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Lobbyismus Vielen Dank für die Blumen?

Laura Heyer

Interessen von Außen in die Politik zu tragen, ist für die Demokratie wichtig. Aber ab wann geht Interessenvertretung zu weit? Und wie gestaltet man Austausch transparent? Darüber diskutiert der Bundestag seit Monaten.

Zwei Männer mit Masken reichen sich die Hände

Wer bist du? Das neue Lobbyregister soll erkennbar machen, wer Einfluss auf Politiker nimmt.©shutterstock/span>

Ein leckeres Mittagessen, ein schöner Strauß Blumen, eine schicke Uhr – wer würde sich über solche netten Geschenke nicht freuen? In der Politik ist aber oft die Frage, woher diese Zuwendungen kommen – und mit welcher Absicht sie erfolgen.

Vielen Menschen kommt diese Art von Einflussnahme in den Sinn, wenn sie an Lobbyismus denken. Jemand versucht, mit illegitimen Mitteln, Einfluss auf die Entscheidungen eines Politikers oder einer Politikerin zu nehmen, um seine Interessen durchzusetzen. Doch Lobbyismus gehört seit jeher zum politischen Prozess und wird sogar vom Grundrecht geschützt: zum Bespiel im Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 19 GG).

Das Lobbyregister

Um die Zusammenarbeit zwischen Politik und Lobbyisten transparenter zu machen, diskutierte der Bundestag über die Einführung eines sogenannten Lobbyregisters. Nachdem die Opposition schon im Februar eigene Anträge vorgelegt hatte, diskutierten die Abgeordneten am 11. September 2020 einen Gesetzentwurf der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion. Zudem gab es eine Anhörung mit Sachverständigen im Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung. Wann die Abgeordnenten endgültig über das Gesetz abstimmen, ist noch nicht klar – denn es gibt noch viele offene Fragen. Zum Beispiel, für wen das Register gelten soll.

Klar ist aber das Ziel: Ein sogenanntes Lobbyregister zu schaffen, in das sich alle eintragen müssen, „die Interessenvertretung gegenüber dem Deutschen Bundestag ausüben und dabei im demokratischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess mitwirken“, wie es im Gesetzentwurf heißt.

Lobbyismus – was ist das eigentlich?

Lobbying oder auch Lobbyismus bezeichnet eine Form der Interessenvertretung. Bestimmte Gruppen (englisch Lobbys), versuchen vor allem durch persönliche Kontakte, Menschen zu beeinflussen, die zum Beispiel im Parlament oder auch in Ministerien maßgeblich an Entscheidungsprozessen mitwirken. Durch Social Media nehmen sie oftmals auch Einfluss auf die öffentliche Meinung. Der Verein Lobby Control schätzt, dass es in Deutschland ungefähr 5.000 bis 6.000 Lobbyisten gibt.

Lobbyismus spielt in der Politik eine wichtige Rolle – und die muss nicht immer negativ sein. Es geht auch darum, Politiker über bestimmte Themen zu informieren, die sie vielleicht bisher gar nicht im Blick haben. So können auch Gruppen, die sonst keine Stimme finden, ihre Interessen an die Politik herantragen.

In der Öffentlichkeit hat Lobbyismus aber häufig einen schlechten Ruf. Das liegt auch daran, dass viele Treffen und Gespräche nicht öffentlich stattfinden und nachvollzogen werden können. Am Ende ist nicht klar, welche Interessenvertreter wie viel Einfluss auf welche Gesetze hatten.

Das wollen CDU/CSU und SPD

Um dem "Unbehagen" der Öffentlichkeit gegenüber den Tätigkeiten und dem Ausmaß des Einflusses von Interessenvertretern auf die Politik entgegenzutreten, haben die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD einen Gesetzentwurf eingereicht, der am 11. September im Bundestag diskutiert wurde. Das „Gesetz zur Einführung eines Lobbyregisters beim Deutschen Bundestag und zur Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (Lobbyregistergesetz)“ soll das Miteinander von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft regeln, heißt es in dem Entwurf.

Konkret bedeute das: Eine Art Liste, in die sich alle Personen und Gruppierungen eintragen müssen, die bei Entscheidungen über politische Prozesse mitwirken. Zudem sollen sich die Lobbyisten einen eigene Verhaltenskodex mit Regeln geben. Wer dagegen verstößt, wird bestraft, und zwar mit Geldbußen bis zu 50.000 Euro. Das Gesetz soll schon im April 2021 in Kraft treten.

Was kann das Lobbyregister?

Bisher gibt es schon eine Liste mit beim Deutschen Bundestag "registrierten Verbänden", genannt Lobbyliste. Eine Aufnahme in diese Liste muss man jedoch selbst beantragen. Das neue Lobbyregister hingegen soll verpflichtend sein für alle, die „innerhalb der jeweils letzten drei Monate mehr als 50 unterschiedliche Interessenvertretungskontakte aufgenommen“ haben. Eingetragen werden müssen, laut Entwurf, unter anderem Name, Anschrift, Beschreibung der Tätigkeit und der Name des Auftraggebers. Zudem sollen die jährlichen Lobbyausgaben angegeben werden.

Damit sollen Korruption verhindert und Transparenz geschaffen werden, um "das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Politik“ wiederherzustellen, heißt es im Gesetzentwurf.

Löchrig wie ein Schweizer Käse

Scharfe Kritik kam allerdings von der Opposition. Der Entwurf habe viel zu viele Ausnahmen und sei "löchrig wie ein Schweizer Käse", sagte Marco Buschmann von der FDP. Thomas Seitz (AfD) fasste zusammen, weshalb der Lobbyismus dazu beitrage, ob Gesetze hilfreich und sinnvoll seien: "Nicht selten brauchen wir bei der Gesetzgebung auch die Informationsvermittlung aus dem realen Leben."
"Jeder einzelne Skandal (…), jede einzelne Verfehlung erschüttert das Vertrauen in Politikerinnen und Politiker insgesamt, und das ist eine Situation, die wir so nicht hinnehmen können", bewertete Britta Haßelmann (Bündnis 90/Die Grünen) die aktuelle Situation. Friedrich Straetmanns von den Linken kritisierte zudem die Befreiung, sich ins Lobbyregister einzutragen, wenn ein "lokaler Charakter" vorliege.

Gilt das auch für die Kanzlerin?

Doch auch zwischen CDU/CSU und SPD gibt es noch Streit um den Gesetzentwurf. Das ursprüngliche Vorhaben sieht vor, dass das Lobbyregister nur für das Parlament und die Abgeordneten gilt – nicht aber für die Bundesregierung und die Ministerien. Das sehen jedoch viele Parlamentarier kritisch. Das Lobbyregistergesetz müsse – anders als Bundeskanzlerin Angela Merkel findet – auch für die Bundesregierung gelten, sagte Matthias Bartke (SPD) in der Aussprache. Sonst sei es "nur ein halbes Lobbyregister."

Ob sich die Fraktionen einigen können und bald auch die Bundeskanzlerin angeben muss, von wem sie Blumen bekommt, erfahrt ihr auf bundestag.de.

(DBT/lh)

Zur Person

Mitmischen-Autorin

Laura Heyer

hat in Heidelberg Geschichte studiert, in Berlin eine Ausbildung zur Journalistin gemacht und ist dann für ihre erste Stelle als Redakteurin nach Hamburg gegangen. Dort knüpft sie nun Netzwerke für Frauen. Aber egal wo sie wohnt – sie kennt immer die besten Plätze zum Frühstücken.

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