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NATO-Tagung „Schweden und Finnland sind eine Bereicherung“

Charlotte Hahn

Kürzlich kamen Parlamentarier der NATO-Staaten zusammen, um über den Krieg in der Ukraine zu beraten. Marja-Liisa Völlers (SPD) war dabei und hat mitmischen-Autorin Charlotte anschließend von den Ergebnissen berichtet.

Portrait der Abgeordneten Marja-Liisa Völlers

„Wir begleiten mit eigenen Ideen und Impulsen die Arbeit der Nato“, so beschreibt Marja-Liisa Völlers (SPD) die Aufgabe der Parlamentarischen Versammlung. © Photothek

Sie waren letzte Woche auf der Frühjahrstagung der Parlamentarischen Versammlung der Nato in Litauen. Was genau ist das für ein Gremium?

Das ist eine Versammlung, in die alle Mitgliedsländer der Nato Parlamentarierinnen und Parlamentarier mit Stimmrecht entsenden. Die deutsche Delegation besteht zu zwei Dritteln aus Abgeordneten des Bundestags. Größere Fraktionen haben dabei mehr Mitglieder in der Delegation und die kleineren entsprechend weniger. Das andere Drittel besteht größtenteils aus Innenministerinnen und Innenministern aus den Bundesländern. Andere Staaten, wie aktuell zum Beispiel Finnland, sind als Gäste dabei.

Insgesamt kommen so weit über hundert Leute zusammen, die sich über Sicherheitsfragen austauschen. Die Parlamentarische Versammlung begleitet mit eigenen Ideen und Impulsen die Arbeit der Nato.

Ein zentrales Thema war der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Welche Punkte wurden diesbezüglich diskutiert?

Bei der Parlamentarischen Versammlung der Nato gibt es sowas wie den „Aufsichtsrat“: den Ständigen Ausschuss. Dort haben wir uns mit der Resolution „Standing with Ukraine“ beschäftigt. Deren Ziel ist, dass die Nato weiterhin Solidarität mit der Ukraine zeigt. Außerdem haben wir das Verhalten Russlands noch mal deutlich kritisiert. Am Schluss wurde diese Resolution in der Plenarsitzung von allen Teilnehmenden verabschiedet.

Aber auch in den einzelnen Ausschüssen spielte es in jeder Diskussion eine große Rolle, dass Putin Völkerrecht gebrochen hat, in die Ukraine einmarschiert ist und dort diesen brutalen Angriffskrieg führt.

Sie würden also sagen, dass es eine klare gemeinsame Meinung gab?

Ja. Diese gemeinsame Meinung umfasst, dass Putin den Krieg begonnen hat, dass Russland der Aggressor ist, dass Russland diesen Krieg sofort einstellen und sich aus der Ukraine zurückziehen muss. Wir wollen natürlich versuchen, die Ukraine auf dem für uns bestmöglichen Weg zu unterstützen. Sei es durch Waffenlieferung, sei es durch die Aufnahme von Geflüchteten oder eben auch durch diplomatische Unterstützung.

Viele Jugendliche in Deutschland sind mit Blick auf die Ukraine-Krise erschüttert. Haben Sie einen Rat, wie man mit der Informationsflut sinnvoll umgehen kann, ohne sich zu sehr damit zu belasten?

Ich bin ja selbst Lehrerin. Bevor ich Abgeordnete wurde, habe ich über fünf Jahre unterrichtet. Von daher war die Frage, welche Informationswege junge Leute wählen sollten, für mich immer schon ein Thema. Grundsätzlich würde ich deutsche Medien empfehlen, Medien aus freien Ländern sind natürlich in ihrer Berichterstattung allem vorzuziehen, was aus Russland kommt. Es herrscht zwischen Russland und der Ukraine auch ein Informationskrieg. Die Falschinformationen, die in Russland verbreitet werden, werden in den Medien weitertransportiert. Deswegen würde ich auf jeden Fall zu deutschen Qualitätsmedien raten, also die öffentlich-rechtlichen Medien, aber auch die seriösen privaten. Die Internetseite „schau hin“ ist ebenfalls empfehlenswert, eine Initiative unter anderem des Familienministeriums. Prinzipiell kann man immer eine Quellenkritik durchführen. Man sollte sich also fragen, was ist das für eine Quelle, wer steckt dahinter und was möchte die Quelle bei mir mit ihren Informationen erreichen?

