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AfD „Der Entwurf ist eine Enttäuschung“

Laura Heyer

Jeder sollte die Chance bekommen, seine Interessen einzubringen, sagt Thomas Seitz. Warum Demokratie sogar Lobbyismus braucht, aber er als Oppositions-Politiker für Lobbyisten nicht so interessant ist, erfahrt ihr im Interview.

Portrati Thomas Seitz

Der aktuelle Gesetzentwurf ist eher ein Fahrradweg statt der Autobahn, die es bräuchte, sagt Thomas Seitz (AfD).©Thomas Seitz

Herr Seitz, lassen Sie sich von Lobbyisten beeinflussen?

Als Angehöriger einer Oppositionsfraktion wird man selten von Lobbyisten angesprochen. Die Regierungskoalition bestimmt die Gesetzgebung und die Opposition ist da von geringerem Interesse, weil man keinen direkten Einfluss nehmen kann. Generell würde ich mir aber jedes Argument von Interessenvertretern anhören – ob ich es dann in meine Entscheidung aufnehmen würde, hinge natürlich davon ab, wie sehr es mich inhaltlich überzeugt.

Ist die Arbeit der Abgeordneten ohne Interessenvertreter, die ihre Argumente vorbringen, überhaupt denkbar?

Nein, ich denke nicht. Es ist wichtig, vom Elfenbeinturm der Politik herunterzusteigen und andere Aspekte und Argumente wahrzunehmen. Oft sind Themen auch sehr speziell und man kann sie erst verstehen, wenn sie von Fachleuten aus der Praxis konkret vorgetragen und erklärt werden. Ein Verzicht auf Lobbyismus wäre eine schlechte Alternative für die Demokratie.

Das Image von Lobbyismus ist eher schlecht – zu Recht?

In der Öffentlichkeit wird oft nur wahrgenommen, wenn etwas falsch läuft. Das passiert, wenn nicht transparent zu erkennen ist, wer Einfluss auf eine Entscheidung in der Politik genommen hat oder wenn unlautere Mittel eingesetzt werden. Aber die notwendige Seite von Lobbyismus, nämlich den Austausch von Informationen zu fördern, wird leider oft nicht wahrgenommen.

Aus meiner Sicht wäre es wichtig, dass jeder erkennen kann, dass auf die Politik Einfluss genommen wird. Gleichzeitig sollten aber auch alle Menschen die gleichen Chancen bekommen, ihre Themen einzubringen.

Was halten Sie vom vorliegenden Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD für ein Lobbyregister, in das sich Lobbyisten eintragen müssen?

Der Entwurf ist eine Enttäuschung. Das hat drei Gründe: Erstens die Beschränkung auf das Parlament. Es müssten auch die Regierung und die Ministerien einbezogen werden. Zweitens muss es die Verpflichtung zu einem legislativen Fußabdruck geben. Das heißt, wenn spezielle Themen Eingang in die Gesetzgebung gefunden haben, vielleicht auch über bestimmte Formulierungen von Interessenvertretern, dann muss das kenntlich gemacht werden.

Und der dritte Punkt sind die Ausnahmen, die die Regierung im aktuellen Entwurf vorsieht. Im Wesentlichen geht es hier um die Rolle der Kirchen und der Gewerkschaften. Die Kirchen sind auch Arbeitgeber, weil sie zum Beispiel Kindergärten oder Krankenhäuser betreiben. Dann kann es aber nicht sein, dass sie besondere Rechte eingeräumt bekommen und sich nicht registrieren müssen.

Ihre Fraktion hat einen eigenen Antrag vorgelegt: Wo sind die Unterschiede zu dem, was die Koalition vorschlägt?

Im Wesentlichen sind es genau die drei oben genannten Punkte, in denen wir Nachbesserungen fordern. Im Detail kann man natürlich über die Ausgestaltung streiten – aber der aktuelle Entwurf der Koalition ist ein wenig so wie der Versuch, einen Fahrradweg zu bauen, wenn man eine Autobahn braucht.

Hat Ihnen ein Lobbyist schon einmal ein unlauteres Angebot unterbreitet oder haben Sie von Kollegen etwas Derartiges gehört?

Nein und auch von Kollegen habe ich dazu noch nichts gehört. Wir sind als Fraktion eher von den anderen Fraktionen isoliert und daher für Lobbyisten uninteressant. Als Lobbyist spricht man mit der Regierung oder den Abgeordneten, die die Regierung unterstützen, um auf die Gesetzgebung Einfluss zu nehmen.

Über Thomas Seitz

Thomas Seitz ist Jurist und Mitglied der AfD. Der 53-Jährige sitzt seit 2017 im Deutschen Bundestag und ist Obmann im Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung. Mehr erfahrt ihr auf bundestag.de.

(jk)

Zur Person

Mitmischen-Autorin

Laura Heyer

hat in Heidelberg Geschichte studiert, in Berlin eine Ausbildung zur Journalistin gemacht und ist dann für ihre erste Stelle als Redakteurin nach Hamburg gegangen. Dort knüpft sie nun Netzwerke für Frauen. Aber egal wo sie wohnt – sie kennt immer die besten Plätze zum Frühstücken.

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