Zum Inhalt springen

Mein Jahr in Wisconsin „Amerikaner sind eher wie Pfirsiche“

Show-Chor-Wettbewerbe, Musikvideos produzieren, Fast-Food-Fressmeile: Was Lars (17) als Teilnehmer des Parlamentarischen Patenschafts-Programms des Bundestages in den USA noch so alles erlebt, hat er Mira im Interview erzählt. Außerdem erklärt er, was Amerikaner mit Pfirsichen gemein haben.

Collage: Bilder von Lars an seiner Highschool

Lars genießt in den USA das amerikanische Leben. Dazu gehören Highschool-Activities wie Chor-Proben, Präsentationen im Deutschunterricht und natürlich Autos. © privat

Wo lebst du genau und seit wann bist du dort?

Ich bin seit dem 04. August 2021 in La Crosse, Wisconsin. Das liegt im Norden der USA, ein bisschen östlich. Bis Mitte Juni geht mein Exchange Year noch. Das ist gar nicht mehr so lang.

Bist du schon etwas wehmütig, wenn du an den Abschied denkst?

Ich freue mich natürlich darauf, meine Eltern und Freunde in Deutschland zu sehen. Auf der anderen Seite habe ich hier auch viele Freundschaften geschlossen, die ich jetzt mehr oder weniger aufgeben muss.

Warum hast du dich für das Parlamentarische Patenschafts-Programm (PPP) beworben?

Die Idee, einen Schüleraustausch zu machen, hatte ich, weil der Sohn von Freunden meiner Eltern im Ausland gewesen ist. Was der erzählt hat, klang nach einer mega guten Erfahrung. Dann habe ich vom PPP gehört. Das Programm hat der Idee noch etwas mehr Bedeutung verliehen, weil man hier wirklich als Junior-Botschafter im Einsatz ist, also Deutschland gewissermaßen vertritt.

Hast du dir dein Leben vor Ort in etwa so vorgestellt, wie es jetzt ist?

Teils, teils. Manche Dinge sind genauso, wie man das aus Filmen und Serien kennt. Wenn man in die Schule kommt, stehen da zum Beispiel direkt die typischen Spinde rechts und links. Außerdem gibt es in La Crosse die Fast-Food-Fressmeile, die man in jeder amerikanischen Stadt finden kann.

Aber von anderen Dingen hatte ich noch nie etwas gehört: Ich war hier zum Beispiel im „Show Choir“. Das ist ein Chor, in dem man singt und eine Choreografie einstudiert. Bei Wettbewerben performt man dann fünf Songs und kann ähnlich wie bei den bekannten Highschool-Sportarten Pokale gewinne. Das war neu für mich und ich fand es total cool.

Kannst du uns drei Dinge nennen, die ganz anders als in Deutschland sind?

Da fällt mir sofort das Thema Autos ein. Die werden hier sehr viel öfter und anders genutzt als in Deutschland. Es ist ganz normal, zwei Stunden irgendwo hinzufahren und am selben Tag wieder zurückzufahren. In Deutschland würde man da wohl eher eine Nacht vor Ort schlafen und am nächsten Tag die Heimreise antreten.
Außerdem ist mir aufgefallen, dass Merchandise hier überall und auf kleinem Level stattfindet. Damit meine ich bedruckte T-Shirts und Sweatshirts. Ich habe unzählige T-Shirt von Events, an denen ich teilgenommen habe, bekommen. Auch in der Schule ist es normal, mit dem Schul-Logo auf der Brust herumzulaufen.
Und natürlich sind die Amerikaner schon sehr anders als die Deutschen. Ich habe im Rahmen des PPP eine Präsentation an der Schule gehalten und da habe ich es so beschrieben: Die Amerikaner sind eher wie ein Pfirsich, die Deutschen wie eine Walnuss. Bei Amerikanern trifft man zuerst auf eine etwas weichere Oberfläche, man kann sich sofort gut unterhalten. Aber später gibt es dann auch einen härteren Kern und es kann dauern, eine Freundschaft aufzubauen. Bei den Deutschen ist das eher andersherum: Man muss erstmal die harte Schale durchdringen, aber wenn man das geschafft hat, hat man eine gute stabile Verbindung.

