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Diskriminierungsschutz „Antidiskriminierung ist kein Minderheitenthema“

Yasemin Kamisli

Ob am Arbeitsplatz, an Schulen oder bei der Wohnungssuche – immer wieder erfahren Menschen aufgrund ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres Aussehens Diskriminierung. Mit ihrem neuen Arbeitsprogramm will die Antidiskriminierungsbeaufttagte Ferda Ataman dem entgegenwirken.

Demonstranten, Frau hält ein Schild 'Diversity rules'

Für Diversität, gegen Diskriminierung stehen diese Demonstranten ein. © picture alliance/ANP/Remko de Waal

Wirft man einen Blick in unser Grundgesetz, stellt man gleich zu Beginn fest, dass Freiheit und Chancengleichheit wichtige Plätze einnehmen. Schutz vor Diskriminierung und Maßnahmen der Antidiskriminierung sind wichtige Bausteine, um diese Werte zu unterstreichen. In der Realität sieht es leider noch immer anders aus: Männer werden ihren weiblichen Kolleginnen bei der Beförderung häufig vorgezogen, Menschen mit internationaler Geschichte haben es schwerer bei der Wohnungssuche und an etlichen Stellen fehlt es an Barrierefreiheit. Mit einem neuen Arbeitsprogramm möchte die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung Ferda Ataman Diskriminierungen sichtbar machen und ihnen entgegenwirken.

Antidiskriminierungsbeauftragte stellt Arbeitsprogramm vor

„Antidiskriminierungspolitik ist kein Minderheitenthema, sondern ein Freiheitsthema“, unterstrich Ataman in einem Fachgespräch des Familienausschusses. Dort stellte die Antidiskriminierungsbeauftragte den „Vierten Gemeinsamen Bericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und des Deutschen Bundestages“ und anschließend ihr neues Arbeitsprogramm vor.

In dem Bericht geht es um Diskriminierungserfahrungen in Deutschland. Er zeigt auf, dass viele Menschen in verschiedenen alltäglichen Situationen mit Benachteiligungen konfrontiert sind: „Diskriminierung wird in unterschiedlichsten Formen erlebt und äußert sich beispielsweise in abwertenden Beleidigungen, sexueller Belästigung, der Verwehrung des Zugangs, im Erhalt schlechterer Leistungen bis hin zum Vorenthalten von Leistungen.“

„Ich sehe mich als Beauftragte aller Menschen in Deutschland“, sagte Ataman im Ausschuss. „Viele erleben Einschränkungen, jeder kann in eine solche Situation geraten.“ Um den Schutz vor Diskriminierung „konsequent durchzusetzen und zu stärken“, werde sie sich dafür einsetzen, die rechtlichen Rahmenbedingungen mit dem Ziel der Gleichbehandlung zu verbessern, das Wissen über Diskriminerungsschutz zu vergrößern sowie Betroffene zu beraten und die Beratung und Vernetzung auszubauen.

In Deutschland ist der Diskriminierungsschutz in verschiedenen Rechtsnormen geregelt. Eine wichtige gesetzliche Grundlage bietet das 2006 in Kraft getretene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). 63.000 Anfragen seien seit Inkrafttreten des AGGs an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes und das im vergangenen Jahr neu geschaffene Amt der Unabhängigen Beauftragten gerichtet worden, berichtete sie.

Diskriminierungsschutz in Deutschland: „Einiges aufzuholen“

Das geltende AGG sei „eines der schwächsten Antidiskriminierungsgesetze in Europa“, mahnte die Antidiskriminierungsbeauftragte. Deswegen begrüße sie, dass die Koalition eine Reform dieses Gesetzes vereinbart habe. Neben dieser Erneuerung sei es laut Ataman außerdem wichtig, auf das AGG aufmerksam zu machen: „Alle Menschen sollen wissen: Es gibt ein AGG und einen Rechtsstaat, der mir dabei hilft, meinen Schutz in Anspruch zu nehmen.“

Außerdem bemängelte Ataman, dass es zu wenige Beratungsstellen gebe. Man habe „in Deutschland einiges aufzuholen“. Zu Atamans konkreten Zielen gehören: die Reform des AGG, der Start einer Aufklärungskampagne und der gleichmäßige Ausbau der Beratung in den Bundesländern und Kommunen. „Die Strukturen und die Versorgung mit Antidiskriminierungsstellen sind momentan sehr unterschiedlich“, so Ataman. Wünschenswert sei es, den Betroffenen zukünftig bereits in den Beratungsstellen eine rechtliche Ersteinschätzung geben zu können, da viele aufgrund von eskalierenden Gerichtsverfahren auf einen Anwalt verzichteten.

„Altersdiskriminierung betrifft fast alle“

Neben den genannten Diskriminierungsmerkmalen gebe es außerdem eine Form von Diskriminierung, die fast alle Menschen in Deutschland betreffe: Altersdiskriminierung. Ataman versprach, sich dieser in ihrer Amtszeit besonders zu widmen: „Das ist ein gutes Thema, um klarzumachen, was Diskriminierung ist.“

Zur Person

Porträtfoto von Yasemin
Mitmischen-Autorin

Yasemin Kamisli

... studiert in Frankfurt am Main und setzt sich für die Sichtbarkeit von diversen Lebensrealitäten ein.

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