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Markus Hümpfer (SPD) „Wir brauchen die Smart-Meter dringend“

Damit die Energiewende gelingen kann, brauchen wir Digitalisierung – und zwar in Form von sogenannten Smart-Metern. Das sagt Markus Hümpfer von der SPD-Fraktion im Interview und erklärt uns, was die Technik bringen könnte.

Porträt von Markus Hümpfer

Der Einbau der intelligenten Messsysteme muss schneller gehen – das fordert Markus Hümpfer (SPD). Ein Gesetz soll dabei helfen. © Lea Koßner

In einem Gesetzentwurf der Koalition geht es um die „Digitalisierung der Energiewende“. Wie weit ist die Digitalisierung denn in diesem Bereich?

Die Digitalisierung ist leider noch nicht so weit fortgeschritten, wie wir uns das wünschen. Wir hinken hinterher, vor allem, wenn es um intelligente digitale Messzähler geht. Die Daten, die diese Messzähler erheben können, bräuchten wir, um etwa den Netzbetrieb und die Strombelieferung zu optimieren. Aber die Messzähler sind nicht flächendeckend in Gebäuden und in den Wohnungen verbaut.

Und nicht nur in Gebäuden und Wohnungen haben wir veraltete Technik, sondern beispielsweise auch in Transformatorstationen. In Trafo-Stationen wird die elektrische Energie der Verteilnetze von mehreren tausend Volt so umgewandelt, dass die richtige Spannung für die Haushalte entsteht. Hier könnte man zum Beispiel herausfinden, an welchen Stellen regelmäßig Überlastung des Netzes stattfinden und das Netz ausgebaut werden müsste, damit genug Strom durchpasst.

Zwar kann auch die alte Technik anzeigen, wenn eine Überlastung des Netzes stattfindet, aber natürlich werden diese Messergebnisse nicht digital irgendwohin übermittelt, sodass auch niemand an den entscheidenden Stellen davon erfährt.

Und wie bewerten Sie aktuell den Stand der Energiewende ganz grundsätzlich?

Die Ausbauziele sind ambitioniert: Wir müssen uns beim Ausbau von Windenergie und Photovoltaik verdreifachen oder sogar vervierfachen und das innerhalb von zehn Jahren. Das ist ehrgeizig, vor allem, wenn wir uns den derzeitigen Fachkräftemangel ansehen, der sich durch alle Bereiche unseres gesellschaftlichen Lebens zieht, aber auch Fachkräfte betrifft, die beispielsweise Windräder bauen.

Dazu kommt, dass wir einen Engpass an Ressourcen haben und dass wir an vielen Stellen von anderen Ländern abhängig sind. Als Beispiel wäre hier Photovoltaik zu nennen: Ein Großteil der Produktion von Solarmodulen findet in China statt.

Diese Faktoren tragen dazu bei, dass es nicht einfach wird, die Ausbauziele zu erreichen. Insgesamt haben wir in den vergangenen Jahren aber schon gut vorgelegt und können uns deshalb auch leisten, 2030 aus der Kohlekraft und im April aus der Atomkraft auszusteigen. Das wäre nicht möglich, hätten wir nicht schon vor Jahren mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien begonnen.

Sie haben eben schon digitale Messsysteme angesprochen. Die Koalitionsfraktionen kritisieren im Gesetzentwurf, dass es beim sogenannten Rollout, also der Einführung der Systeme, nicht schnell genug vorangeht. Wo hapert es denn derzeit?

Wir haben vor allem drei Flaschenhälse, die den Prozess verlangsamen. Zum einen ist das der Datenschutz: Bisher gab es Datenschutzregeln, die den Einbau der Smart-Meter unglaublich aufwendig gemacht haben. Die Hersteller erfüllen aber mittlerweile die notwendigen hohen Anforderungen an den Datenschutz und die Datensicherheit, sodass wir den Prozess hier vereinfachen können. Allerdings ist es so, dass wir nur zwei Firmen haben, die diese benötigten Smart-Meter-Technologien produzieren.