Wie ist das Zusammenleben mit deiner Gastfamilie? Welche Dinge unternehmt ihr gemeinsam?

In meiner Gastfamilie wurde ich enorm herzlich aufgenommen. Ich lebe mit meinen Gasteltern und meinem Gastbruder zusammen, Benji ist 15. Wir machen viel gemeinsam, teilweise auch längere Ausflüge. Letztens waren wir für zehn Tage in West Virginia.

Meine Gastfamilie und ich sind das perfekte Match. Wir sind alle sehr musikinteressiert. Meine Gastmutter veranstaltet zum Beispiel regelmäßig eine Karaoke-Show hier in einer Bar. Ich selbst mache schon seit ich klein bin Musik, in Deutschland war ich lange im Chor. Mein Gastbruder spielt sehr gut Klavier.

Gemeinsam mit ihm produziere ich Musikvideos für meine Songs. Das macht total viel Spaß, wir ticken kreativ nämlich sehr ähnlich. Gerade arbeite ich an einem Album, auf dem es um meinen Austausch hier geht. Für den Song „Homesick“ wollen wir zusammenarbeiten, er soll Klavier spielen und ich singe.

Heimweh ist ein gutes Stichwort. Kämpfst du manchmal damit?

Ich habe am Anfang sehr, sehr stark damit gekämpft. Am ersten Tag hatte ich direkt eine Heimweh-Attacke und habe mich überfordert gefühlt. Aber das hat schnell und stetig abgenommen. Es gibt natürlich immer wieder Hochs und Tiefs, aber beispielsweise an Weihnachten hatte ich kaum Heimweh, das ging vielen anderen Austauschschülern anders.

Was kannst du künftigen Austauschschülerinnen und Austauschschülern mit auf den Weg geben – vielleicht auch im Umgang mit Heimweh?

Was mir immer hilft, wenn ich down bin, ist meine Gastmutter zu umarmen. Ich glaube, Umarmungen helfen grundsätzlich sehr. Natürlich muss man gucken, ob das in die Gepflogenheiten der Gastfamilie passt. Außerdem finde ich es hilfreich, sich in Heimweh-Momenten klarzumachen, dass man auch hier in einer emotional sicheren Situation ist.

Vor Abreise würde ich dazu raten, sich darüber bewusst zu werden, dass man auf jeden Fall mit Erwartungen ins Austauschjahr geht – auch wenn man noch so sehr versucht, keine zu haben. Ich wollte mir nicht eingestehen, dass ich Erwartungen habe und habe dann festgestellt, dass es doch welche gab, als ich sie über den Haufen werfen musste. Also: Stell dich darauf ein, dass du Erwartungen hast und hab keine Angst, dich von ihnen zu lösen.

Wichtigste „Lesson Learned“, die du mit nach Hause nimmst?

Ich habe gelernt, dass es wichtig ist, sich nicht so stark unter Druck zu setzen. Bevor ich hergekommen bin, habe ich mich zum Beispiel in Bezug auf meine Musik sehr gestresst. Da bin ich häufig enttäuscht gewesen, wenn ich nur wenige Klicks auf meine Videos bekommen habe. Und jetzt habe ich gemerkt, dass gar nichts Schlimmes passiert, wenn man das Leben einfach etwas mehr genießt.

Außerdem habe ich gelernt, dass der Kontakt zu anderen Menschen wichtiger ist als Karriere oder solche Werte. Beziehungen mit anderen Menschen sind wohl das Wichtigste, das man im Leben hat. Ich bleibe mit Sicherheit auch mit meiner Gastfamilie in Kontakt und besuche sie irgendwann wieder. Auf den Moment, alle wieder zu sehen, freue ich mich schon jetzt.

Über Lars

Lars ist 17 Jahre alt und kommt aus Geretsried in Bayern. Dort besucht er das Gymnasium Geretsried, in den USA geht er zur Logan High School in La Crosse, Wisconsin. In seiner Freizeit widmet er sich der Musik- und Video-Produktion sowie 3D-Animation, einen Song über sein Exchange Year findet ihr hier. Seine Berufswünsche für später: Musik-Produzent, Regisseur, Executive Producer – hauptsache im Bereich Entertainment.

(Mira Knauf)

Mehr zum Thema