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Beirat für nachhaltige Entwicklung Nachhaltigkeit ist keine Meta-Diskussion

Jasmin Nimmrich

Helmut Kleebank ist Vorsitzender des parlamentarischen Beirates für nachhaltige Entwicklung. Was macht man da genau, wie viel Einfluss auf die Nachhaltigkeitspolitik hat der Beirat und was hat Eis-Essen mit Nachhaltigkeit zu tun? Das erzählt Herr Kleebank hier im Interview.

Ein Mann mit grauen Haaren und Brille sprich in ein Platzmikrofon. Er trägt ein blaues Sakko, eine rote Krawatte und ein hellblaues Hemd.

Helmut Kleebank (SPD) während einer Sitzung des Parlamentarischen Beirates für nachhaltige Entwicklung. © Thomas Köhler / photothek

Was sind die Aufgaben des parlamentarischen Beirates für nachhaltige Entwicklung?  

Wir beraten bei allen Fragen rund um die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie und die internationale Nachhaltigkeitspolitik. In dieser beratenden Funktion begleiten und kontrollieren wir die Entscheidungen der Bundesregierung in Sachen Nachhaltigkeit. Zusätzlich formulieren wir Anregungen, was an der Nachhaltigkeitsstrategie verbessert werden muss. Den parlamentarischen Beirat gibt es seit 2004. Sein Bestehen ist für die Bundesregierung zwar nicht verpflichtend, doch seit seiner Einführung wurde er in jeder Legislatur neu eingesetzt. Denn das Thema Nachhaltigkeit reicht in jedes fachliche Ressort des Parlamentes hinein: Bei Entscheidungen für die Zukunft handelt es sich ja nicht um Meta-Diskussionen, sondern es geht ganz konkret darum, die Lebensverhältnisse von Menschen zu verbessern, sowohl in Deutschland als auch international.

 Verfolgen Sie in Ihrer Arbeit eine thematische Agenda?

Wir sind recht frei in dem, womit wir uns konkret beschäftigen. Themen der letzten Zeit waren zum Beispiel nachhaltige Kleidung, zukunftsfähige Mobilität oder eine Diskussion mit dem zivilgesellschaftlich organisierten Rat für nachhaltige Entwicklung. Wir führen zu den Themen viele Fachgespräche mit externen Expertinnen und Experten. Außerdem tauschen wir uns auch mit den Staatssekretärinnen und Staatssekretären der verschiedenen Ministerien aus. Wir arbeiten also nicht nur rein strategisch, sondern sind auch daran interessiert, von konkreten Umsetzungen zu erfahren und diese anzustoßen.

Und wie wird man Beiratsvorsitzender?

Sowohl für die Ausschüsse als auch für unseren Beirat werden die Vorsitze bei der Bildung eines neuen Bundestages anhand der Mehrheitsverhältnisse der Fraktionen verteilt. Der Reihe nach wird dann entschieden, wer welchem Ausschuss oder Beirat vorsitzen möchte. Die Fraktion mit den meisten Sitzen hat dann auch Anrecht auf mehr Vorsitze. Im Falle des Beirates für nachhaltige Entwicklung war die SPD am Zug und meine Wahl erfolgte durch die Beirats-Kolleginnen und -Kollegen der anderen Fraktionen.

Erhält der Beirat, Ihrer Meinung nach, die Aufmerksamkeit, die er verdient?

Ich glaube, dass der Beirat in seinen Möglichkeiten immer noch unterschätzt wird. Denn wichtige Fragen der Zukunft, also wie unsere Welt in 20 oder 30 Jahren aussehen soll und wie wir darauf jetzt Einfluss nehmen können, sollten unsere politische Arbeit kontinuierlich beeinflussen. Gerade durch die Auswirkungen der Klimakrise sind die Angelegenheiten des Beirates zwangsläufig in anderen Fachausschüssen bereits vertreten. Dazu zählen Umwelt- und Klima-Themen wie soziale Gerechtigkeit, die sich durch den Klimawandel verändernden sozialen Strukturen und ökonomische Auswirkungen. Nachhaltigkeitsthemen sind also fast überall im Parlament zu finden. Es steht nur nicht immer Nachhaltigkeit drauf, daher werden wir auch nicht eingebunden. Auch deshalb wird immer wieder hinterfragt, ob ein Beirat für die Angelegenheit der nachhaltigen Entwicklung die richtige Form ist, oder ob es nicht einen festen Ausschuss bräuchte.

Die Bemühungen für mehr Nachhaltigkeit sind auch messbar durch die von den Vereinten Nationen formulierten Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030. Sind diese Ziele in den nächsten sieben Jahren noch erreichbar? 

Die Umsetzung der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen ist in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich. Ein Bereich, der sich flächendeckend aktuell sehr positiv entwickelt, ist die Etablierung von nationalen und internationalen Abkommen. Diese werden beispielsweise für Biodiversität, zum Schutz der Meere oder für den Umgang mit Gefahrstoffen abgeschlossen und binden Staaten somit an politische Maßnahmen. Global lässt sich also langsam die Einsicht beobachten, dass wir nur gemeinsam etwas gegen die menschengemachte Erderwärmung tun können. Natürlich gibt es auch andere Nachhaltigkeitsziele, wo wir unsere Vorhaben weit verfehlen. Beispielsweise den Kampf gegen Hunger und Armut oder die Möglichkeit eines gesunden Lebens weltweit. Dies sind alles Ziele, die auch von der politischen Stabilität in einem Land oder einer Region abhängig sind, und davon, ob Missstände von der Politik und durch die Bevölkerung bekämpft werden können. Kriegerische und gewalttätige Auseinandersetzungen sind dabei das größte Hindernis für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele. 

Und wie lässt sich Nachhaltigkeit auf der individuellen Ebene erreichen?

Für einen nachhaltigen Lebensstil braucht es Verständnis für die großen und kleinen Zusammenhänge. Also zum Beispiel dafür, wo die Wärme im Heizkörper herkommt. Oder wie viel Kohlenstoffdioxid in Speiseeis steckt und wie das alternative CO2-freie Eis hergestellt wird. Um mehr Aufklärung zu erreichen, haben wir beispielsweise in meinem Wahlkreis in Berlin-Spandau eine Nachhaltigkeitswoche organisiert. Diese hatte zum Ziel, bereits existierende Bemühungen für einen grüneren und zukunftsfähigen Bezirk vorzustellen und ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen. Bei Nachhaltigkeit geht es auch ums Anpacken. So haben wir im Rahmen des World Cleanup Days die Straßen von Zigarettenstummeln befreit und wirklich eine erschreckende Menge an Rauchermüll aufgesammelt. Mit diesen und weiteren Aktionen wollten wir zeigen, dass sich in Sachen Nachhaltigkeit wirklich etwas bewegt und viele einzelne Maßnahmen zusammen wirksam werden können.

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