Außerdem gab es bisher kein richtiges Geschäftsmodell für die Smart-Meter-Technologie. Die Zählerstände der Stromzähler müssen aktuell noch an die Versorgungsunternehmen gemeldet werden. Dafür braucht man Personal und finanzielle Ressourcen, die in anderen Bereichen – zum Beispiel im Netzausbau – nicht eingesetzt werden können. Durch digitale Messsysteme würde die Übermittlung automatisiert erfolgen.

Wenn die richtigen wirtschaftlichen Anreize da sind, wird dieser Bereich der Energiewende für mehr Firmen interessant, sodass sich der Prozess beschleunigt. Künftig möchten wir sogenannte intelligente Stromverträge zulassen. Das würde bedeuten, dass der Strom dann günstig ist, wenn viel Strom – insbesondere aus erneuerbaren Energien – im Netz ist und dass der Strom teurer wird, wenn wenig vorhanden ist. So wären Verbrauchsanalysen möglich, die in Verbindung mit smarten Geräten den Verbrauchern beim Stromsparen helfen: beispielsweise würde eine smarte Waschmaschine dann starten, wenn der Strom günstig ist. Das geht aber nur mit den richtigen technischen Voraussetzungen. Wir brauchen die Smart-Meter also dringend.

Warum braucht es ein eigenes Gesetz, um den Smart-Meter-Rollout zu beschleunigen?

Weil wir der Industrie und den Netzbetreibern konkrete und verbindliche Vorgaben machen müssen, bis wann die Smart-Meter eingeführt sein sollen.

Welche Rolle wird die Bundesnetzagentur in der Digitalisierung der Energiewende spielen?

Die Bundesnetzagentur spielt eine sehr große Rolle: Sie tritt an vielen Punkten als koordinierende Stelle auf und erhebt vor allem auch Daten, um zu überprüfen, ob die Netzbetreiber sich an die Vorgaben halten, die die Politik macht.

Gibt es noch weitere Gesetzesvorhaben, die die Energiewende bzw. ihre Digitalisierung in Gang bringen sollen?

Wir haben ständig Gesetze, die die Energiewende voranbringen. Aktuell gibt es verschiedene Vorhaben. Zum einen arbeiten wir am Raumordnungsgesetz und das hängt mit Energie aus Biogasanlagen zusammen. Wir wollen ermöglichen, dass möglichst viel von diesem Biogas aufbereitet wird und ins Gasnetz eingespeist wird. Und dafür braucht es Aufbereitungsanlagen, die auch dort stehen müssen, wo das Gas produziert wird. Das ist bisher nicht immer der Fall. Außerdem werden im Raumordnungsgesetz zum Beispiel auch Landflächen für Windenergie ausgewiesen.

Auch die Kraftwerkstrategie, die wir aktuell erarbeiten, ist in diesem Zusammenhang zu nennen. Hier geht es darum, gesicherte Stromleistung zur Verfügung zu stellen. Das soll über Kraftwerke passieren, die von Wind und Sonne unabhängig sind und anspringen können, wenn kein Wind weht oder keine Sonne scheint. Das werden vor allem Gaskraftwerke sein, die künftig auch mit Wasserstoff betrieben werden können, wenn wir mit der Energiegewinnung aus Wasserstoff so weit sind.

Zur Person

Markus Hümpfer

Markus Hümpfer ist 1992 in Schweinfurt geboren. Nach der Schule hat er eine Ausbildung zum Industriemechaniker gemacht, dann Elektrotechnik sowie Wirtschaftsingenieurwesen an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt studiert. Seit 2010 ist er Mitglied der SPD, seit 2021 Mitglied des Deutschen Bundestages.

Mehr erfahrt ihr auf seinem Profil auf bundestag.de.

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