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Parlamentskreis Hund Vier Pfoten für den Bundestag

Naomi Webster-Grundl

Im Sommer 2023 hat Jens Beeck (FDP) den Parlamentskreis Hund gegründet. Womit beschäftigt sich dieser Parlamentskreis, wann dürfen Hunde mit in den Bundestag und muss man einen Hund haben, um Mitglied zu werden? Das alles erfahrt ihr hier im Interview.

Der Bundestagsabgeordnete Jens Beeck hält einen kleinen Hund im Arm und steht vor dem Eingang zur U-Bahnstation 'Bundestag'. Im Hintergrund ist das Reichstagsgebäude zu sehen.

Der Bundestagsabgeordnete Jens Beeck (FDP) hat im Sommer 2023 den Parlamentskreis Hund gegründet. © FDP

Was ist ein Parlamentskreis?

Ein Parlamentskreis ist ein Konstrukt, in dem sich Abgeordnete über Fraktionsgrenzen hinweg eines Themas annehmen. Daraus können positive Impulse für ohnehin laufende Gesetzgebungsverfahren folgen oder aber auch eigene Initiativen. Im Fall des Parlamentskreises Hund war es so, dass insbesondere Sozial- und Gesundheitspolitiker sich der Thematik des Assistenzhundes annehmen wollten. Wir beschäftigen uns aber auch mit Themen wie Bürohunden, Tierschutzfragen, dem Welpenhandel und der Registrierungspflicht für Hunde in Deutschland. Das Themenspektrum ist so breit, dass wir drei- bis viermal im Jahr tagen wollen, was recht viel ist für einen Parlamentskreis, der sich inhaltlichen Fragen widmet. Es gibt natürlich auch andere Parlamentskreise. Es könnte auch beispielsweise der Parlamentskreis „Werder Bremen Fans“ gegründet werden, die sich dann auch häufiger treffen würden, weil sie regelmäßige Spiele zusammen gucken. Parlamentskreise müssen jede Wahlperiode neu gegründet werden – den Parlamentskreis Hund gibt es jetzt zum ersten Mal.

Wie viele Mitglieder hat der Parlamentskreis Hund?

Es sind deutlich mehr als 50 Bundestagsabgeordnete aus fast allen Fraktionen Mitglied. Und dank des Themas Bürohund gab es von vielen Mitarbeitenden – egal ob aus der Bundestagsverwaltung, den Fraktionen oder den Abgeordnetenbüros – den Wunsch, auch Mitglied zu werden. Es ist eher ungewöhnlich, dass Leute, die nicht Abgeordnete sind, Mitglied eines Parlamentskreises sind. Aber wir haben uns im Vorstand des Parlamentskreises überlegt, dass das Parlament ja nicht nur aus den Abgeordneten besteht, und haben deswegen auch rund 20 Mitarbeitende zugelassen.

Haben diese Mitglieder alle selbst Hunde?

Alle sind mit einer Affinität zu Hunden ausgestattet. Die meisten haben auch einen eigenen Hund – oder hatten einen. Die Beschäftigung als Abgeordneter ist sehr zeitaufwendig und man kann die Hunde derzeit nicht mit in den Bundestag nehmen. Deswegen gibt es eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen, die aktuell keinen eigenen Hund haben.

Die Hausordnung der Parlamentsverwaltung besagt, dass neben Waffen, Sprengstoff oder Elektrorollern auch keine Hunde mit in den Bundestag gebracht werden dürfen. Ist es ein erklärtes Ziel des Parlamentskreises Hund, diese Regelung zu kippen?

Das ist auf jeden Fall ein Ziel, das wir verfolgen. Aber es ist auch ganz klar, dass nicht in alle Liegenschaften des Deutschen Bundestages bis hin in den Plenarsaal Tiere mitkommen müssen. Aber der Bundestag verfügt über sehr viele Liegenschaften rund um den Reichstag und deshalb ist es unser erklärtes Ziel, wenigstens in einem Teil der Häuser zu ermöglichen, dass man mit seinem Hund dorthin kommen kann. Es gibt ja ganz viele Firmen in Deutschland, die Hunde im Büro aus ganz vielen und auch gut nachvollziehbaren Gründen zulassen. Das kann Stressabbau in Büros sein oder auch Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf.

Der Bundestagsabgeordnete Jens Beeck mit zwei Hunden auf einer Schnee bedeckten Wiese.

Jens Beeck (FDP) hofft, dass der Parlamentskreis Hund erreichen kann, dass Bürohunde in Teilen der Bundestagsliegenschaften erlaubt werden. © FDP

Ein Versuch, dass Hunde mit in den Bundestag gebracht werden dürfen, ist vor rund zehn Jahren gescheitert. Wie hoch sehen Sie jetzt die Chancen, dass diese Hausordnungs-Regel gekippt wird?

