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Bundesverfassungsgericht

Absetzung der Wahl von neuen Richterinnen und Richtern

Jasmin Nimmrich

Die Wahl von drei neuen Richterinnen und -Richtern des Bundesverfassungsgerichts war für den letzten Sitzungstag vor der parlamentarischen Sommerpause geplant. Dann wurde die Wahl abgesetzt. Wie die Wahl von Bundesverfassungsrichtern eigentlich funktioniert, erklären wir euch hier:

Aufnahme des Plenarsaal des Deutschen Bundestages während einer Abstimmung via Handzeichen.

Die Abgeordneten des 21. Deutschen Bundestages stimmten am 11. Juli mehrheitlich dafür, den Tagesordnungspunkt für die Wahl neuer Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichtes abzusetzen. © picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Das Bundesverfassungsgericht, das höchste Gericht der Bundesrepublik Deutschland, das unter anderem über die Auslegung und Einhaltung des Grundgesetzes entscheidet, besteht aus sechzehn Richterinnen und Richter. Für die Wahl dieser Verfassungsrichter ist unter anderem der Deutsche Bundestag zuständig.

Wer darf Bundesverfassungsrichterin oder -richter werden? 

Wer im Bundesverfassungsgericht sitzen darf, wird durch Artikel 94 Absatz 1 des Grundgesetzes geregelt. Demnach dürfen Bundesverfassungsrichterinnen und -richter weder dem Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung noch entsprechenden Organen eines Bundeslandes angehören. Das Bundesverfassungsgericht besteht aus zwei Senaten, in denen jeweils acht Richterinnen bzw. Richter sitzen.

Gewählt werden können nur Richterinnen und Richter, die mindestens drei Jahre an einem Obersten Gerichtshof tätig gewesen sind. Zu den obersten Gerichten gehören das Bundesarbeitsgericht in Erfurt, der Bundesfinanzhof in München, der Bundesgerichtshof mit Sitz in Karlsruhe und Leipzig, das Bundessozialgericht in Kassel und das Bundesverwaltungsgericht mit Sitz in Leipzig. Die Verfassungsrichter müssen das 40. Lebensjahr vollendet haben und ihre Amtszeit dauert zwölf Jahre, längstens bis zur Altersgrenze, dem vollendeten 68. Lebensjahr. Eine anschließende oder spätere Wiederwahl ist ausgeschlossen. Nach Ablauf der Amtszeit führen sie ihre Amtsgeschäfte bis zur Ernennung einer Nachfolge fort.

Wie läuft die Wahl ab?

Die sechzehn Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts werden jeweils zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat gewählt. Für die Wahlvorschläge des Deutschen Bundestages ist der zwölfköpfige Wahlausschuss des Bundestages zuständig. Erhält der Kandidat oder die Kandidatin eine Zweidrittelmehrheit, also acht Stimmen im Wahlausschuss, wird er oder sie dem Bundestag zur Wahl vorgeschlagen.

Für den Fall, dass im Wahlausschuss innerhalb einer festgesetzten Frist keine Zweidrittelmehrheit zustande kommt, hat das älteste Mitglied des Wahlausschusses das Recht, Wahlvorschläge vom Bundesverfassungsgericht einzuholen. Im Falle der drei aktuell nominierten Richterinnen und Richter ist Prof. Dr. Günter Spinner direkt vom Bundesverfassungsgericht vorgeschlagen worden. 

Um gewählt zu werden, benötigt eine Kandidatin oder ein Kandidat eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens die Mehrheit der Stimmen der Mitglieder des Bundestages, also mindestens 316 Stimmen.

Warum wurde die Wahl vertagt?   

Am vergangenen Montag, dem 7. Juli, beschloss der Wahlausschuss die zwei von der SPD-Fraktion vorgeschlagenen Kandidatinnen, Prof. Dr. Ann-Katrin Kaufhold und Prof. Dr. Frauke Brosius-Gersdorf, sowie den von der Unionsfraktion vorgeschlagenen Kandidaten Prof. Dr. Günter Spinner dem Bundestag zur Wahl vorzuschlagen. 

Die Wahl war für den 11. Juli geplant. Nach einer politischen Kontroverse um die Kandidatin Prof. Dr. Frauke Brosius-Gersdorf wurde der Tagesordnungspunkt „Besetzung von Richterstellen am Bundesverfassungsgericht” jedoch abgesetzt. Für die Absetzung, für die ein Geschäftsordnungsantrag nötig ist, stimmten die Fraktionen von CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke, die AfD-Fraktion stimmte dagegen. 

Die Debatte in voller Länge

Nach aktuellem Stand findet die nächste Sitzungswoche des Bundestages ab dem 8. September statt. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner rief für diesen zweiten Versuch zur Einigung auf: „Die Fraktionen sind jetzt aufgerufen, sich darüber zu verständigen, mit welchem Vorschlag sie dann in die Wahl gehen möchten.”

Sollte der Deutsche Bundestag sich innerhalb der nächsten drei Monate nicht auf die Wahl der Richterinnen und Richter einigen können, kann die Zuständigkeit für die Richterwahl an den Bundesrat übertragen werden. 

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