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Anhörung Streit um den Müll

Die Bundesregierung möchte, dass unser Müll ökologischer wird. Der entsprechende Gesetzentwurf ist unter externen Experten jedoch umstritten, wie eine Anhörung kürzlich zeigte.

Auf den ersten Blick nur Abfall, dabei handelt es sich um eine wertvolle Rohstoffquelle, um die hart gestritten wird. © picture alliance/imageBROKER

Eimer auf, Müll rein, abgehakt.Wer macht sich schon Gedanken, was mit unserem Abfall passiert, nachdem wir ihn weggeworfen haben? Dabei beginnt in dem Moment ein komplexes System aus Transport und Verwertung der Rohstoffe.

Die Europäische Union hat 2018 eine Rahmenrichtlinie verabschiedet – das ist so etwas wie ein Gesetz auf EU-Ebene – mit der dieses System nachhaltiger und ökologischer werden sollte. Die Mitgliedsstaaten bekamen zwei Jahre Zeit, um diese Regeln umzusetzen.

Die Bundesregierung brachte deshalb einen Gesetzentwurf auf den Weg, der nun im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit beraten wird. Und was sagen externe Experten zu dem Vorhaben? Um das zu erfahren, hatte der Umweltausschuss am 1. Juli Fachleute in den Bundestag geladen.

Gesetzesentwurf: Recycling first

Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung soll mehr Müll in Zukunft wiederverwertet statt vernichtet werden. Dazu soll etwa die sogenannte Recyclingquote, also der Anteil von Materialien, die wiederverwendet werden können, erhöht werden. Die Bundesregierung möchte auch das Problem angehen, dass Händler Waren wegschmeißen, die von Kunden zurückgeschickt wurden, obwohl sie noch erstklassige Qualität haben. Firmen tun dies, da es für sie preiswerter kann, als die Produkte zu lagern. Mit dem Gesetzesentwurf soll dieses Vorgehen per „Obhutspflicht“ verboten werden. Das heißt, die Händler tragen Verantwortung für einen verantwortungsvollen Umgang mit diesen Waren.

Sollte das Gesetz kommen, müssen sich Firmen, die Einwegprodukte wie Plastikbecher oder Zigaretten herstellen, an den Gebühren für die Reinigung von Parks und Straßen beteiligen. Zusätzlich würden ab dem Jahr 2025 Abfallunternehmen, die von Städten und Gemeinden betrieben werden, verpflichtet, konsequenter Abfälle zu trennen. Die Institutionen des Bundes, also Ministerien, Ämter und andere Bundesbehörden, müssen bei Auftragsvergaben Firmen bevorzugen, die rohstoffschonend, energiesparend und schadstoffarm wirtschaften.

Kritik aus der Wirtschaft

Die Vertreter von Wirtschaft, Handel und Industrie bezweifelten in der Anhörung, dass die Obhutspflicht ökologische Vorteile bringen werde. Stattdessen befürchteten sie bürokratischen Mehraufwand und steigende Kosten. Benjamin Peter vom Handelsverband Deutschland (HDE) sagte, er lehne die vorgeschlagenen Regeln ab, da sie „allein die Wirtschaft betreffen, die ohnehin wegen der Corona-Pandemie geschwächt ist“.

„Waffengleichheit“ zwischen Kommunalen und Privaten

Vertreter der Abfallunternehmen und der Kommunen sahen als größtes Problem für sich die strengeren Vorgaben bei der Abfalltrennung. Da sie nur für die Unternehmen gelten sollen, die von Städten und Gemeinden geleitet werden, befürchten sie, dass diese gegenüber den Privatunternehmen benachteiligt werden könnten. Holger Thärichen vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sagte, es brauche eine „Waffengleichheit zwischen kommunalen und privaten Abfallsammlern“.

Auf halbem Weg stehengeblieben

Sascha Roth vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) bedauerte, dass der Entwurf auf „halber Strecke von der linearen zu einer Kreislaufwirtschaft“ stehen bleibe. Kreislaufwirtschaft bedeutet, dass alle Produkte wiederverwendet werden können – im Gegensatz zur linearen Wirtschaft, bei der alles nur einmal benutzt wird. Roth forderte, dass nicht nur die Recyclingquote erhöht, sondern auch eine sogenannte Rezyklatquote eingeführt wird. Als Rezyklate werden Produkte bezeichnet, die ganz oder teilweise aus bereits verwendeten Materialien hergestellt werden. Außerdem setzte sich Roth dafür ein, die Biotonne bundesweit verpflichtend einzuführen.

Hohe Recyclingquoten

Vera Susanne Rotter vom Institut für Technischen Umweltschutz der Technischen Universität Berlin sagte, der steigende Anteil der Abfallmengen rufe dazu auf, entschlossen zu handeln. Die Klimaziele könnten nur durch hohe Recyclingquoten erreicht werden. Die Ziele, Abfall zu vermeiden und weggeworfene Produkte hochwertig wiederzuverwenden, müssten verknüpft werden.

Nach der Sommerpause werden die Abgeordneten des Bundestages noch einmal über das neue Gesetz diskutieren und anschließend abstimmen.

Die Anhörung seht ihr hier im Video:

(DBT/tl)

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