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Pandemie Bundestag beschließt neue Corona-Regelungen

Nach einer kontroversen Debatte stimmten die Abgeordneten gestern für einen Gesetzenzwurf der Ampelkoalition, der dafür sorgen soll, dass Deutschland auf alle möglichen Corona-Szenarien vorbereitet ist.

Junge Frau sitzt mit Mundschutz im Zug

FFP2-Maske in Bus und Bahn – eine der Maßnahmen, die die Ampelkoalition für den Herbst plant. © shutterstock.com/Zigres

Das Wetter sendet eindeutige Zeichen: Der Sommer wird nicht ewig dauern. Irgendwann kommt der Herbst. Und viele Menschen fragen sich, ob das Thema Corona weiterhin präsent sein wird.

Die Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben dazu einen Gesetzentwurf vorgelegt. Dieser sieht vor, dass die Bundesländer je nach aktueller Corona-Lage reagieren können. Demnach soll aber bundesweit die FFP2-Maske in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sowie Bus und Bahn Pflicht werden. In Flugzeugen hingegen soll die Maskenpflicht aufgehoben werden.

Dem Entwurf stimmten letztlich 386 Abgeordnete zu, 312 stimmten dagegen, drei enthielten sich. 35 Abgeordnete haben ihre Stimme nicht abgegeben.

Gesundheitsminister Lauterbach: „Wir werden die Lage im Herbst im Griff haben“

„Wir gehen jetzt in den dritten Corona-Herbst“, konstatierte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Die pandemische Entwicklung sei nicht voraussehbar. Der Expertenrat der Bundesregierung habe drei Szenarien entworfen: leicht, mittel, schwer – das mittlere sei seiner Meinung nach am wahrscheinlichsten. Doch egal, welches Szenario eintrete, man sei diesmal vorbereitet, versprach der Minister: „Wir werden die Lage im Herbst im Griff haben.“

Es gebe heute bessere Impfungen, bessere Medikamente, eine bessere Datenlage als noch im letzten Jahr – und den zu verhandelnden Vorschlag für ein neues Infektionsschutzgesetz, mit dem man auf jedes Szenario reagieren könne. Die Bundesregierung plane eine Impfkampagne, „damit jeder genau versteht, wie die Impfstoffe wirken und für wen sie empfehlenswert sind“. Mit ihren Maßnahmen wolle die Bundesregierung besonders gefährdete Menschen schützen und die Zahl der Todesfälle verringern. „Wir dürfen uns nicht daran gewöhnen, dass wie jetzt jeden Tag 100 Menschen sterben“, sagte Lauterbach.

Union: „Lassen Sie die Kliniken nicht im Stich!“

Für die CDU/CSU-Fraktion kritisierte Tino Sorge, der Gesundheitsminister habe ein „geordnetes Verfahren“ versprochen, stattdessen habe es „Chaos am Verhandlungstisch“ und „absurde Diskussionen“ gegeben. Herausgekommen sei ein Gesetzentwurf mit deutlichen Lücken: „Es macht überhaupt keinen Sinn, dass Sie nicht definieren, wann die Länder Maßnahmen ergreifen können“, meinte Sorge. „Es wird zu einem Wirrwarr kommen im Herbst“, befürchtete er und mahnte: „Lassen Sie die Kliniken nicht im Stich!“

Die Unionsfraktion hatte in einem Antrag ein gestuftes Corona-Konzept gefordert, das aber flächendeckende Lockdowns oder Schließungen von Kitas und Schulen ausschließe. Sie mahnte außerdem eine bessere Datengrundlage, ein Impfregister und eine überarbeitete Teststrategie an. Der Antrag wurde gestern abgelehnt.

Grüne: „Mit Augenmaß und gleichzeitig handlungsfähig“

Maria Klein-Schmeink (Bündnis 90/Die Grünen) verteidigte den Gesetzentwurf. Er meistere die „Kunst“, die nötigen Schutzmaßnahmen zu ermöglichen, ohne den Menschen zu große Einschnitte zuzumuten. „Wir gehen vorbereitet in den Herbst, mit Augenmaß und gleichzeitig handlungsfähig“, so Klein-Schmeink. Sie verwies außerdem darauf, dass sich aktuell verschiedene Krisen „überlagern“ und die Energie-Krise sich auch auf Krankenhäuser stark auswirken werde. Das gelte es im Blick zu behalten.

AfD: „Geben Sie den Menschen ihre Freiheit zurück!“

Die Redner der AfD lasen Erfahrungsberichte von Menschen vor, die unter den bisherigen Corona-Maßnahmen gelitten haben. So trug Kay-Uwe Ziegler (AfD) den Fall einer Person vor, die sich nicht von ihrem Vater verabschieden konnte, der während des Lockdowns starb. Alle Redner endeten mit den Worten „Geben Sie den Menschen ihre Freiheit und Selbstbestimmung zurück!“

Auch die AfD hatte einen Antrag eingebracht: „Keine Covid-19-Impfpflicht für Soldaten“. Die Abgeordneten lehnten ihn mehrheitlich ab.

Justizminister Buschmann: „Schüler haben besonders gelitten“

„Wenn es nicht nötig ist, in Grundrechte einzugreifen, dann ist es nötig, nicht in Grundrechte einzugreifen“, sagte Justizminister Marco Buschmann (FDP). Aber in Abwägung von Verhältnismäßigkeit und Grundrechten müsse der Staat handlungsfähig sein – dafür liefere den Entwurf die Grundlage. Er betonte, es sei kein weiterer Lockdown vorgesehen und auch keine flächendeckenden Schulschließungen: „Denn wenn es eine Gruppe gibt, die besonders gelitten hat in den letzten Jahren, dann ist es die Gruppe der Schüler.“ Es sei aber durchaus verhältnismäßig, die Maskenpflicht ab der 5. Klasse lokal wieder einzuführen, wenn die Infektionszahlen sehr stark steigen sollten.

„Wir können das natürlich nicht ewig machen mit dem An- und Abschalten der Maßnahmen“, räumte Buschmann ein – und schloss: „Meine persönliche Hoffnung ist, dass das der letzte Winter mit Corona-Schutzmaßnahmen ist.“

Linke: „Gut vorbereitet? Ich glaube nicht!“

Kathrin Vogler (Die Linke) sagte zu Beginn ihrer Rede: „Die Bundesregierung ist wirklich nicht zu beneiden.“ Sie habe mit vielen „Baustellen“ zu kämpfen, von der Klimakrise bis zum Krieg in der Ukraine. Allerdings sei die Corona-Krise inzwischen keine neue mehr, deshalb hätten viele Menschen erwartet, dass die Bundesregierung besser vorbereitet in diesen Herbst gehen würde. Die Worte des Gesundheitsministers aufgreifend, sagte Vogler: „Gut vorbereitet? Ich glaube nicht!“ So habe man den Sommer nicht genutzt, um Schulen etwa mit Luftfiltern auszustatten.

Auch die Linke hatte einen Antrag eingebracht, der abgelehnt wurde. Darin hatte die Fraktion unter anderem eine zuverlässige Testinfrastruktur und kostenlose Tests für alle gefordert.

Die ganze Debatte seht ihr hier im Video:

(jk)

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