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Wissenschaft Forscher dringend gesucht

Was ist mit der Forschung los? Die Koalition hat wenig an ihr auszusetzen, die Opposition dafür umso mehr – die AfD möchte mehr forschende Ausländer im Land, Die Linke warnt vor "Human Grabbing". Worum geht es eigentlich?

Alle wollen mehr Wissenschaft. Über Zweck und Methoden internationalen Austauschs besteht aber wenig Eingkeit. © picture alliance/Bildagentur-online

Wie weiter, Wissenschaft?

Der Wissenschaftsstandort Deutschland lässt zu wünschen übrig. Darin sind sich alle Oppositionsfraktionen einig. Ganz und gar nicht einig sind sie sich allerdings bei der Frage, was genau schief läuft an den Hochschulen und in der Forschung. Deshalb hat auch jede Fraktion einen eigenen Antrag eingereicht. Die AfD möchte beispielweise mehr Ausländer nach Deutschland holen, wenn sie sich in der Forschung nützlich machen, Die Linke hingegen lehnt das ab. Am 14. Dezember diskutierten die Abgeordneten die Anträge im Plenum und in einem Punkt bestand zumindest Übereinstimmung: Forschung ist sehr wichtig.

Die Anträge

Schauen wir uns zuerst einmal an, worauf es den Fraktionen ankommt. Die FDP fordert in ihrem Antrag unter anderem den Aufbau einer "Nationalen Agentur für Wissenschaftliches Talent", um Spitzenforscher zu gewinnen – denn von denen gebe es zu wenige. Die Linke will "Prekäre Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft wirksam begrenzen". Sprich: Befristete Verträge für junge Wissenschaftler durch Festanstellungen ersetzen.

Das wollen auch die Grünen, daneben fordern sie in ihrem Antrag ein besseres Auslands-Bafög, mehr Erasmus, Rückkehrprogramme für deutsche Wissenschaftler aus dem Ausland und Geschlechtergerechtigkeit. Die AfD schreibt in ihrem Antrag von den vielen ausländischen Studenten in Deutschland, die nach dem Studium aber leider wieder verschwinden, obwohl sie doch eigentlich nützlich für Deutschland seien. Die Akademiker würde die AfD gerne behalten, am liebsten mit Hilfe eines Einwanderungsgesetzes.

FDP will nationale Casting-Agentur

Dr. Thomas Sattelberger (FDP) sieht uns auf dem absteigenden Ast. Er beklagte, dass Deutschland in der Spitzenforschung zurückzufallen drohe. Was die Fachkräfte angehe, habe die Bundesregierung "eine besondere Vorliebe für das Mittelmaß", dabei müssten doch viel mehr Ausnahmetalente gefördert werden. Deshalb warb er für die Nationale Agentur für Wissenschaftliche Talente, um Spitzenforscher zu gewinnen. Außerdem forderte der Abgeordnete ein "Frühwarnsystems", das neue Trends in der Wissenschaft und Forschung erkenne.

Union: Platz drei

Das mit der Nationalagentur fand Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU) unnötig, er sieht Deutschland in Sachen Wissenschaft auf einem guten Weg. Kaufmann wies darauf hin, dass unser Land auf Platz drei der 140 innovationsstärksten Länder der Welt liege, hinter den USA und Singapur. Die Universitäts- und Forschungseinrichtungen seien stark aufgestellt, insgesamt hätten wir "exzellente Rahmenbedingungen für Spitzenforschung Made in Germany geschaffen." Deutschland sei mit 23 der weltweit 200 besten Universitäten hier ebenfalls auf Platz drei. Ferner sei die Abwanderung exzellenter deutscher Forscher ins Ausland gestoppt worden.

AfD will mehr Ausländer

Dr. Götz Frömming (AfD) zeigte sich besorgt darüber, dass bis zum Jahr 2026 rund 100.000 Ingenieure in Deutschland fehlen würden und das, obwohl in Deutschland 2,8 Millionen Menschen studieren, davon 270.000 Ausländer. Davon bleibe nur ein Drittel nach dem Studium in Deutschland und "darunter nicht immer nur die Besten". Deshalb will er die Arbeitsbedingungen für Wissenschaftler verbessern. Mit den Anträgen der Linken und der Grünen kann er hingegen nichts anfangen. Ginge es nach ihnen, müssten Universitäten "perfekt durchgegenderte, quotensortierte Weltsozialämter" sein, so Frömming.

SPD: "Keine Forschungsmaschinen"

Dr. Karamba Diaby (SPD) kritisierte vor allem den Antrag der FDP, da er den Menschen vergesse: "Für mich sind Menschen keine Forschungsmaschinen, keine Zahlen, keine Mittel, um ein Ziel zu erreichen." Er unterstrich, wie wichtig ein gutes Klima der Offenheit in Deutschland auch und gerade für ausländische Wissemnschaftler sei. Grundsätzlich lobte Diaby die Forschungslandschaft und meinte, wir könnten auf internationaler Ebene mithalten.

Linke: Bitte kein "Human Grabbing"

Auch Dr. Petra Sitte (Die Linke) widersprach der FDP. "Pure Konkurrenz ist der Grundgedanke dieses Antrages". Sie kritisierte, dass Wissenschaft und Forschung wieder vor allem unternehmerisch betrachtet würden. Das habe jedoch bereits zu deutlichen Einschränkungen von der Freiheit von Forschung und Lehre geführt. Ein "Human Grabbing", das Wegschnappen von Wissenschaftlern, politisch zu legitimieren, sei die falsche Ausrichtung. Sitte warb stattdessen für internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wissenschaften.

Grüne: "Kooperation statt Ellbogen"

Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) sah das ähnlich. Neue Ideen würden Grenzen in den Köpfen überwinden, genauso wie Forscher die Grenzen zwischen Staaten. Die Auslandsmobilität an den Hochschulen sei hoch, der deutsche Wissenschaftsstandort sehr attraktiv, betonte Gehring. Deutschland sei drittbeliebtestes Gastland für internationale Studenten. Für viele Spitzenforscher sei Deutschland allerdings nicht die erste Adresse, darin gab er der FDP recht. Er meinte aber: "Wir brauchen keine nationale Headhunting-Agentur, die weltweit die klügsten Köpfe identifiziert und akquiriert." Wissenschaft sei schließlich keine Castingshow, sondern brauche Kooperation statt Ellbogen. Gehring bemängelgte außerdem die abschreckenden Einreise- und Arbeitsbedingungen für Top-Forscher aus dem Ausland.

Sämtliche Anträge landen nun erst mal im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – und dann wird sich zeigen, wie es mit der Forschung weitergeht.

(DBT/ah)

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