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Corona-Einsatz "Ich sehe, dass meine Arbeit etwas nützt"

Henrik, 22, studiert Medizin in Regensburg. Wegen der Corona-Krise packt er jetzt in der Uniklinik mit an und hilft Menschen, die sich mit dem neuen Virus angesteckt haben. Eine fordernde Zeit, aber sie hat auch etwas Gutes.

Ob Henrik sein Corona-Einsatz in der Klinik als Studienleistung anerkannt wird, ist noch offen. Aber das ist auch nicht so wichtig für ihn. © privat

Seine Frühschicht beginnt um 6.15 Uhr. Henrik zieht sich um, dann geht es an die Arbeit. Auch auf der Intensivstation der Uniklinik in Regensburg liegen Patienten, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben. Es sind Menschen mit einem schweren Verlauf der Krankheit, Menschen, deren Lungen mit speziellen Geräten am Laufen gehalten werden müssen. Henrik gehört zum Team. Er hilft mit und schaut, dass die Patienten gut gepflegt werden.

Das Virus im Zaum halten

Er ist einer von vielen Medizinstudenten deutschlandweit, die in der gegenwärtigen Krisensituation einspringen. Weltweit hat das Coronavirus das Leben der Menschen umgekrempelt. Schulen, Kitas, Universitäten wurden geschlossen. Fußballspiele und Konzerte wurden abgesagt. Draußen soll man sich so weit wie möglich nicht aufhalten.

All das hat den Grund, die Verbreitung des neuen Virus einzudämmen. Denn je mehr Menschen sich anstecken, desto mehr müssen auch gleichzeitig ins Krankenhaus. Das könnte schlimmstenfalls dazu führen, dass nicht alle versorgt werden können.

Keine Bilder wie in Italien

"Noch gibt es genügend freie Plätze auf unserer Intensivstation", sagt Henrik, der im 10. Semester seines Studiums ist. Für alle seien die Herausforderungen zwar groß, aber Bilder wie in Italien gäbe es in der Regensburger Klinik nicht, meint er. Italien wurde von dem Virus sehr schwer getroffen. Dort sind bisher nach offiziellen Angaben über 20.000 Menschen daran gestorben, auch weil die Krankenhäuser mit dem Ansturm an Patienten überfordert waren.

An der Uni in Regensburg hatte man früh reagiert. Wer Medizin studiert und vielleicht erste Erfahrungen in der Pflege gemacht hat, der weiß schon ziemlich genau, wie die Arbeit in einem Krankenhaus aussieht. Also warum sollten nicht Studenten helfen, wenn es hart auf hart kommt? Oder besser noch: bevor es hart auf hart kommt.

"Es war gut, dass wir frühzeitig eingelernt wurden", sagt Henrik. Mittlerweile beherrscht er schon viele wichtige Handgriffe, er kann Medikamente anhängen, er weiß, welche Maske er braucht, um sich vor einer Ansteckung zu schützen. Sollte die Klinik wegen Corona in den kommenden Wochen unter Stress geraten, ist Henrik gut vorbereitet.

Vom Bürgertelefon in den Klinikdienst

Angefangen hatte alles mit einem Bürgertelefon, erzählt er. Mehrere seiner Kommilitonen und er hätten sich freiwillig gemeldet, als sein Professor die Idee vortrug. In Schichten nahmen sie Anrufe entgegen von Menschen, die sich nicht sicher waren, ob sie sich angesteckt hatten. Viele wollten wissen, was sie zu tun hätten oder wo sie sich testen lassen könnten. Bei all diesen Fragen halfen Henrik und andere Studenten. Ihr Professor hatte ihnen alles Nötige dazu beigebracht.

Mittlerweile ist Henrik vom Telefondienst in die Klinik gewechselt. Auf der Station, auf der er jetzt arbeitet, liegen nur Patienten, die an Covid-19 erkrank sind. So nennt man die Lungenkrankheit, die das neuartige Coronavirus verursacht. Seine Aufgaben sind vielfältig. Vor allem hilft er den Pflegerinnen und Pflegern auf der Station. Das heißt: Medikamente geben oder Patienten in die Bauchlage drehen. Da das Virus in der Lunge sitzt, entlastet es den Körper, wenn man auf dem Bauch liegt.

„Man muss nicht meinen, dass da nur über 60-Jährige liegen"

Angst, sich selbst mit der Krankheit anzustecken, hat Henrik nicht, erzählt er am Telefon. Trotzdem mahnt er vor zu viel Selbstsicherheit: "Ich sehe die Altersstruktur auf der Station und das gibt einem schon ein bisschen zu denken. Man muss nicht meinen, dass da nur über 60-Jährige liegen."

Bisher ist sich die Wissenschaft darüber einig, dass jüngere Menschen grundsätzlich keine Angst haben müssen. Die Krankheit nimmt in den allermeisten Fällen nur bei älteren Menschen ab 60 Jahren einen schweren Verlauf. In der Medizin gibt es aber immer Ausnahmen. Deshalb sollte wirklich jeder vorsichtig sein, heißt es immer wieder. Zumal Kinder und Jugendliche das Virus in sich tragen können, ohne es zu merken. Stecken sie aber ältere Menschen damit an, kann die Sache für diese gefährlich werden.

Auch Henrik ist sehr vorsichtig. Er hat genau gelernt, wie er sich richtig schützt. Wenn er aus einem Patientenzimmer kommt, achtet er darauf, dass er beim Ausziehen der Handschuhe nicht die Außenflächen berührt, mit denen er einen Erkrankten angefasst hat. Sofort nachdem er bei einem Patienten war, desinfiziert er sich auch die Hände. Erst dann nimmt er sich die Schutzmaske vom Gesicht, um die Bänder nicht zu verunreinigen.

Organisation in Facebook-Gruppen

Ob ihm sein Einsatz in der Klinik auch als Studienleistung angerechnet wird, weiß Henrik heute noch nicht. Das sei auch nicht so wichtig, sagt er. Viel wichtiger sei es gewesen, schon früh mitanzupacken, um das Personal in den Krankenhäusern nicht alleine mit dieser großen Aufgabe zu lassen. Und darauf ist er auch stolz: "Ich sehe, dass meine Arbeit was nützt", sagt er.

Und bei allem Ernst der Lage, sie hat auch etwas Gutes an sich: Deutschlandweit hätten sich Medizinstudenten in Facebook-Gruppen zusammengetan und gemeinsam besprochen, wie sie während der Corona-Krise helfen könnten, sagt Henrik. So lernte man einander kennen. Und auch an seiner Uni in Regensburg zeigten sich schöne Effekte: "Diejenigen, die noch nicht so lange studieren, lernen von den Älteren. Und umgekehrt genauso."

Über Henrik

Henrik Heuer ist 22 Jahre alt und in der Nähe von München aufgewachsen. Er studiert Medizin in Regensburg und steht kurz vor seinem zweiten Staatsexamen. Momentan kann er sich gut vorstellen, später einmal Chirurg oder Intensivmediziner zu werden.

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