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Bundesnetzagentur „Smart Meter helfen beim Netzausbau“

Damit künftig viele Menschen gleichzeitig ihre E-Autos laden können, brauchen wir belastbare Stromnetze. Wie intelligente Messsysteme beim Netzausbau helfen könnten, hat uns Jan Peter Sasse von der Bundesnetzagentur erklärt.

Porträt von Jan Peter Sasse

„Die Netze müssen für die Energiewende ausgebaut werden“, sagt Jan Peter Sasse. Dabei könnten die Smart Meter ein wichtiger Faktor sein. © Bundesnetzagentur

Die Koalition möchten den Einbau intelligenter Strommessgeräte voranbringen. Dazu gibt es einen Gesetzentwurf „zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende“. Inwiefern würden solche Messgeräte denn die Energiewende voranbringen?

In Zukunft wird es wichtig sein zu wissen, wie viel Strom Verbraucherinnen und Verbraucher zu einem bestimmten Zeitpunkt benötigen. Das ist deshalb wichtig, weil sie Strom zunehmend dann verbrauchen sollen, wenn der Wind weht oder die Sonne scheint. Und deshalb brauchen wir Smart Meter – der Gesetzgeber nennt sie intelligente Messsysteme. Die können uns die notwendigen Verbrauchs- und Erzeugungsinformationen liefern.

Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass 80 Prozent des Stromverbrauchs bis 2030 aus erneuerbaren Energien gewonnen werden soll. Und wir gehen davon aus, dass wir dann 15 Millionen Elektrofahrzeuge auf der Straße haben werden. Außerdem sollen bis dahin sechs Millionen Wärmepumpen in privaten Haushalten vorhanden sein, die mit Strom betrieben werden.

Zusätzlich soll es möglich werden, dass der Strom zeitgenau – das heißt für jede Viertelstunde – durch die Lieferanten abgerechnet werden kann. Aktuell ist es so, dass der Stromverbrauch einmal im Jahr abgelesen wird. Wer in seinen Keller geht, wird in der Regel dort ein schwarzes Kästchen vorfinden, das sind die sogenannten Ferraris-Zähler. Die können den gesamten Stromverbrauch abbilden, aber nicht, wann genau der Strom verbraucht wurde. Da können Smart Meter Abhilfe schaffen.

Es ist auch die Rede davon, dass die Smart Meter nicht nur genaue Informationen liefern, sondern die Stromnetze auch entlasten könnten. Wie geht das?

Die Smart Meter liefern nicht nur Informationen, die für den Verbraucher wichtig sind, sondern auch solche, die für die Netzbetreiber wichtig sind.

Wenn künftig viele Menschen ein E-Fahrzeug besitzen und möglicherweise gleichzeitig – etwa nach Feierabend – laden wollen, gehen wir von einer starken Netzbelastung aus. Die Fachleute nennen das auch Gleichzeitigkeiten. Wenn die Gleichzeitigkeit sehr hoch ist, besteht Handlungsbedarf. Deshalb müssen die Netze für die Energiewende ausgebaut werden. Und je mehr der Netzbetreiber darüber weiß, was in den Netzen passiert, desto besser kann er entscheiden, wo und wann ausgebaut werden muss. Die Smart Meter helfen also beim Netzausbau.

Müssen die Netze also erst ausgebaut werden, bevor wir alle ein E-Auto kaufen können?

Nein. Es soll gerade jede Wärmepumpe und jede Wallbox – das sind die Ladestationen für E-Fahrzeuge – sofort an das Netz angeschlossen werden können. In Überlastungssituationen könnten Netzbetreiber die Leistung dann dimmen. Aber für diese Notfälle braucht es natürlich Regeln, die arbeiten wir als Bundesnetzagentur gerade aus. Damit diese Regeln dann umgesetzt werden können und auch wirklich nur in einer Überlastungssituation eingegriffen wird, brauchen die Netzbetreiber die entsprechenden Informationen, auch aus den intelligenten Messsystemen.

Wie können wir uns so eine Notfallsituation vorstellen, in denen die Leistung etwas heruntergefahren würde?

