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Rüstungsexport Streit um U-Boote für die Türkei

Vor zehn Jahren genehmigte die Bundesregierung den Export von U-Booten in die Türkei. Grüne und Linke wollen diese Genehmigung jetzt rückgängig machen.

U-Boote sind ein wichtiges Instrument moderner Verteidigungspolitik. Ihre Ausfuhr aus Deutschland ist aber an Bedingungen geknüpft. © picture alliance/ZUMAPRESS.com/U.S. Marines

Wer in Deutschland Kriegswaffen herstellen und an ein anderes Land verkaufen möchte, der braucht dafür eine Genehmigung. Das schreibt das Grundgesetz in Artikel 26 vor. Die Bundesregierung prüft, wie es um die Menschenrechte in dem Empfängerland steht und entscheidet auf dieser Grundlage über den Antrag.

Im Jahr 2009 genehmigte die Regierung dem Rüstungshersteller „ThyssenKrupp Marine Systems“ sechs U-Boote herzustellen und an die Türkei zu liefern.

Allerdings hat sich seitdem das Verhältnis zwischen den Staaten der Europäischen Union und der Türkei verändert. Seit einigen Jahren streiten sich beide Seiten immer wieder über Fragen in der Außen- und Sicherheitspolitik und die EU-Staaten werfen der Türkei vor, im eigenen Land demokratische Standards zu verletzen.

Keine Waffen an die Türkei

Die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke fordern deshalb in jeweils einem Antrag, dass deutsche Firmen keine Kriegswaffen mehr an die Türkei liefern dürfen. Das soll auch für Waffen gelten, die die Regierung bereits erlaubt hat, einschließlich der genehmigten U-Boote.

Beide Fraktionen fordern außerdem, dass sich Deutschland für ein europäisches Exportverbot von Waffen an die Türkei stark macht. Über die Anträge diskutierten die Abgeordneten kürzlich im Bundestag.

Grüne: „Sicherheit und Solidarität“

Die Grünen-Abgeordnete Katja Keul führte in ihrer Rede aus, dass im Jahr 2009, als die Genehmigung für den Export der U-Boote ausgesprochen wurde, „wir es es mit einer anderen Türkei zu tun hatten als heute.“ Besonders bedrohlich sei der aktuelle Konflikt mit Griechenland. Beide Staaten erheben Ansprüche auf Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer. Vergangenes Jahr drohte dieser Konflikt zu eskalieren, sogar Kriegsschiffe hatten die Türkei und Griechenland losgeschickt.

Dabei gehe es nicht nur um Gas, sagen die Grünen. Vielmehr wolle Präsident Erdogan seine Macht in der Region ausbauen. Die Grünen wollen deshalb die Genehmigung für die U-Boote widerrufen. Es gehe um europäische Sicherheit und Solidarität. „Für die Zukunft“, fügte Keul hinzu, „sollten wir uns besser vorher überlegen, ob wir derartige Genehmigungen überhaupt noch erteilen.“

CDU/CSU: „Keine leichtfertigen Entscheidungen“

Anders sieht das die CDU/CSU-Fraktion. Die Regierung verfolge beim Thema Rüstungsexporte eine zurückhaltende und verantwortungsvolle Politik, sagte Klaus-Peter Willsch. Über die Genehmigungen entscheide sie im Einzelfall und nach sorgfältiger Prüfung. Rückenwind bekam er von Fraktionskollegin Gisela Manderla. Sie sagte: Es gebe „keine pauschalen Urteile“ oder „leichtfertigen Entscheidungen“.

