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Corona-Pandemie Wen, wo und wann wollen wir impfen?

Eric Matt

Noch diese Woche möchte die Europäische Kommission grünes Licht für einen Corona-Impfstoff geben. Wie geht es dann in Deutschland weiter? Zur Impfstrategie fand im Bundestag eine Aktuelle Stunde statt.

Junge Frau bekommt eine Spritze

Bevor ihr euch gegen das Coronavirus impfen lassen könnt, sind erst einmal beispielsweise die Menschen über 80 Jahre oder Pflegekräfte dran. © shutterstock.com/TANYARICO

Die Corona-Pandemie hat im Jahr 2020 viele unserer Pläne durchkreuzt. So manches Konzert wurde abgesagt, Schulstunden und Vorlesungen fielen aus, Verwanschaftsbesuche wurden verschoben. Damit nun einiges davon wieder stattfinden kann, hoffen viele auf einen Impfstoff. Und langsam erscheint Licht am Ende des Tunnels: Noch heute möchte die EU-Arzneimittelbehörde EMA bekanntgeben, ob ein Corona-Impfstoff zugelassen werden kann. Morgen oder übermorgen könnte die Europäische Kommission dann grünes Licht geben.

Und dann? Wann können die Impfungen beginnen, wer wird zuerst geimpft, wo finden die Impfungen statt? Über diese Fragen der sogenannten „Nationalen Impfstrategie“ haben die Abgeordneten des Deutschen Bundestages vergangenen Freitag in einer Aktuellen Stunde debattiert.

Bundesregierung: „Impfen ist der Weg aus der Pandemie“

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte, der Impfstoff gebe „Anlass für Zuversicht“, er sei „der Weg raus aus dieser Pandemie“. In den USA, in Kanada oder in Großbritannien wird bereits geimpft. Dort wurde der Impfstoff jeweils notzugelassen. Die Bundesregierung habe sich aber „sehr bewusst gegen eine Notzulassung entschieden“, sagte Spahn. Durch eine Notzulassung hätte man mit dem Impfen zwar schneller beginnen können, gleichzeitig aber hätten dann langfristige Studien zu Sicherheit und Wirkung gefehlt.

Und wer soll nun als Erstes an der Reihe sein, wenn es auch in Deutschland und der EU soweit ist. Dazu sagte Spahn: Als Erstes würden „die besonders Verwundbaren, die Älteren, die Menschen in den Pflegeheimen, die über 80-Jährigen, diejenigen, die sie pflegen und unterstützen“ geimpft werden.

CDU/CSU: „Wunderbares Weihnachtsgeschenk“

Auch Karin Maag von der Fraktion CDU/CSU begrüßte die Sorgfalt der Europäischen Arzneimittelbehörde. Sie finde es „geradezu absurd, in einem derart sensiblen Umfeld wie dem Impfen einen Wettbewerb um die schnellste Zulassung zu starten“.

Sollte die Europäische Kommission den Impfstoff in den nächsten Tagen zulassen, so sei das „schlicht ein wunderbares Weihnachtsgeschenk“. Gleichzeitig betonte Maag: „Es gibt keine Impfpflicht.“

SPD: „Sicherheit vor Schnelligkeit“

Gründichkeit im Zulassungsverfahren war auch Sabine Dittmar von der SPD-Fraktion wichtig. Selbst wenn es seine Zeit brauche, es gehe immer „Sicherheit vor Schnelligkeit“. Eine Notzulassung wäre deshalb auch aus ihrer Sicht der falsche Weg: „Weil so viel vom Vertrauen in die Impfung abhängt, ist es wichtig, die klinischen Daten intensiv zu prüfen und ein reguläres Zulassungsverfahren zu durchlaufen.“

Bei der Frage, wer zuerst geimpft werden soll, vertraute Dittmar den Experten: Deren „Impfempfehlungen werden wissenschaftlich, epidemiologisch und ethisch begründet“.

AfD: „Impfbereitschaft sinkt“

Der AfD-Abgeordnete Paul Viktor Podolay hingegen kritisierte, dass die deutsche „Impfstrategie von mangelnder Weitsicht“ sei. Die Impfbereitschaft der deutschen Bevölkerung sinke kontinuierlich und sei vor allem bei Ärzten und Pflegekräften, also denjenigen, die an der Covid-Front kämpfen, besonders gering.

Podolay fragte: „Was passiert, wenn die Impfbereitschaft niedrig bleibt oder sogar noch weiter zurückgeht? Bleiben wir dann für immer im Lockdown?“ Wichtig sei es nun, so der Abgeordnete, nach Alternativen für einen Impfstoff zu suchen. Als Beispiele nannte er passende Arzneimittel und sonstige Therapien, die „eine Impfung obsolet machen würden“.

FDP: „Impfstrategie im Hauruckverfahren“

Stephan Thomae von der FDP-Fraktion bezeichnete es als „sehr gute Nachricht“, dass durch den Impfstoff wichtige Grundrechte zurückgegeben werden könnten. Er kritisierte jedoch, dass die Bundesregierung die „Impfstrategie im Hauruckverfahren“ und „ohne Beratung im Parlament, ohne öffentliche Debatte, ohne förmliches Gesetz“ erlassen wolle.

Der Bundestag müsse unbedingt stärker eingebunden werden, forderte Thomae. Alles andere sei „politisch inakzeptabel und verfassungsrechtlich höchst bedenklich“. Bürgerinnen und Bürger sollten nicht „das Gefühl haben, etwas wird in Hinterzimmern entschieden“.

Linke: „Impfen ist Vertrauenssache“

Ähnlicher Meinung war Gesine Lötzsch von der Fraktion Die Linke: Impfen sei Vertrauenssache, sagte sie. Dies aber „schafft man nur mit Transparenz und demokratischer Willensbildung in Parlamenten, also vor den Augen der Öffentlichkeit“.

Ebenso wichtig sei, bei der Verteilung der Impfstoffe nicht nur „medizinischen, ethischen und rechtlichen“, sondern auch sozialen Kriterien zu folgen. „Ärmere Menschen sind besonders stark von Covid-19 betroffen. Und Menschen, die Hartz IV beziehen, hatten ein um 84 Prozent erhöhtes Risiko, mit der Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden zu müssen“, so Lötzsch.

Grüne: Impfen ist noch kein „Sieg über das Virus“

Der Grünen-Abgeordnete Janosch Dahmen lobte den Impfstoff als einen „beeindruckenden Erfolg der Wissenschaft“ und als ein „Zeichen für eine funktionierende internationale Forschungszusammenarbeit“. Er warnte aber ebenso davor, „den Beginn der Impfung zum Sieg über das Virus zu verklären“. Das Coronavirus sei dadurch nicht automatisch weg.

Für die Zeit, in der noch nicht ausreichend Menschen geimpft sein werden, brauche es eine Übergangsstrategie, forderte Dahmen, der außerdem wenig Verständnis für Verschwörungsmythen zeigte: „Es macht mich fassungslos, wenn mit Halbwahrheiten und Schreckensgeschichten der Impfstoff in den Dreck gezogen werden soll.“

Die gesamte Debatte über die Umsetzung der Nationalen Impfstrategie könnt ihr euch im Video anschauen.

Zur Person

Portraitfoto von mitmischen-Autor Eric Matt
mitmischen-Autor

Eric Matt

... ist 22 Jahre alt und studiert an der Universität Konstanz Politik- und Verwaltungswissenschaften. Zurzeit macht er ein Auslandssemester in Israel.

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