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UN-Jugenddelegierte „Die Klimakrise bleibt DAS Thema“

Laura Heyer

Eva und Paul machen Weltpolitik. Klingt beeindruckend, ist es auch. Die 23-Jährigen sind Jugenddelegierter bei den Vereinten Nationen. Wie bekommt man so ein Amt? Hören die Politiker auf die Jugend? Das hat Paul Laura erzählt.

UN-Jugenddelegierte mit UN-Fahne

Eva (23,l.) und Paul (23) sind die deutschen UN-Jugenddelegierten 2020.©privat

Paul, du und deine Kollegin Eva, ihr seid Jugenddelegierte bei den Vereinten Nationen (englisch United Nations, kurz UN). Was bedeutet das genau?

UN-Jugenddelegierte vertreten die Interessen junger Menschen aus ihrem Land bei den Vereinten Nationen. Aktuell gibt es in etwa 35 Ländern Jugenddelegierte, die sich ständig dafür einsetzen, dem Thema Jugend international mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Bereits seit über 30 Jahren empfehlen die Vereinten Nationen den Staaten, auch die Perspektive junger Menschen in ihre Entscheidungen mit einzubeziehen.

Wie wird man denn Jugenddelegierter?

Jeder kann Jugenddelegierter werden – es gibt jedes Jahr einen Bewerbungsprozess. Am Ende werden immer zwei junge Menschen unterschiedlichen Geschlechts ausgewählt, die im Team zusammenarbeiten. Man braucht auch kein großes Vorwissen über die UN, aber man sollte sich schon für internationale Zusammenarbeit interessieren und in einem Jugendverband aktiv sein, beispielsweise beim Jugendrotkreuz, den Pfadfindern, einer Umweltjugendorganisation oder einer politischen Jugendorganisation. Wer sich gern bewerben möchte und mehr über die Anforderungen wissen möchte: Die Ausschreibung für 2021 findet ihr hier.

Wie sieht euer Alltag so aus?

Unser Amt als Jugenddelegierte ist ein Ehrenamt. Wir studieren, arbeiten aber ein bisschen weniger für die Uni. So können wir die Kommunikationsarbeit im Alltag leisten: Wir führen sehr viele unterschiedliche Gespräche, vor allem in Workshops mit jungen Menschen. Wir haben zwei große Trägerorganisationen, die unser Projekt unterstützen: die Deutsche Gesellschaft der Vereinten Nationen und das Deutsche Nationalkomitee für Internationale Jugendarbeit. Mit ihnen stehen wir in sehr engem Austausch. Aber zum Beispiel auch mit dem Auswärtigen Amt, dem Familien- und Jugendministerium, dem UN-Sekretariat und natürlich mit den Jugenddelegierten aus anderen Ländern.

Wir organisieren Workshops, in denen wir uns mit jungen Menschen aus Schulen und Jugendverbänden über ihre Wünsche und Probleme austauschen und nehmen diese Eindrücke dann mit zur UN-Generalversammlung und in die Sozialentwicklungskommission. Als Teil der offiziellen deutschen Delegation dürfen wir frei im Interesse der Jugend sprechen und werden trotzdem sehr ernst genommen.

Wie bringt ihr die Meinung von Kindern und Jugendlichen bei der UN ein?

Unsere Hauptaufgabe ist die Teilnahme an der UN-Generalversammlung im Herbst in New York. Wir konnten in diesem Jahr wegen Corona leider nur digital dabei sein. Im dritten Ausschuss hält man dort sogar eine Rede und arbeitet mit den anderen Delegierten an Stellungnahmen, den sogenannten Resolutionen. Außerdem organisieren wir dort „Side Events“, bei denen wir zu einem bestimmten Thema in den Austausch mit Diplomaten und Diplomatinnen kommen. Auch im Bundestag haben wir im Unterausschuss „Vereinte Nationen, internationale Organisationen und Globalisierung“ schon über unser Anliegen gesprochen. Schließlich berichten wir über unsere Arbeit, vor allem über unseren Instagram-Kanal, Facebook und unsere Website.

Auf welche Themen macht ihr aufmerksam?

Durch die Corona-Pandemie hat sich der Fokus etwas verschoben, aber die Klimakrise bleibt DAS zentrale Thema. Im Fokus vieler junger Menschen steht zudem Frieden, ebenso der Schutz der Menschenrechte. Aber auch die großen Ungleichheiten in Deutschland und der Welt spielen eine große Rolle. Schließlich wünschen sich viele jungen Menschen, dass Entscheidungen schneller getroffen werden.

Hören gestandene Politiker denn auf eure Stimme?

Ja, sie hören auf uns. Die Struktur der Vereinten Nationen ist natürlich sehr kompliziert und dort gehört zu werden, ist gar nicht so einfach. Wie die Wirkung nach einer Rede vor der Generalversammlung ist, kann man immer nur schwer sagen. Aber man kann damit auf die Diplomatinnen und Diplomaten direkt Einfluss nehmen – allein dadurch, dass sie sehen, dass es uns gibt. Und auch in Deutschland können wir unsere Themen zum Beispiel im Ministerium für Familie und Jugend einbringen.

Was wünscht ihr der UN zum Geburtstag und für die kommenden Jahre?

Wir wünschen uns für die UN mehr Inklusivität und bessere Förderung. Das heißt vor allem: es müssen mehr junge Menschen gehört und berücksichtigt werden. Auch bei sehr harten Themen wie „Frieden und Sicherheit“ sollten jungen Menschen mit an den Verhandlungstischen sitzen, auch wenn sie keine Diplomaten-Ausbildung hinter sich gebracht haben, denn auch sie sind ja von diesen Themen betroffen. Wenn sich das verbessert, werden auch mehr Menschen ihr Vertrauen in die UN legen. Mehr Vertrauen stärkt dann auch die einzelnen Demokratien und führt auch dazu, dass die UN durch mehr Finanzierung für mehr Frieden und Sicherheit sorgen können.

(lh)

Über die UN-Jugenddelegierten

Paul und Eva sind die UN-Jugenddelegierten aus Deutschland im Jahr 2020. Die beiden 23-Jährigen studieren Internationale Beziehungen in Dresden und Jura in Köln.
Paul engagiert sich schon lange ehrenamtlich als Beauftragter für Internationales der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) und Eva ist als Internationale Botschafterin für das Deutsche Jugendrotkreuz international unterwegs. Beide können sich vorstellen, im Anschluss an ihr Studium bei einer internationalen Organisation, sehr gerne bei der UN, zu arbeiten.

Zur Person

mitmischen-Autorin

Laura Heyer

hat in Heidelberg Geschichte studiert, in Berlin eine Ausbildung zur Journalistin gemacht und ist dann für ihre erste Stelle als Redakteurin nach Hamburg gegangen. Dort knüpft sie nun Netzwerke für Frauen. Aber egal wo sie wohnt – sie kennt immer die besten Plätze zum Frühstücken.

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