proteste. Multiple Krisen und der Wandel, den diese verursachten, würden zuvor undenkbare Herausforderungen verursachen. Für landwirtschaftliche Betriebe äußere sich dies unter anderem durch gestiegene Futtermittelkosten und Energiepreise sowie eine veränderte Nachfrage durch neue Ernährungsformen: „Die Zeitenwende macht leider auch vor den landwirtschaftlichen Betrieben nicht halt.“ Dass dies für Unmut sorge und auf die Straßen treibe, sei nicht verwunderlich.
„Kaum eine Branche erhält jedoch mehr Subventionen als die Landwirtschaft“, gab De Ridder zu bedenken. Diese Abhängigkeit von Subventionen sei nicht erfreulich, sie sei jedoch nötig, damit Nahrungsmittel für die Endverbraucher erschwinglich blieben und niemand in Deutschland hungern müsse. Was es nun bräuchte, seien strukturelle Unterstützungen für die Landwirtschaft, „die vor allem jungen Landwirtinnen und Landwirten Planungssicherheit verleihen“, so De Ridder. Jedoch seien Einsparungen durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Nachtragshaushalt notwendig geworden. Die Streichung der Subventionen und Steuervergünstigungen bezeichnete De Ridder rückwirkend „als wahrscheinlich nicht die beste Idee“.
In Richtung der AfD wandte sich die SPD-Abgeordnete mit den Worten: „Wir gehen nicht auf Demonstrationen, um zu hetzen, wir führen Gespräche.“ Wer mit den Landwirtinnen und Landwirten rede, der würde recht schnell erfahren, dass der Unmut nicht neu, sondern die Bäuerinnen und Bauern schon seit 20 Jahren unglücklich mit der politischen Situation seien, so De Ridder.
Dr. Oliver Vogt (CDU/CSU): „Unsere Landwirte sind das Rückgrat des ländlichen Raums“
Auch für Dr. Oliver Vogt (CDU/CSU) ist der Rückhalt in der Bevölkerung für die Proteste der Landwirte eindeutig. Die anhaltenden Proteste forderten einen fairen und respektvollen Umgang mit landwirtschaftlichen Betrieben, den diese auch verdienten, denn „unsere Landwirte sind das Rückgrat des ländlichen Raums“, so Vogt.
Die Agrardieselbeihilfe bezeichnete er als eine „Rückerstattung zu Unrecht erhobener Steuern“, da die Landwirte ihre Fahrzeuge zu 90 Prozent auf ihren Feldern und nicht auf den öffentlichen Straßen benutzten. Hinzu käme außerdem, dass es zum aktuellen Zeitpunkt keine Kraftstoffalternative für schwere Landmaschinen gäbe. An die Regierungskoalition gewandt, kritisierte er, dass in den letzten beiden Jahren keine Bemühungen betrieben worden seien, um Alternativen wie E-Fuels, HVOs oder andere Biokraftstoffe in Deutschland zur Marktreife zu verhelfen.
„Es braucht jetzt einen ernsthaften Dialog auf Augenhöhe und einen respektvollen Umgang mit unseren Landwirten“, so seine Schlussfolgerung. Und dieser sei möglich, auch begründet auf Vogts Beobachtungen von Demonstrationen, auf denen die Landwirte deutlich gemacht hätten, „dass sie fest auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen und sich nicht (von Rechtsextremismus) unterwandern lassen“. Nun sei es an der Zeit, konkrete Zukunftsperspektiven und Planungssicherheit zu schaffen.
Felix Banaszak (Bündnis 90/Die Grünen): „Protest, auch wütender Protest, macht eine lebendige Demokratie aus“
Felix Banaszak (Bündnis 90/Die Grünen) wandte sich direkt an die Landwirte, das Handwerk, die Gastronomie und das Transportgewerbe: „Wir hören sie und wir sehen sie. Wir sehen ihre Anliegen, wir sehen ihre Probleme und wir sehen die Herausforderungen, vor denen sie stehen und wir sehen sie insbesondere da, wo sie sich legitim und in einer Demokratie vollkommen zurecht für ihre Belange einsetzen.“
Er ermutige zu Protesten, auch wenn sich diese gegen Politik richte, für die er selbst als Abgeordneter stehe. Dass jedes geäußerte Anliegen auch umgesetzt wird, könne er nicht versprechen. Nicht auf jede Demonstration gegen etwas könne eine Korrektur folgen. Doch „Protest, auch wütender Protest, macht eine lebendige Demokratie aus“, so Banaszak. Und dass das, was heute im Bundestag diskutiert werde, schmerzhafte Einsparungen seien, dessen sei man sich bewusst.
Mit Kritik wandte sich der Grünen-Abgeordnete an die CDU/CSU-Fraktion. Die Schuldenbremse und Steuereinsparungen würden die Möglichkeiten des Staates begrenzen. Dass das Urteil des Verfassungsgerichtes zum Nachtragshaushaltsgesetz nun umgesetzt würde, sei richtig. Doch dass jede nun nötig werdende Maßnahme skandalisiert werde, würde zu einer Spaltung und Aufhetzung der Gesellschaft beitragen: „Wir haben eine Verantwortung in der Regierung, aber auch Sie haben eine Verantwortung dafür, dass die demokratische Mitte in diesen schwierigen Zeiten zusammenhält“, so Banaszak an die CDU/CSU-Fraktion gerichtet.
Karlheinz Busen (FDP): „Bürokratie ist die Fessel für das Wachstum unserer Wirtschaft“
Der FDP-Abgeordnete Karlheinz Busen begann mit einer Frage an das Parlament: „Wissen sie eigentlich, wann hier im Hause zuletzt ein Gesetz zu Lasten der Landwirte beschlossen worden ist?“ Die Antwort: Die Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung und das Verbot des Pflanzenschutzmittels Glyphosat im Jahr 2021 durch die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD.
Dieses Verbot, das unter Landwirtschaftsministerin Julia Glöckner beschlossen wurde, sei durch das Mitwirken der FDP wieder gestrichen worden. Laut Karlheinz Busen würde sich die FDP auch weiterhin für die Interessen von Landwirten und vor allem für eine Reduzierung des Bürokratieaufwandes einsetzen. Denn „Bürokratie ist die Fessel für das Wachstum unserer Wirtschaft“, so Busen.
An das Parlament gewandt kritisierte er die Kultur der Opposition, die aktuell im Bundestag gelebt werde. Busen bezeichnete diese als eine „reine Schwarzmalerei“. Was es viel eher bräuchte, sei eine offene und konstruktive Fehlerkultur. Die Lage sei ernst, aber Deutschland sei ein starkes Land mit einer robusten Wirtschaft. Die Regierungskoalition stelle sich nun den Realitäten und setze alles daran, die Lage zu verbessern.
Die komplette Aktuelle Stunde