Zum Inhalt springen

Berufseinblicke Girls’Day und Boys’Day im Bundestag

Moderatorin und Kamerafrau, Erzieher und Kaufmann für Büromanagement, Programmiererin und Parlamentspräsidentin: Diese Berufe lernten 30 Schülerinnen und Schüler gestern im Bundestag kennen.

Fernsehstudio, links ein Bildschirm, rechts Mädchen mit Kameras, in der Mitte Mädchen am Studiotisch

Normalerweise Schülerin, heute Moderatorin, Studiogast oder Kamerafrau: Teilnehmerinnen des Girls’Day. © Julia Karnahl

„Sind alle Handys stummgeschaltet? Die Regie ist klar. Jetzt bitte absolute Ruhe!“ Im Studio des Parlamentsfernsehens wird es still. Drei Kameras schwenken auf den Studiotisch, an dem eine Moderatorin und zwei Studiogäste stehen. Das Besondere: Die drei sind Schülerinnen. Auch hinter den Kameras und im Regieraum nebenan sind alle Positionen von Jugendlichen besetzt. Die Mädchen sind im Rahmen des Girls’Day in der Bundestagsverwaltung zu Gast und lernen gerade verschiedene Fernsehberufe kennen.

Wie ein Profi spricht Moderatorin Emma in die Kamera: „Herzlich willkommen bei dieser Sondersendung des Parlamentsfernsehens!“ Dann wendet sie sich ihren Interviewpartnerinnen zu: „Was wollt ihr denn später mal werden?“ Inken antwortet: „Genau weiß ich das noch nicht. Am liebsten was mit Sport.“ Und Shanice sagt: „Meine erste Wahl wäre Sängerin oder Schauspielerin. Aber falls das nicht klappt, habe ich ja heute noch mehr interessante Möglichkeiten kennengelernt.“

Vor ihrem Besuch im Fernsehstudio waren die Schülerinnen im Rechenzentrum und haben IT-Berufe vorgestellt bekommen. Die Jungs schauten sich währenddessen erst die Bundestagskita und dann verschiedene Ausschüsse an, wo sie mit Kaufleuten für Büromanagement sprachen. Denn Ziel der Aktionstage Girls’Day und Boys’Day ist, dass Mädchen in Berufe schnuppern, die häufiger von Männern ausgeübt werden, und umgekehrt.

Hat eine Bundestagspräsidentin irgendwann auch mal Freizeit?

Jetzt aber treffen sich alle Jugendlichen zu einem gemeinsamen Programmhöhepunkt im Paul-Löbe-Haus: Die Bundestagspräsidentin nimmt sich eine Stunde Zeit, um ihre Fragen zu beantworten. Schließlich hat sie einen enorm spannenden Beruf. Und, so vermuten die Jugendlichen, einen vollen Terminkalender. „Es ist sicherlich manchmal anstrengend“, räumt Bärbel Bas ein. „Aber es ist toll, die zweite Frau im Staat zu sein. Das ist mir eine große Ehre.“

Emma fragt nach einem typischen Tagesablauf der Präsidentin an einem Sitzungstag. Um acht Uhr kommt der Fahrer, der sie ins Büro bringt, berichtet Bas. Um neun geht es im Plenum los. Zwei Stunden lang leitet sie dann die Debatte, bevor sie abgelöst wird. Danach ist Zeit für Gespräche, mit Präsidenten, Botschaftern oder eben auch mal mit Jugendlichen. Um zwölf Uhr folgt heute die Vorbesprechung für den Ältestenrat, den sie ab 13 Uhr leitet. Am Nachmittag steht ein Gespräch mit Vizepräsidentin Yvonne Magwas an, die sich Gedanken darüber gemacht hat, wie junge Abgeordnete mit Kindern besser unterstützt werden könnten. Am Abend ist die Präsidentin dann noch für ein Grußwort zu einem Empfang in der hessischen Landesvertretung eingeladen. Und dann ist ein langer Tag vorbei.

Inken ist beeindruckt und möchte wissen, ob man als Parlamentspräsidentin überhaupt auch Freizeit habe. Die Antwort: ein klares „Jein“. Natürlich gebe es auch ab und zu mal Tage, an denen sie keine Termine wahrnehme. Aber: „Es kann immer etwas passieren. Ich muss immer erreichbar sein und Entscheidungen treffen können. Deshalb bleibt mein Handy immer an, auch nachts.“

Gruppenbild Jugendliche mit der Bundestagspräsidentin

Gruppenbild mit Parlamentspräsidentin. © DBT/Stella von Saldern

Wie steht Bärbel Bas zum Klimawandel?

Shanice interessiert ein ganz anderes Thema: „Wie stehen Sie zum Klimawandel?“ Die Bundestagspräsidentin erzählt, sie sei erst im März auf Einladung des norwegischen Parlamentspräsidenten unter anderem in der Arktis gewesen. „Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie die Gletscher schmelzen.“ Das habe ihr noch mal verdeutlicht, wie massiv der Klimawandel unsere Ökosysteme und die Artenvielfalt von Tieren sowie Pflanzen bedrohe. „Auch der Polarbär ist vom Aussterben bedroht“, so Bas.

„Wir müssen jetzt alles tun, um nachhaltig zu leben, zu arbeiten und zu wirtschaften“, ist die Präsidentin überzeugt. „Und wir haben nicht mehr viel Zeit.“ Deshalb sei es so wichtig, schneller die erneuerbaren Energien auszubauen und die Industrie zu transformieren. Ihre Heimatregion, das Ruhrgebiet, setze beispielsweise zunehmend auf grünen Wasserstoff.

Auf dem Instagram-Kanal der Bundestagspräsidentin gibt es übrigens eindrucksvolle Fotos von der Norwegen-Reise zu sehen. Ihr findet ihn unter @bundestagspraesidentin

Was braucht eine Bundestagspräsidentin? Humor, Selbstbewusstsein und starke Nerven

Jonas möchte wissen, welche Eigenschaften eine Parlamentspräsidentin haben sollte. „Humor hilft, um heftige Debatten zu entschärfen. Und natürlich braucht man starke Nerven. Man darf Anfeindungen nicht zu sehr an sich heranlassen.“ Eine dritte Eigenschaft findet sie noch wichtig: „Ein bisschen Selbstbewusstsein braucht man auch, weil man sich hier schon durchsetzen muss – als Frau sowieso.“

An die letzte Bemerkung knüpft Inken an und fragt die Präsidentin, ob sie sich schon mal aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt gefühlt habe. „Ich glaube, viele Frauen haben auf ihrem politischen Weg die Erfahrung gemacht, dass man sie weniger ernst nimmt als die Männer“, antwortet Bas. Und noch etwas ärgert sie: „Bei Frauen wird viel stärker auf das Äußere geachtet. Da kommt in den sozialen Medien schon mal ein abfälliger Kommentar über die Frisur, die Schuhe oder das Gewicht. Da muss man irgendwann lernen zu sagen: Ich stehe zu mir und ziehe mein Ding durch.“

Diesen Rat gibt die Präsidentin nicht nur den Mädchen mit. Allen Jugendlichen wünscht sie für ihren weiteren Werdegang viel Erfolg. „Vielleicht sehe ich den einen oder die andere von euch ja später wieder im Politikbetrieb – ich würde mich freuen.“

Mehr zum Thema