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Rechtsausschuss Diskussion ums Schwarzfahren

Ohne gültiges Ticket Bus oder Bahn zu fahren, ist verboten, klar. Aber sollte dieses Vergehen weiterhin als Straftat gewertet werden? Im Rechtsausschuss befand die Mehrheit der Sachverständigen: Nein.

Junge Frau in der Straßenbahn

Hat sie ein Ticket? Wenn nicht, würde sie derzeit eine Straftat begehen. © shutterstock.com/RossHelen

Ins Gefängnis gehen, weil man keinen Fahrschein hatte? Das passiert tatsächlich manchmal. Wenn Menschen die Geldstrafe für das Schwarzfahren nicht bezahlen können, müssen sie stattdessen eine Freiheitsstrafe in Kauf nehmen.

Unter anderem deshalb plädiert Die Linke in einem Gesetzentwurf dafür, das Schwarzfahren zu entkriminalisieren und nicht länger als Straftat zu werten. Das bisherige Vorgehen sei unverhältnismäßig, so die Fraktion. Schließlich werde etwa das Falschparken auch nicht als Straftat, sondern als Ordnungswidrigkeit geahndet.

In einer Anhörung im Rechtsausschuss sprach sich die Mehrheit der Sachverständigen für den Vorschlag der Linksfraktion aus.

Juristische Argumente für eine Streichung aus dem Strafgesetzbuch

Professor Roland Hefendehl von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hielt die ersatzlose Streichung des entsprechenden Paragrafen aus dem Strafgesetzbuch für „nicht nur kriminalpolitisch sinnvoll, sondern verfassungsrechtlich geboten“. Wer schwarzfahre, müsse eine Strafe an das jeweilige Verkehrsunternehmen zahlen, das reiche aus.

Ähnlich argumentierte Benjamin Derin vom Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein. Es gehe nicht um einen strafrechtlichen Konflikt, meinte er, sondern um einen zivilrechtlichen, den die Verkehrsbetriebe lösen müssten. Den Vorschlag, das Schwarzfahren zur Ordnungswidrigkeit zu erklären, lehnte er ab. Das führe nur zu einer Verlagerung der Probleme.

Soziale Argumente für eine Streichung aus dem Strafgesetzbuch

Schwarzfahren sei im Kern ein soziales Problem, sagte Markus Kühn vom Sozialdienst Katholischer Männer in Köln. Es sei schwer vorstellbar, dass jemand, der in der Lage sei, ein Ticket zu kaufen, schlussendlich eine Freiheitsstrafe antrete, statt ein Bußgeld zu bezahlen. Nur wer tatsächlich dazu nicht in der Lage ist, werde inhaftiert und leide unverhältnismäßig. Der Experte sprach sich für die Streichung des Schwarzfahrens aus dem Strafrecht und darüber hinaus für günstigere Ticketpreise aus.

Entkriminalisierung zur Entlastung von Polizei und Justiz

„Wir müssen uns darauf konzentrieren, wirklich strafwürdiges Unrecht zu verfolgen“, mahnte Andreas Mosbacher, Richter am Bundesgerichtshof. Deshalb sprach auch er sich dafür aus, das Schwarzfahren nicht länger als Straftat einzustufen. Die Strafjustiz sei ohnehin überlastet. Eine Verlagerung ins Ordnungswidrigkeitenrecht befürwortete er.

Arne Semsrott von der Initiative Freiheitsfonds, die seiner Aussage nach Menschen aus dem Gefängnis freikaufe, die wegen Fahren ohne Fahrschein eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen müssten, forderte die ersatzlose Streichung der strafrechtlichen Regelung. Die Strafbarkeit von Fahren ohne Fahrschein sei in der Praxis für die Justiz kaum zu handhaben, sagte Semsrott.

Argumente gegen eine Streichung aus dem Strafgesetzbuch

Gegen den Vorschlag, das Schwarzfahren aus dem Strafgesetzbuch zu streichen, sprach sich Angelika Allgayer, Richterin am Bundesgerichtshof, aus. Es handele sich immerhin um „betrugsnahes Verhalten“. Das solle man nicht straflos stellen, sondern vielmehr versuchen, die Fahrpreise so zu gestalten, dass jeder sie sich leisten könne.

Hier könnt ihr euch die Anhörung im Video anschauen:

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