Wichtig ist auch, das Thema in der Schule anzusprechen. So können die Schülerinnen und Schüler miteinander über ihre Sorgen, Nöte und Ängste sprechen und die Lehrkräfte können sie unterstützen.

Finnland und Schweden möchten angesichts des Verhaltens Russlands der Nato beitreten. Welche Bedeutung hätte dieser Schritt für die Nato?

Es ist ein großer Schritt für die Nato, weil wir mit Finnland und Schweden zwei Staaten in die Nato-Familie aufnehmen würden, die geographisch immer schon an das Nato-Gebiet heranreichen. Norwegen ist ja schon seit vielen Jahren Nato-Mitgliedstaat. Die beiden Nachbarstaaten Finnland und Schweden haben dagegen immer sehr viel Wert auf militärische Neutralität gelegt. Finnland hat eine über tausend Kilometer lange Landesgrenze zu Russland, fühlt sich seit vielen Jahren bedroht und ist daher im Verteidigungswesen sehr gut aufgestellt. Deswegen sind unsere Kolleginnen und Kollegen aus Finnland, aber auch die aus Schweden, eine große Bereicherung für die Verteidigungsallianz. Nach einem Beitritt wäre dann im Prinzip der nordatlantische Raum beziehungsweise Nordeuropa geschlossen in der Nato vertreten.

Übrigens waren Finnland und Schweden, obwohl sie derzeit noch keine Mitgliedstaaten sind, auch mit kleinen Delegationen bei der Parlamentarischen Versammlung der Nato vertreten. Das gilt auch für andere Länder, mit denen wir eng zusammenarbeiten. Sie nehmen an den Beratungen teil, dürfen aber nicht mit abstimmen.

[Anmerkung der Redaktion: Seit dem 4. April 2023 ist Finnland Mitglied der NATO, auch Schweden ist dem Bündnis zum 7. März 2024 beigetreten.]

Welche anderen Themen wurden bei der Frühjahrstagung noch besprochen?

Wir haben uns auch mit Themen wie dem internationalen Terrorismus oder die Bedrohung aus dem Cyber-Raum beschäftigt, die ja nicht plötzlich verschwunden sind, auch wenn der Hauptfokus auf dem Krieg in der Ukraine lag.

Was ich als neues Mitglied der Versammlung auch ganz spannend fand war, wie viele Leute sich da seit vielen Jahren kennen und wie schön es für viele war, sich nach Corona mal wieder persönlich treffen und austauschen zu können.

Zur Person

Marja-Liisa Völlers, geboren 1984, schloss ihr Lehramtstudium an der Universität Bielefeld ab und arbeitete unterrichtete später Englisch und Geschichte. 2009 trat sie der SPD bei und ist seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestags. Dort ist sie unter anderem Mitglied im Verteidigungsausschuss und im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Außerdem ist sie stellvertretende Delegationsleiterin der Parlamentarischen Versammlung der Nato. Mehr erfahrt ihr auf ihrem Profil auf bundestag.de.

Zur Person

Porträt einer jungen Frau
mitmischen-Autorin

Charlotte Hahn

ist 16 Jahre alt, lebt in Dresden und besucht momentan die 10. Klasse eines Gymnasiums. Sie interessiert sich für Politik, Literatur und Film, unternimmt in ihrer Freizeit gerne Dinge mit Freunden, Freundinnen und Familie oder liest neue Bücher. Außerdem spielt sie Gitarre und Klavier und genießt es, sich mit anderen Menschen über aktuelle Themen auszutauschen.

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