Da bin ich derzeit noch skeptisch, weil wir gerade eine neue Hausordnung bekommen haben, die nicht mal die Assistenztiere ausdrücklich erwähnt, sondern nur die Blindenführhunde und Diensthunde der Sicherheitskräfte. Dabei ist es mittlerweile Konsens und festgelegt im Behindertengleichstellungsgesetz, dass anerkannte Assistenzhunde selbstverständlich auch den Deutschen Bundestag betreten dürfen – so wie auch Arztpraxen oder Supermärkte. In meinem Bundestagsbüro waren schon dutzende Assistenzhunde, weil ich als teilhabe-politischer Sprecher meiner Fraktion häufig Menschen mit Behinderungen zu Gast habe, die auch Assistenztiere haben. Wir hatten auch schon einzelne Veranstaltungen auf der Fraktionsebene, bei denen es um Assistenztiere ging. Da war richtig was los.

Und haben Sie selbst einen Hund, den Sie gerne mitbringen würden?

Ich hatte zwei Dackel – aber seit ein paar Monaten leider nur noch einen. Das ist Liwy und sie bleibt bei meiner Familie, wenn ich in Berlin bin. Wenn Liwy hier mit im Bundestagsbüro wäre, würde sie wahrscheinlich immer in anderen Büros verschwinden, um nach Leckerlis zu suchen.

Aber ich glaube, es gibt kaum ein Mitglied des Bundestages, der bzw. die regelmäßig seinen Hund mitbringen würde. Man hat hier im Tagesablauf kaum Zeit. Aber wir haben beispielsweise eine Mitarbeiterin im Büro, die auch einen Hund hat. Mich würde das nicht stören, wenn der Hund hier im Büro wäre. Man muss natürlich immer schauen: Hat jemand eine Allergie oder Ängste? Das muss passen! Bei uns im Büro würde es beispielsweise passen. Und warum soll das nicht möglich sein?

Wer müsste überzeugt werden, damit die Hausordnung geändert wird?

Das Präsidium und der Ältestenrat des Deutschen Bundestages und am Ende die Abgeordneten in Gänze. Aber dazu sind die Gespräche noch gar nicht aufgenommen worden. Darum kümmern wir uns im Laufe des Jahres 2024.

Und womit wird sich der Parlamentskreis Hund in nächster Zeit noch beschäftigen?

In unserer nächsten Sitzung werden wir uns mit Welpenhandel und Registrierungspflicht mit Tierschutz befassen. Da werden die Tierschutzbeauftragte der Bundesregierung, Ariane Désirée Kari, und der prominente Hundetrainer Martin Rütter zu Gast sein.

Ein weiteres großes Thema ist, dass im Koalitionsvertrag eine große Studie zu der Frage vereinbart wurde: Welche Wirksamkeit haben Assistenztiere eigentlich? Wie muss man die Ausbildung dieser Tiere finanzieren? Wie kann man gewährleisten, dass betroffene Personen einen Assistenzhund bewilligt bekommen?

Beispielsweise kennt in Deutschland fast jeder den Blindenführhund. Da ist es sehr nachvollziehbar, dass diese Art der Assistenz die Selbstbestimmung von Menschen fördern kann. Das ist aber in noch viel mehr Bereichen so. Beispielsweise bei psychischen Belastungserkrankungen, bei atypischen Diabetesverläufen, bei allen Erkrankungen, bei denen Krampfanfälle erlitten werden können. Ein dafür trainierter Hund kann rechtzeitig anzeigen, dass der betroffene Mensch sich jetzt lieber nicht auf die Rolltreppe oder den Straßenverkehr begeben, sondern sich lieber in eine ruhige Ecke zurückziehen sollte. Das ist ein unglaublicher Gewinn an Selbstbestimmung. Und es ist auch ein unglaublicher Gewinn für den Sozialstaat, weil die Ausbildung dieser Tiere im Vergleich zur Entwicklung von technischen Geräten oder der Behandlung nach einem Unfall viel günstiger ist. Assistenzhunde sind wirtschaftlich ein lukratives Geschäft und sie erfüllen eine wesentliche Funktion bei der Erreichung allgemein anerkannter Ziele der Behindertenrechtskonvention, aber auch des Grundgesetzes oder unseres Bundesteilhabegesetzes, volle gesellschaftliche Teilhabe sicherzustellen. Und der Parlamentskreis Hund wird diesen Prozess begleiten, auf Verbesserungen hinarbeiten und solche Themen in die Öffentlichkeit tragen.

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