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Pflege-Studentin „Ich wünsche mir echten Respekt“

Paulina studiert Pflege an der Charité in Berlin. Hier erzählt sie, wie sie die Situation am Krankenhaus erlebt, warum sie sich trotz aller Herausforderungen für diesen Weg entschieden hat und was sie sich für die Zukunft des Berufs wünscht.

Portrait der Studentin Paulina

In der Corona-Zeit wurden Auszubildene und Studierende im Krankenhaus wie fertige Pflegekräfte eingesetzt, erzählt Paulina. © privat

Du machst ein duales Studium in der Pflege. Welche Erfahrungen hast du bis jetzt gemacht: Wie überlastet ist das Pflegepersonal an Krankenhäusern?

In meinen Praxiseinsätzen im Krankenhaus habe ich erlebt, dass die körperliche und psychische Belastung durch die Arbeit sich auf jeden Fall negativ auf die Zufriedenheit der Pflegekräfte auswirkt. Dazu kommen Kostendruck und Personalmangel. Das ist leider ein Kreislauf: Durch den Personalmangel wird die körperliche Belastung für die Mitarbeiter größer, daraus resultieren dann noch mehr krankheitsbedingte Ausfälle und dadurch noch weniger Personal.

Ich habe mitten in der Corona-Zeit angefangen, und die Pandemie hat die Situation noch mal verschärft. Wenn eine Pflegekraft Corona hat, kann sie natürlich nicht arbeiten. Als wir zusätzlich noch die strengen Quarantäne-Regelungen hatten, war es schon sehr schlimm. Da mussten dann auch Auszubildende und Studenten wie Vollkräfte eingesetzt werden, weil es so wenig Personal gab.

Welche Verbesserungen würdest du dir wünschen?

Ich würde mir vor allem wünschen, dass die Gesellschaft das Thema Pflege mit anderen Augen betrachtet. In Gesprächen merke ich ganz oft, dass der Respekt vor dem Beruf hauptsächlich von Mitleid begleitet wird. Ich höre oft: Gott sei Dank machst du das, denn ich könnte das nie! Ich würde mir aber echten Respekt vor der Pflege wünschen. Wenn es den in breiten Teilen der Gesellschaft gäbe, wäre es vielleicht auch einfacher, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und den Beruf attraktiver zu machen.

Das geplante Krankenhauspflegeentlastungsgesetz soll Pflegekräfte entlasten, indem ein idealer Personalschlüssel berechnet wird. Eine gute Idee?

Das ist schon ein Schritt in die richtige Richtung. Denn ich glaube, dass eine angemessene Personalausstattung sowohl die Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals als auch die Patientenversorgung an Krankenhäusern verbessern würde. Aber ich weiß nicht, ob das wirklich ein guter Startpunkt für Verbesserungen ist. Damit bekämpft man ja nicht die Ursachen des Problems, sondern versucht nur, den schlimmsten Fehlentwicklungen entgegenzuwirken.

Apropos Ursache: Auch wenn Krankenhäuser mehr Pflegepersonal einstellen wollen, haben sie oft Schwierigkeiten, genug Bewerber zu finden. Wie könnte man den Beruf attraktiver machen?

Ein Ansatz ist ja, den Beruf zu akademisieren. Deshalb gibt es zum Beispiel meinen Studiengang seit zwei Jahren. Ich glaube schon, dass eine Akademisierung zu einem höheren Ansehen in der Gesellschaft führen kann, und dass Jugendliche den Bereich Pflege dann nach dem Abi eher auf dem Schirm haben. Natürlich würde auch ein besserer Lohn helfen. Das ist ja bei der Berufswahl immer ein großes Thema.

Warum hast du dich trotz aller Herausforderungen für diesen Bereich entschieden?

Mich haben der Mensch und seine Anatomie immer schon interessiert. Diesen theoretischen Teil des Studiums finde ich absolut faszinierend. Darüber hinaus finde ich, dass die Arbeit in der Pflege nicht nur interessant, sondern auch sehr lohnend ist – oder sein kann, wenn die Bedingungen stimmen. An guten Tagen, wenn genug Personal da ist, ich genug Zeit und Anleitung bekomme, mag ich die Arbeit sehr. Es ist einfach ein großartiges Gefühl, Menschen dabei helfen zu können, wieder gesund zu werden.

Welche Pläne hast du für die Zukunft?

Ich will irgendwann noch Medizin studieren. Ich weiß, dass ich es nicht aushalten werde, 50 Jahre lang unter den aktuellen Bedingungen in der Pflege zu arbeiten. Und ich will auch nicht ewig darauf warten, dass die Situation sich vielleicht irgendwann verbessert. Aber es ist gut, Einblicke und Erfahrungen zu sammeln und mit dem Bachelor schon mal etwas in der Hand zu haben.

Wo liegen denn die Unterschiede zwischen Ausbildung und Bachelor-Studium?

Wir haben etwas weniger Praxiszeit als in der Ausbildung, lernen dafür aber mehr Theorie. Wir beschäftigen uns zum Beispiel auch mehr mit der Forschung zum Thema Pflege. In der Praxis übernehmen wir im Krankenhaus die gleichen Aufgaben wie die Auszubildenden. Allerdings ist das arbeitsrechtlich etwas anders geregelt. Wir können uns zum Beispiel weigern, am Wochenende zu arbeiten. Dafür werden wir aber auch nicht bezahlt.

Später hat man mit dem Studienabschluss natürlich andere Möglichkeiten. Von meinen Kommilitonen wollen zum Beispiel viele in die Pflegeleitung oder in die Praxisanleitung gehen. Andere wollen nach dem Bachelor weiter studieren, in die Forschung gehen – oder eben in die Medizin. Die wenigsten wollen einfach ganz normal als Pflegekraft auf einer Station arbeiten.

Zur Person

Paulina ist 20 Jahre alt und kommt aus Berlin. Nach dem Abitur hat sie im Oktober 2020 angefangen, an der Charité in Berlin Pflege zu studieren. Das siebensemestrige Studium führt zum Bachelor of Science und gleichzeitig zum Erwerb der staatlichen Berufszulassung zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann. Paulina ist jetzt im 5. Semester.

(Julia Karnahl)

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