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Proteste im Iran „Fest an der Seite der Frauen im Iran“

Wie kann Deutschland die Proteste für Freiheit und Gleichberechtigung gegen das iranische Regime unterstützen? Über diese Frage diskutierten die Abgeordneten am Mittwoch.

Junge Frau auf einer Demonstration hält ein Schild mit der Aufschrift 'Iran - Femme, Vie, Liberty' (auf Deutsch: 'Frau, Leben, Freiheit')

Weltweit gehen Menschen auf die Straße, um sich mit den Frauen im Iran zu solidarisieren – hier in Frankreich. © picture alliance/NurPhoto/Alain Pitton

Am 17. September starb eine junge iranische Frau im Gefängnis. Sie war wegen des Vorwurfs verhaftet worden, ihr Kopftuch nicht korrekt getragen zu haben. Seit diesem Tag gehen Menschen im Iran auf die Straße, um für Freiheit und Gerechtigkeit für Frauen zu protestieren. Frauen legen öffentlich ihre Kopftücher ab und schneiden sich ihre Haare ab. Das Mullah-Regime geht hart gegen die Demonstrationen vor. Es ist schwer zu überprüfen, wie viele Menschen genau bei den Protesten schon ums Leben gekommen sind, aber es scheinen deutlich über 100 zu sein.

Die Unionsfraktion fordert in einem Antrag die Bundesregierung auf, die iranische Protestbewegung „entschlossen“ zu unterstützen. Den Antrag debattierten die Abgeordneten am Mittwoch in erster Lesung.

Union: „Es gibt viel mehr, was wir tun können“

Im Antrag der CDU/CSU-Fraktion heißt es: „Die Unterdrückung der Frauen in der und durch die iranische Gesellschaft ist seit Jahrzehnten eine der größten systematischen Menschenrechtsverletzungen der Welt.“ Die Oppositionsfraktion fordert von der Bundesregierung unter anderem, den Menschen im Iran Zugang zu Kommunikationsmedien zu ermöglichen, damit sie sich informieren und organisieren können, oppositionelle Iraner im Exil in Deutschland bei ihrem Protest zu unterstützen und sich für einen Sonderrat der Europäischen Union zur Lage im Iran einzusetzen.

Katja Leikert (CDU/CSU) sprach in ihrer Rede im Plenum von fast 200 Toten, Tausende seien bei den Protesten im Iran verletzt und inhaftiert worden. Sie sei sich „ganz sicher, dass wir alle hier fest an der Seite der Frauen im Iran stehen“. Leider habe sie aber den Eindruck, dass die Bundesregierung und das Außenministerium allzu große Konflikte mit dem Iran scheuten. „Der Iran ist nicht erst seit den letzten Wochen ein Terrorregime, das Menschenrechte mit Füßen tritt“, konstatierte Leikert. Sie begrüße zwar, dass die Ampel-Koalition nun Sanktionen auf den Weg bringen wolle, es gehe aber „viel zu langsam“ voran. „Es gibt viel mehr, was wir tun können“, schloss Leikert.

SPD: „Der Mut dieser Frauen ist kaum fassbar“

Iran stehe „vor einer neuen Revolution“, sagte Gabriela Heinrich (SPD). Frauen stünden für ihre Rechte ein und Menschen weltweit solidarisierten sich mit ihnen. „Der Mut dieser Frauen ist kaum fassbar“, so Heinrich. Die Iranerinnen wollten Freiheit. Das sei auch ein wichtiges Ziel der „feministischen Außenpolitik“ der Ampel-Koalition. Von Gleichberechtigung profitierten alle, da sie zu einer stabileren Demokratie führe.

Als konkrete Maßnahmen zur Unterstützung im Iran nannte Heinrich Sanktionen, pragmatische Lösungen, um die Internet-Zensur zu umgehen und einen sofortigen Stopp von Abschiebungen in den Iran, die Innenministerin Nancy Faeser (SPD) ins Spiel gebracht habe. Der Antrag der Union, räumte sie ein, enthalte „interessante Vorschläge“, die sie gerne im Ausschuss weiter diskutieren wolle.

AfD: „Kümmern Sie sich um die Probleme in Deutschland!“

Stefan Keuter (AfD) nannte die Vorlage der Unionsfraktion einen „opportunistischen Scheinoppositionsantrag“. Die Bundesregierung wolle den „ideologischen Unfug jedes durchschnittlichen linken Aktivisten“ als „seriöse Politik verkaufen“, und die Union meine offenbar, „diesen infantilen Ungeist auch noch überbieten zu müssen“.

Seine Fraktion zolle „jedem Mädchen und jeder Frau“, die im Iran auf die Straße ginge, Respekt. Allerdings solle die Bundesregierung in den Augen der AfD zunächst in Deutschland gegen „Islamisierung, Ehrenmorde, Beschneidung von Mädchen und Zwangsehen“ vorgehen. „Kümmern Sie sich um die Probleme in Deutschland!“, forderte Keuter die Ampel-Koalition auf.

Grüne: „Wir bangen und hoffen mit den Menschen im Iran“

Lamya Kaddor (Bündnis 90/Die Grünen) betonte: „Wir bangen und hoffen mit den Menschen im Iran.“ Deshalb setze sich die Ampel-Koalition für den bereits erwähnten umgehenden Abschiebestopp für Geflüchtete aus dem Iran ein. Unionsgeführte Bundesländer stellten sich aber dagegen. Damit „entlarve“ die Union ihr „Kalkül“: Iranische Frauen sollten wohl beschützt werden, aber nicht hier in Deutschland, so Kaddor.

Zuletzt warnte Kaddor: „Wir dürfen die jahrelange Bemühungen um ein Atomabkommen nicht ad acta legen.“ Wenn der Iran eine Atommacht würde, wäre das ein gefährlicher „Gamechanger“ für den gesamten Nahen Osten.

Linke: „Solidaritätskundgebungen alleine reichen nicht aus“

Gökay Akbulut (Die Linke) forderte Unterstützung für die Demokratiebewegung im Iran. Die Bundesregierung müsse „ihrem Anspruch auf eine feministische Außenpolitik auch gerecht werden“. „Solidaritätskundgebungen alleine reichen nicht aus“, betonte Akbulut. Vielmehr müssten die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Auch Akbulut plädierte für einen Abschiebestopp und kritisierte die unionsgeführten Länder für ihren Widerstand dagegen. Laut Akbulut lebten 10.000 Iraner mit einer vorübergehenden Duldung in Deutschland. Ihnen müsse eine Aufenthaltsgenehmigung und damit „dauerhafter Schutz“ gewährt werden.

FDP: „Das Regime sieht seinem Ende entgegen“

Rainer Semet (FDP) nannte die Frauen, die im Iran für ihre Rechte einstünden, „todesmutig“. Sie verdienten „Solidarität ohne Wenn und Aber“. „Der Iran befindet sich an einem Punkt der Entscheidung“, so Semet. „Das Regime steht auf der Seite der Vergangenheit und sieht seinem Ende entgegen.“ Diese Entwicklung müsse Deutschland unterstützen, mit „harten Sanktionen gegenüber Profiteuren des Systems“, die oft im Ausland lebten, mit einem Verhandlungsstopp gegenüber dem Regime und mit dem Schutz iranischer Menschen hier in Deutschland. Das Thema verdiene „Geschlossenheit“ im Bundestag, mahnte Semet.

Der Antrag der Unionsfraktion wurde im Anschluss an die Debatte an den Auswärtigen Ausschuss überwiesen.

Hier seht ihr die Debatte im Video:

(jk)

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