Außerdem dienten die Exporte in erster Linie „der militärischen Zusammenarbeit mit strategisch wichtigen Partnern“ und dazu zählten auch die Mitglieder der NATO. Das Militärbündnis bestehe aus 29 Ländern, darunter Deutschland und die Türkei, die sich untereinander unterstützten. Manderla sagte, solche Bündnisse seien heute dringlicher denn je. „Nur so kann in der Zukunft auch weiterhin Sicherheit, Frieden und Freiheit gewährleistet werden.“

AfD: „Vertragsbruch war noch nie eine gute Politik“

Auch die AfD-Fraktion sieht die Anträge kritisch. Zwar wende sich die Türkei unter Erdogan immer mehr vom Westen ab und verfolge einen „aggressiven Expansionskurs“, weshalb man vorübergehend einen zurückhaltenden Umgang mit neuen Rüstungsexporten befürworte, sagte Lothar Maier. Allerdings seien die diskutierten U-Boote „zu 95 Prozent bereits fertiggestellt.“ Die Forderung von Grünen und Linken nannte der AfD-Abgeordnete deshalb „überzogen“.

„Vertragsbruch war noch nie eine gute Politik.“ Statt die Genehmigung für die U-Boot-Lieferungen zurückzunehmen, brauche es eine umfassende Lösung in der Region. Die AfD unterstütze den Plan für eine Nahost-Konferenz, „die die Basis für eine friedliche Entwicklung in dieser von immer neuen Erschütterungen geplagten Region legen soll.“

FDP fordert europäische Abstimmung

Hagen Reinhold von der FDP-Fraktion sagte, „NATO-Partner, die wir brauchen, vor den Kopf zu stoßen, ist nicht die Politik, die wir machen.“ Zudem würde im Falle eines Abbruchs der Geschäfte ein anderes Land an die Stelle Deutschlands treten. „Sie treiben die Türkei zu denjenigen, in deren Armen Sie sie bestimmt nicht sehen wollen“, sagte Reinhold. Das sei ein größeres Risiko für die Sicherheitspolitik als die Verlässlichkeit innerhalb der NATO.

Allerdings brauche es eine „eindeutig europäisch abgestimmte Rüstungsexport-Politik“, so die FDP-Fraktion. Denn im Moment seien die europäischen Partner nicht einmal untereinander darüber einig, wer mit Kriegswaffen beliefert werde und wer nicht.

Linke: „Schlag ins Gesicht aller Demokraten“

Scharfe Kritik am Umgang der Bundesregierung mit der Türkei übte die Fraktion Die Linke. Die Türkei bedrohe Griechenland, halte einen Teil der Insel Zypern besetzt, befeuere blutige Konflikte in anderen Ländern und führe Krieg gegen das Volk der Kurden, sagte Sevim Dağdelen. „Aber die Bundesregierung lässt weiter Waffen liefern.“

Diese „Willfährigkeit gegenüber Erdogan“ sei ein Schlag ins Gesicht aller Demokratinnen und Demokraten. „Damit muss endgültig Schluss sein“, sagte die Linken-Abgeordnete. Wer weiter an die Türkei Waffen liefern lasse, „handelt entweder verantwortungslos oder setzt weiter bewusst auf diese Partnerschaft mit Erdogan aus finsteren geopolitischen Motiven.“ Eine Außenpolitik, die auf Menschenrechten und Völkerrecht basiere, sagte Dağdelen, sehe anders aus.

SPD: „Vertrauen und Verlässlichkeit“

Auf Gegenwind stoßen die Forderungen der Grünen und der Linken auch bei der SPD-Fraktion. Frank Junge meinte, mit der Lieferung der U-Boote erfülle Deutschland alte Verträge, „und das halte ich auch angesichts der Entwicklungen im östlichen Mittelmeer für die richtige strategische Entscheidung.“ Vertragstreue spiele schließlich eine entscheidende Rolle für Vertrauen und Verlässlichkeit.

Allerdings gibt es aus Sicht der SPD-Fraktion beim Umgang mit Rüstungsexporten generell Verbesserungsbedarf. Junge forderte unter anderem, dass die Bundesregierung das Parlament und die Öffentlichkeit transparenter über die Genehmigungen informieren müsse.

Die beiden Anträge wurden im Anschluss zur weiteren Beratung an den federführenden Wirtschaftsausschuss überwiesen. Die ganze Debatte könnt ihr im Video sehen.

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