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Andrew Ullmann (FDP) „Das Virus wird uns weiter überraschen“

Impfpflicht: ja oder nein? Und wenn ja: wie? mitmischen.de hat die Obleute aller Fraktionen im Gesundheitsausschuss befragt. Andrew Ullmann (FDP) ist für eine Impfpflicht ab 50.

Portrait des Abgeordneten Andrew Ullmann

„Wir wollen die Menschen zur Vernunft verpflichten“, sagt Andrew Ullmann (FDP). © FDP-Fraktion

Die Frage, ob es eine Corona-Impfpflicht geben soll, wird derzeit überall heiß diskutiert. Wie steht Ihre Fraktion dazu?

In unserer Fraktion gibt es unterschiedliche Haltungen. Wir sind uns einig, dass jeder sich impfen lassen sollte. Aber darüber, wer geimpft werden muss, darüber herrscht keine Einigkeit.

In der Regel bringen im Bundestag die Fraktionen Anträge ein. Bei diesem Thema soll es aber Anträge von Abgeordneten geben, die sich in Gruppen zusammenschließen, auch über Fraktionsgrenzen hinweg. Eine gute Idee?

Ich finde, das ist eine geniale Idee. Das kann man natürlich nicht standardmäßig so machen. Aber gerade, wenn es um Gewissensfragen geht, wenn es um medizinische Ethik geht, halte ich es für sehr angebracht, dass erstens kein Fraktionszwang besteht und zweitens aus der Mitte des Bundestags heraus Anträge erarbeitet werden. Das ist ein urdemokratisches Verhalten, das ich sehr gut finde.

Am 26. Januar haben Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen stundenlang im Plenum diskutiert. Hat diese Debatte geholfen, das Thema voranzubringen?

Ich hoffe es. Aus Gesprächen mit Abgeordneten aus verschiedenen Fraktionen weiß ich, dass manche noch unsicher sind, wie sie sich verhalten werden, weil das auch eine sehr fachliche Frage ist, neben den medizinethischen Aspekten.

Ohne zu sehr parteipolitisch werden zu wollen, muss ich sagen, dass ich es sehr traurig fand, dass in der Debatte von der Union keine konstruktive Mitarbeit zu erkennen war. Das haben wir als FDP in der letzten Legislaturperiode anders gemacht, wir haben konstruktive Oppositionsarbeit betrieben.

Wie ist Ihre persönliche Meinung: Brauchen wir eine allgemeine Impfpflicht?

Ich meine, wir brauchen keine allgemeine Impfpflicht. Eine allgemeine Impfpflicht würde eine Impfpflicht ab fünf Jahren bedeuten, denn ab dem Alter sind Impfstoffe zugelassen. Auch ab 18 halte ich eine Impfpflicht nicht für verhältnismäßig.

Ich bin ja selbst Teil einer Gruppe von Antragstellern, die den Weg der Mitte gehen wollen. Wir wollen versuchen, Maßnahmen zu ergreifen, die angemessen, effektiv und verhältnismäßig sind sowie mit unserem Grundgesetz vereinbar. Wir wollen die Menschen zur Vernunft verpflichten. Das heißt, wir plädieren im ersten Schritt für ein umfassendes individuelles professionelles Beratungsgespräch und für niedrigschwellige Impfangebote, die vor Ort gleich mit angeboten werden. Sollte dieser erste Schritt nicht ausreichen und sollten die Krankenhäuser in ihrer Belastbarkeit gefährdet sein, plädieren wir nach der heutigen Datenlage für eine Impfnachweispflicht ab 50. Das kann sich natürlich noch mal ändern, auf ab 60, ab 70 oder gar ab 30. Es kommt auf die wissenschaftliche Evidenz an. Dieses Virus tut, was ein Virus immer macht: Es überrascht uns – und wird das auch in Zukunft weiter tun.

Rechnen Sie damit, dass auch Abgeordnete aus anderen Fraktionen Ihren Antrag unterstützen werden?

Ich rechne nicht nur damit, ich weiß es. Ich habe inzwischen Zusagen aus der FDP, aber auch aus der SPD und aus der Grünen-Fraktion.

Das Thema Corona wird den Gesundheitsausschuss in den nächsten Wochen sicher noch stark beschäftigen. Welche Fragen sind Ihnen jenseits einer eventuellen Impfpflicht noch wichtig?

Wir haben da viele Themen auf dem Plan und auch dicke Bretter zu bohren. Da geht es zum Beispiel um die Digitalisierung des Gesundheitswesens und um die Pflege. Ich habe lange als Klinikarzt gearbeitet, deshalb liegt mir eine sehr gute Krankenhausversorgung für alle Patienten, gerade auch auf dem Land, besonders am Herzen.

Über Andrew Ullmann

Andrew Ullmann wurde 1963 in den USA geboren. Als Kind kam er mit seiner Familie nach Deutschland, wo er nach der Schule Medizin studierte und lange als Arzt arbeitete, zuletzt als Universitätsprofessor. Seit 2017 sitzt er für die FDP im Bundestag. Mehr erfahrt ihr auf seinem Profil auf bundestg.de.

(jk)

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