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Bildungsausschuss „Wir sollten den Schulen mehr zutrauen“

Jedes Bundesland hat seine eigenen Regeln für die Wiedereröffnung der Schulen. Michael Espendiller (AfD) findet das gut. Davon, dass manche Länder das Sitzenbleiben in diesem Schuljahr aussetzen, hält er allerdings nichts.

Porträt des Abgeordneten Michael Espendiller (AfD) aus dem Bildungsausschuss

„Wir sollten dringend mal Inventur machen und schauen, wo wir bei der digitalen Infrastruktur an Schulen noch Defizite haben“, findet Michael Espendiller (AfD). © privat

Die Schule hat jetzt überall wieder angefangen – allerdings unter recht unterschiedlichen Bedingungen. In manchen Ländern werden beispielsweise die Leistungen aus dem Homeschooling benotet, in anderen nicht. Wären einheitliche Regelungen besser gewesen?

Die Schüler blicken natürlich über die Landesgrenzen hinweg und stellen dann Unterschiede fest. Ich kann verstehen, dass das mitunter als ungerecht empfunden wird. Ich bin aber trotzdem der Meinung, dass der Bildungsföderalismus in Deutschland ein Erfolgsmodell ist. Zentrale Vorgaben wären zwar für alle gleich, aber im Zweifel auch für alle gleich schlecht. Denn bei solchen Verhandlungen einigt man sich erfahrungsgemäß oft auf den kleinsten gemeinsamen Nenner – und das kann ja nicht unser Ziel sein. Die Schulen vor Ort können am besten entscheiden, was das Richtige für ihre Schüler ist, weil sie sie am besten kennen. Wir haben in der Krise gelernt, dass individuelle Entscheidungen schnelle Lösungen überhaupt erst möglich gemacht haben. Insofern sollten wir den Schulen da ruhig mehr zutrauen.

Bildung ist überwiegend Ländersache. Wie viel Einfluss hatte der Bildungsausschuss des Bundestages auf die Entscheidungen der letzten Wochen zum Thema Schule?

Die ehrliche Antwort: gar keinen. Wir als Oppositionsfraktionen haben zwar die Möglichkeit, uns mit guten Vorschlägen einzubringen. Aber dabei sind wir leider genauso wie jeder andere auch auf die öffentliche Berichterstattung angewiesen. Aus meiner Sicht hat die Bundesregierung uns im Bildungsbereich nicht ausreichend unterrichtet. Im Wirtschaftsausschuss zum Beispiel war das anders, da hatten wir zu Corona-Zeiten oft Telefon-Konferenzen mit dem Wirtschaftsministerium und konnten den Minister befragen. Im Bildungsbereich ist das nicht passiert, da war von der Ministerin leider nicht viel zu sehen und zu hören.

Die Homeschooling-Wochen haben gezeigt, wie unterschiedlich Deutschlands Schulen digital aufgestellt sind. Gibt es konkrete Pläne, hier schnell etwas zu verbessern?

Es wird ja immer wieder auf den Digitalpakt Schule verwiesen und darauf, dass die Mittel daraus noch nicht ganz ausgeschöpft sind. Hier fehlt uns als Parlamentariern aber ein genauer Überblick. Deshalb sollten wir dringend mal Inventur machen und schauen, wo wir bei der digitalen Infrastruktur an Schulen noch Defizite haben und nachsteuern müssen. Dann kann man über konkrete Vorschläge sprechen, wobei man Partner aus der Wirtschaft und aus den Kommunen unbedingt mit einbeziehen sollte.

Im Homeschooling waren die Lernbedingungen für die Schüler sehr unterschiedlich. Wie kann man denen helfen, die nicht gut zuhause lernen konnten und deshalb jetzt hinterherhinken?

Wenn ich das höre, werde ich schnell wütend. Weil das ja kein Problem ist, das wir nur in der Corona-Krise haben – das ist ein dauerhaftes Problem. Das würde ich gern dauerhaft lösen.

Und wie?

Im Bildungsbereich ist der Schlüssel zum Erfolg eine individuelle Betreuung. Schüler haben verschiedene Lerngeschwindigkeiten und verschiedene Bildungsvoraussetzungen. Deshalb bin ich der Meinung, dass wir an der Schule den Betreuungsschlüssel anpassen müssen, so dass wir jedem einzelnen Schüler besser gerecht werden können.

Einige Bundesländer haben beschlossen, dass dieses Schuljahr prinzipiell keine Schüler sitzenbleiben. Eine gute Idee?

Ich kann mir vorstellen, dass das bei vielen Schülern auf Gegenliebe stoßen wird. Aber ich halte diese Entscheidung für grundlegend falsch. Ich glaube nicht, dass man den Schülern, die ihre Lernziele jetzt verfehlt haben, einen Gefallen tut, wenn man sie nur aufgrund von Corona versetzt. Sie nehmen ihre Lerndefizite ja mit in die nächste Stufe. Das kann eigentlich nicht funktionieren. Sitzenbleiben ist zwar immer noch stark stigmatisiert, aber ich bin der Meinung, dass es eine gute Möglichkeit ist, Schülern die Chance zu geben, das Versäumte nachzuholen und ihnen langfristig sogar wieder mehr Lernfreude zu ermöglichen.

Die Schulen planen jetzt erst mal bis zu den Sommerferien. Gibt es langfristige Pläne, wie es im nächsten Schuljahr weitergehen soll?

Auch da ist uns leider im Bildungsausschuss nichts weiter bekannt. Ich würde mir deutlich mehr Kommunikation und mehr Transparenz von der Regierung in Richtung des Parlaments wünschen. Denn man braucht ja eine gute Faktenbasis, um sich eine vernünftige Meinung bilden zu können.

Über Michael Espendiller

Michael Espendiller, 31, hat Mathematik und Volkswirtschaftslehre studiert und unter anderem als Lehrer gearbeitet, bevor er für die AfD in den Bundestag einzog. Dort ist er Mitglied im Bildungsausschuss und im Ausschuss Digitale Agenda. Mehr erfahrt ihr auf seinem Profil auf bundestag.de.

(jk)

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