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Gesundheit Long-Covid-Patienten besser helfen

Julia Karnahl

Mindestens eine Million Menschen in Deutschland leiden unter den Folgen einer Corona-Erkrankung. Um ihre Unterstützung ging es kürzlich im Bundestag. Obwohl die entsprechenden Anträge der Unionsfraktion abgelehnt wurden, war man sich zu großen Teilen einig, was getan werden müsse.

Wer unter Long-Covid leidet, ist mitunter so erschöpft, dass er ganz einfache Dinge nicht mehr erledigen kann. © shutterstock.com/fizkes

Anhaltende Erschöpfung, so schlimm, dass man nicht mehr zur Schule, zur Ausbildung, zur Uni oder zur Arbeit gehen kann – das ist eine typische Spätfolge von Corona. Die Krankheit kann allerdings auch ohne Covid-Kontext auftauchen und ist schon seit 1969 bekannt. Sie wird abgekürzt mit ME/CFS, das steht für: Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom.

Die CDU/CSU-Fraktion hat dazu zwei Anträge gestellt, die vor Kurzem im Plenum debattiert wurden. Eine Mehrheit fand am Ende aber keine der Vorlagen.

Was schlägt die Union vor?

In ihrem ersten Antrag fordert die Union, eine langfristig und breit angelegte Strategie für die Forschung zu Long-Covid, ME/CFS und das Post-Vac-Syndrom, also die gesundheitlichen Folgen von Corona-Impfungen. Denn die Suche nach einer richtigen Diagnose und wirksamen Behandlungsmethoden verursache viel Leid.

Im zweiten Antrag geht es um die Hilfe für Patienten mit ME/CFS und ihre Angehörigen. ME/CFS schränke die Lebensqualität der Betroffenen stark ein, schrieben die Abgeordneten. Oft seien die Patienten auf Pflege durch Angehörige angewiesen. Mehr als 60 Prozent der Betroffenen seien arbeitsunfähig, rund 25 Prozent könnten das Haus krankheitsbedingt nicht mehr verlassen oder seien sogar bettlägerig.

FDP: „Viele Gemeinsamkeiten in der Einschätzung“

Stephan Seiter (FDP) betonte, es gebe zwischen den Koalitionsfraktionen und der Union „viele Gemeinsamkeiten in der Einschätzung der Situation und der Maßnahmen“. Manches sei schon auf dem Weg: Das Ministerium führe Gespräche, entwickle Programme, bringe das Thema in die Haushaltsverhandlung ein. Man sei sich einig, dass man die Forschung vorantreiben, Maßnahmen vernetzen und neue Programme aufsetzen wolle. Dafür brauche es die Anträge der Union nicht.

Union: „Wir brauchen dringend eine bessere Versorgungsstruktur“

Stephan Albani (CDU/CSU) forderte die Koalitionsfraktionen auf, den Anträgen zuzustimmen: „Springen Sie doch endlich mal über Ihren Schatten!“ Denn es sei eben nicht viel auf dem Weg. Im Gegenteil, die Koalition plane im Haushalt Kürzungen im Bereich der Gesundheitsforschung. Es brauche aber dringend eine „erhebliche“ Ausweitung der Forschung, außerdem eine langfristige und breite Forschungsstrategie und den Aufbau von interdisziplinären Gesundheitszentren und Ambulanzen. „Wir brauchen dringend eine bessere Versorgungsstruktur“, mahnte Albani. 

SPD: „Wer unter ME/CFS leidet, ist oft aus dem Leben gerissen“  

Ruppert Stüwe (SPD) konstatierte: „Wer unter ME/CFS leidet, ist oft aus dem Leben gerissen.“ Deshalb sei es gut, dass der Bundestag auf diese Krankheit aufmerksam mache. Sie sei lange „strukturell unterforscht“ gewesen. Private Unternehmen forschten in dem Bereich auch weiterhin zu wenig, weil solche Forschungsprojekte nicht erfolgsversprechend genug seien. Das wolle die Koalition ändern.

Der Union warf Stüwe vor, nur mehr Geld zu fordern, ohne einen Vorschlag zu machen, wie viel genau und woher es kommen solle. Weiter fordere die Union eine Strategie, die schon in Arbeit sei. „Das ist mir zu wenig“, so Stüwe. Er werde den Anträgen deshalb nicht zustimmen, sei aber an einer Zusammenarbeit für dieses wichtige Thema dennoch sehr interessiert.  

AfD: „Eine der vielen schweren Nebenwirkungen der Corona-Impfung“

Christina Baum (AfD) betonte, ME/CFS sei „eine der vielen schweren Nebenwirkungen der Corona-Impfung“. Viele „auch junge und gesunde Menschen“ hätten es „bitter bereut“, der Regierung vertraut zu haben und sich „zur Spritze nötigen“ zu lassen, behauptete Baum. Alle Fraktionen bis auf die AfD trügen Verantwortung für die Betroffenen.Dennoch habe das Gesundheitsministerium bis heute keine konkreten Maßnahmen eingeleitet, kritisierte Baum.   

Grüne: „Es gibt immer noch zu viele Fehldiagnosen“

Linda Heitmann (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, fraktionsübergreifend sei man sich einig über die Ziele: Man müsse Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten ausweiten, Forschung fördern und vorantreiben und die Bekanntheit der Krankheitsbilder erhöhen. Obwohl ME/CFS seit 1969 als Krankheit anerkannt sei, gebe es immer noch zu viele Fehldiagnosen. Dass sich die Zahl der Erkrankungen seit der Pandemie schätzungsweise verdoppelt habe, sei „bitter“, habe aber immerhin dazu geführt, dass die Krankheit bekannter sei und Anzeichen dafür besser erkannt würden.

Auch Heitmann betonte, sie wolle an dem Thema weiter zusammenarbeiten, auch wenn ihre Fraktion den Anträgen, die sie für „nicht erfolgversprechend“ halte, um die genannten Ziele zu erreichen, nicht zustimmen werde.

Linke: „Besonders bei der Gesundheit wird gespart“

Kathrin Vogler (Die Linke) kritisierte, der aktuelle Haushaltsentwurf der Bundesregierung sei ein „Budget der Grausamkeiten“. Außer bei der Bundeswehr werde überall gekürzt, besonders bei der Gesundheit. Die Pandemie sei aber noch lange nicht für alle vorbei, viele litten unter Spätfolgen. Dass ihnen nicht besser geholfen werde, sei „eine Schande für unser ganzes Land“. Die Linke werde dafür kämpfen, dass es nicht so bleibe. Sie werde den Anträgen der Union zustimmen, kündigte Vogler an.

(Julia Karnahl)

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