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Regierungsbefragung „Die Klimakrise ist ein großes marktwirtschaftliches Versagen“

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) und der Bundesminister für besondere Aufgaben Wolfgang Schmidt (SPD) standen am Mittwoch den Abgeordneten Rede und Antwort. Die Themen reichten von Fachkräftemangel über Digitalisierung bis zu Handelsabkommen mit den USA.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (stehend) auf der Regierungsbank im Plenarsaal des Bundestages

„Wir brauchen einen Wettbewerb, der der Gesellschaft dient“, forderte Habeck im Bundestag. © picture alliance/dpa/Philipp Znidar

Zum ersten Mal waren am Mittwoch zwei Bundesminister zur Regierungsbefragung in den Bundestag geladen. Diese Neuerung ist einer Änderung der Geschäftsordnung zuzuschreiben. Ab sofort dauert die Regierungsbefragung außerdem 90 statt wie bisher 60 Minuten. Zu Beginn halten die beiden Regierungsvertreter ein Eingangsstatement, anschließend befragen die Abgeordneten sie.

Wirtschaftsminister Habeck: „Hin zu einer ökologischen sozialen Marktwirtschaft“

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) sagte eingangs, Krieg und Krisen bestimmten in diesen Tagen unser „Denken, Fühlen und Handeln“. Deutschland müsse in der Lage sein, anderen Ländern zu helfen und in Europa und der Welt eine „Führungsrolle“ wahrzunehmen. Grundlage dafür sei eine funktionierende Markwirtschaft – laut Habeck das „innovativste Wirtschaftssystem, das wir kennen“.

Allerdings sei die Marktwirtschaft kein Selbstläufer. So sei die Klimakrise „ein großes marktwirtschaftliches Versagen“. Man brauche eine Entwicklung hin zu einer „ökologischen sozialen Marktwirtschaft“. Aufgabe der Bundesregierung sei es, dafür die Rahmenbedingungen zu schaffen und Investitionen in diese Richtung zu lenken. Denn: „Wir brauchen einen Wettbewerb, der der Gesellschaft dient.“

Minister für besondere Aufgaben Schmidt: „Ein Ziel, das uns eint: der Fortschritt“

Wolfgang Schmidt (SPD) ist Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes. Er blickte in seinem Statement auf das erste Jahr der neuen Regierungskoalition zurück. Es sei von drei „akuten Krisen“ geprägt gewesen: der Corona-Pandemie, dem Krieg in der Ukraine und der Energie-Krise. „Wir haben diese drei akuten Krisen doch ganz gut in den Griff gekriegt“, befand Schmidt.

Mittel- und langfristig beschäftigten die Bundesregierung nun vor allem die Energiewende, die Digitalisierung , „wie wir als Gesellschaft insgesamt schneller werden können“ und der Kampf gegen den Fachkräftemangel. Die drei Koalitionspartner hätten dabei „ein Ziel, das uns eint“ und das sei „der Fortschritt“.

Union hält wirtschaftliche Lage für „besorgniserregend“

Julia Klöckner (CDU/CSU) meinte, die wirtschaftliche Lage in Deutschland sei „besorgniserregend“. Forschungsunternehmen investierten deshalb verstärkt im Ausland.

Dieser aus seiner Sicht „politisch intonierten Schwarzmalerei“ widersprach Habeck. Zwar stehe Deutschland vor „großen Herausforderungen“. Es gebe zum Beispiel tatsächlich einen großen Fachkräftemangel. Das sei allerdings keine „akute Krise“, sondern hätte von der vorherigen Regierung vorhergesehen werden können. Habeck zeigte sich dennoch optimistisch: „Das Land hat gezeigt, dass es stark ist.“

SPD thematisiert Digitalisierung der Verwaltung

Dunja Kreiser (SPD) fragte nach der Digitalisierung der Verwaltung. Darauf antwortete Schmidt, Bund, Länder und Kommunen arbeiteten intensiv daran, um „endlich“ die Vorhaben umzusetzen, die schon lange anstünden, um die Digitalisierung der Verwaltung voranzutreiben.

AfD fragt nach „Terroranschlag“ auf Nord-Stream-Pipelines

Karsten Hilse (AfD) sprach den „terroristischen Akt“ an, mit dem die Nord-Stream-Pipelines sabotiert worden seien. Er wollte wissen, warum es „keinerlei sichtbare Aktionen“ der Bundesregierung gebe, diesen „Terrorakt“ aufzuklären.

Im September 2022 waren die Pipelines auf dem Grund der Ostsee, die Erdgas von Russland nach Deutschland transportieren, mit mehreren Sprengungen beschädigt worden.

Schmidt antwortete Hilse, der Generalbundesanwalt habe Ermittlungen wegen „eines schweren gewalttätigen Sabotage-Angriffs auf die Energieversorgung“ eingeleitet. Diese Ermittlungen unterlägen „der strengsten Geheimhaltung“ und liefen noch, deshalb könne die Bundesregierung darüber keine Auskunft erteilen.

Grüne sprechen einen European Green Deal der Industrie an

Lisa Badum (Bündnis 90/Die Grünen) wollte vom Wirtschaftsminister wissen, wie man „grüne Leitmärkte“ in Europa stärker voranbringen könne. Habeck antwortete, die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen habe gute Vorschläge zu einem Green-Deal für die Industrie gemacht. Die Beihilfeverfahren der EU-Kommission müssten beschleunigt werden und man müsste die Ansiedlung sicherheitsrelevanter Industrien in der EU erleichtern, um das Thema weiter voranzutreiben.

Linke kritisiert sinkende Reallöhne

Pascal Meiser (Die Linke) merkte kritisch an, die Reallöhne seien in Deutschland zum dritten Mal in Folge gesunken. Der Begriff „Reallohn“ meint das Gehalt von Arbeitnehmern unter Berücksichtigung der Inflationsrate.

Der Wirtschaftsminister verwies auf die drei Entlastungspakete der Bundesregierung in Höhe von insgesamt 95 Milliarden Euro sowie auf die Strom- und Gaspreisbremse. Diese Maßnahmen hätten die Arbeitnehmer deutlich entlastet. In Zukunft werde es darauf ankommen, die Inflation zu drücken.

FDP thematisiert Freihandelsabkommen zwischen EU und USA

Reinhard Houben (FDP) fragte Habeck nach einem EU-Freihandelsabkommen mit den USA. Darauf antwortete der Minister, die USA strebten ein solches Abkommen nicht an. Erstrebenswert sei aus seiner Sicht hingegen ein Abkommen über „grüne Industriegüter“.

Hier seht ihr die Regierungsbefragung im Video:

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