Da ginge es um Überlastungen im Niederspannungsnetz, also sozusagen vor unserer Haustür. Die Überlastungen müsste der Netzbetreiber nachweisen. Er kann also nur eingreifen, wenn es keine andere Möglichkeit gibt. Wir gehen nicht davon aus, dass das flächendeckend der Fall sein wird. Vor allem muss niemand Angst haben, dass ein Auto nicht geladen werden kann. Es geht nur darum, in diesen Fällen den Strombezug zu dimmen, nicht abzuschalten. Und das wäre auch nur eine Übergangslösung, das Netz muss dann entsprechend ausgebaut werden.

Der Gesetzentwurf sieht einen Rolloutfahrplan – also die Einführung der Systeme – mit verbindlichen Zielen bis zum Jahr 2030 vor. Ist das realistisch?

Für bestimmte Gruppen ist laut Gesetzentwurf bis 2030 oder 2032 Zeit, die Smart Meter einzubauen. Aber es sind auch Etappenziele, zum Beispiel für 2025 oder 2028, festgehalten.

Besonders wichtig ist, dass die Unternehmen, die den Einbau der intelligenten Messtechnik vornehmen müssen, sofort mit dem Einbau loslegen können. Das ist im Gesetzentwurf vorgesehen: Es wird den sogenannten agilen Rollout geben. Das heißt, die Unternehmen können auch loslegen, wenn die Geräte beispielsweise bestimmte Funktionalitäten noch nicht enthalten, die aber zu einem späteren Zeitpunkt hinzugefügt werden können.

Die sogenannten Smart Meter sollen vor allem bei Haushalten mit einem Jahresverbrauch von 6.000 Kilowattstunden (kWh) eingebaut werden. Warum ist diese Technik vor allem in Haushalten mit hohem Verbrauch wichtig?

Die Hardware und der Einbau kosten Geld. Deshalb lohnt es sich, bei den größeren Kunden anzufangen, also zum Beispiel bei Kunden, die eine Wallbox haben. Der aktuelle Gesetzentwurf ist eine Novelle eines Gesetzes, das 2016 erstmals eingeführt wurde. Im Vorfeld war damals eine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt worden. Die hat gezeigt, dass der Nutzen gerade für größere Haushalte höher ist als die Kosten. 6.000 kWh sind gar nicht so wenig: Eine durchschnittliche Familie verbraucht im Jahr normalerweise weniger.

Der Gesetzesvorschlag sieht aber auch vor, dass die Kunden verlangen können, dass ihnen ein intelligentes Messsystem innerhalb von vier Monaten eingebaut wird. Wer ein großes Interesse daran hat, der hat die Möglichkeit, den Einbau eines solches Gerät zu fordern.

Welche Rolle soll die Bundesnetzagentur bei dem Rollout spielen?

Wir als Bundesnetzagentur sind die Behörde, die die Aufsicht über das Gesetz hat. Das heißt konkret: Wenn es etwa Unternehmen gibt, die gegen bestimmte Vorgaben in dem Gesetz verstoßen, dann können wir Aufsichtsmaßnahmen ergreifen, also zum Beispiel anordnen, dass das Unternehmen sein Verhalten ändert oder Zwangsgelder verhängen. Das ist vor allem auch wichtig, um Ziele, die die im Entwurf festgehalten sind, zu erreichen.

Außerdem können wir zu bestimmten Themen sogenannte Festlegungen erlassen. Wenn wir also denken, dass ein Punkt aus dem Gesetz noch konkreter gefasst werden sollte, können wir das in einer Festlegung tun. Auch um dem Markt eine Hilfestellung zu geben, indem formuliert wird, wie etwas funktionieren kann.

Und natürlich sind wir auch Ansprechpartner für Verbraucherinnen und Verbraucher. Wir bemühen uns beispielsweise auf unserer Homepage, wichtige Fragen zum Thema Smart Meter zu beantworten: Da kann man nachlesen, was ein Smart Meter ist, wie sich so ein Gerät zusammensetzt oder welche Rechte Verbraucher und Verbraucherinnen haben.

Zur Person

Jan Peter Sasse

Jan Peter Sasse hat Volkswirtschaftslehre in Freiburg, Sydney, Brüssel und Berlin studiert. Im Anschluss promovierte er in Volkswirtschaftslehre. Seit 2009 arbeitet Sasse bei der Bundesnetzagentur. Seit 2018 ist er Leiter des Referats Elektrizitätsverteilernetze, technische Grundsatzfragen, Versorgungsqualität, Digitalisierung, E-Mobilität. Hier beschäftigt er sich mit wichtigen Fragen rund um die Energiewende.

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