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Erlebnisbericht Flugzeug-Gespräche mit dem Bundespräsidenten

Marius ist vor Kurzem aus Boston zurückgekommen. Als Alumni des Stipendien-Programmes des Bundestages begleitete er Bundespräsident Steinmeier beim Staatsbesuch in die USA.

Gruppenbild mit Bundespräsidenten

Marius (ganz links) mit Frank-Walter Steinmeier und dessen Frau Elke Büdenbender. Auch die Stipendiaten Charlotte (links), Clara (rechts) und Martin (Mitte) durften den Bundespräsidenten auf seiner Reise begleiten. © Guido Bergmann/Bundesregierung

Eine ganz besondere E-Mail

Das letzte Schuljahr verbrachte ich mit dem Parlamentarischen Patenschafts-Programm des Bundestages in den USA. Ziel des Stipendiums ist es, den kulturellen und politischen Austausch zwischen Jugendlichen auf beiden Seiten des Atlantiks zu fördern. Dieses Jahr in den USA hat mir gezeigt, wie wertvoll gegenseitiges Verständnis ist.

Als ich nach meiner Rückkehr gerade wieder damit begonnen hatte, die Schulbank in Deutschland zu drücken, erreichte mich eine ganz besondere überraschende E-Mail. Der Betreff: „Begleitung des Bundespräsidenten nach Boston“.

Ich erfuhr, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine Reise zum offiziellen Ende des sogenannten Deutschlandjahres in den USA plante. Deutschlandjahre sind ein Format der Außenpolitik unseres Landes. Sie sind eine Kultur- und Kommunikationskampagne, die das Auswärtige Amt regelmäßig in anderen Staaten durchführt.

Diesmal also USA und der Abschluss in Boston. Und ich hatte das große Glück, dass der Bundespräsident jugendliche Begleiter mitnehmen wollte und sein Team dabei über das Stipendien-Programm des Bundestages auf mich aufmerksam geworden war.

Im Flugzeug neben dem Bundespräsidenten

Das war wirklich eine große Ehre für mich. Die Delegation aus Vertretern der Bereiche Forschung, Kultur, Wirtschaft und einige Jugendliche flog am 30. Oktober nach Boston. Während des Hinflugs hatte ich die erste Gelegenheit, mich mit dem Bundespräsidenten und seiner Frau Elke Büdenbender über meine Erfahrungen auszutauschen. Sie erkundigten sich, wie es der Jugend in den USA aktuell gehe, und waren sehr interessiert an deren Einstellungen gegenüber ihrem Land.

Ich nehme es so wahr, dass in der Jugendkultur weltweit gerade ein Umdenken zu spüren ist, was Verantwortung und Zukunftsvisionen angeht. Wir sehen es im Libanon und Venezuela, wo viele junge Menschen auf die Straße gehen, um mehr Demokratie einzufordern. Wir sehen die Anti-Waffenproteste in den USA und Fridays for Future auf der ganzen Welt.

Wir sehen aber auch, dass Populismus und Polarisierung vor Pausenhöfen und Universitäten nicht Halt machen. Deswegen wird es umso wichtiger für die Jugend, nicht auf den Zug aufzuspringen, der von „Fake News“ und platter Meinungsmache geprägt ist. Nur eine nachhaltige und sachliche Diskussion, die auf Fakten basiert, wird sich auch auf lange Sicht behaupten können. So gilt es weiterhin, die Demokratie immer wieder zu verbessern, die Generationen-Frage neu zu stellen und alles für eine nachhaltige und lebenswerte Zukunft zu machen.

Sobald der Bundespräsident sitzt, setzt sich die Kolonne in Bewegung

Angekommen in Boston, folgte die Delegation in den nächsten zwei Tagen einem Programm, das bis auf die Minute geplant war. Jeder Teilnehmer bekam ein kleines Regiebuch mit Anweisungen: Termine, Uhrzeiten, Reiseinformationen. So galt es, stets pünktlich bei der Fahrzeugkolonne zu sein, denn sobald der Bundespräsident sitzt, setzt sich die Kolonne in Bewegung. Straßen werden abgesperrt und ganze Highways freigehalten, um einen reibungsfreien Ablauf zu gewährleisten.

Der erste Termin fand im Hotel statt und war eine Diskussion zum Thema Streitkultur. Philosophen, Schriftsteller sowie politische Vertreter betonten dabei immer wieder, die Demokratie nicht als gegeben anzusehen, sondern als etwas, das gepflegt werden muss. Einer der Teilnehmer sagte, dass es auch in der Weimarer Republik „so etwas wie Demokratie“ gegeben habe, die jedoch „durch mangelnden Einsatz der Bevölkerung“ in einer Diktatur geendet sei. Deswegen dürfe nicht „wenigen lauten Stimmen die Verantwortung überlassen werden“. Wir sollten gerade jetzt die Demokratie nutzen, um Pluralität zu zeigen.

„Wunderbar Together“

Nach dieser Diskussion fuhren wir zum Haus von Walter Gropius (1883-1969), ein deutscher Architekt und Gründer des sogenannten Bauhauses - eine Ideenschule und ein Experimentierfeld auf den Gebieten der freien und angewandten Kunst, der Gestaltung, der Architektur und der Pädagogik. Gropius war 1937 vor der NS-Diktatur in Deutschland geflohen und in die USA ausgewandert. In seinem ehemaligen Wohnhaus würdigte der Bundespräsident das 100-jährige Bestehen des Bauhauses. Das Haus symbolisiert die neue Heimat, die damals auch viele andere Deutsche in den USA sahen.

Am Abend beendete der Bundespräsident im Goethe-Institut offiziell das Deutschlandjahr, das unter dem Motto „Wunderbar Together“ von Oktober 2018 bis Ende 2019 angedauert hatte. In diesem deutschen Kulturinstitut fand an diesem Abend ein Konzert der Bostoner und Leipziger Symphoniker statt.

Ziel des Deutschlandjahres war es gewesen, durch zahlreiche Veranstaltungen möglichst viele unterschiedliche Zielgruppen über die deutsche Kultur zu informieren.

Doch zeigt gerade der Besuch des Bundespräsidenten, dass „Wunderbar Together“ kein Ende haben muss. Zwar wird es weniger Veranstaltungen geben, aber die Freundschaften bleiben. Der Bundespräsident bedankte sich in seinen Reden immer wieder bei Amerika für die Unterstützung und Zusammenarbeit in der Vergangenheit.

Verbindende Forschung

Am letzten Tag besuchte die Delegation die renommierte Harvard Universität, um auf die Forschungskooperationen aufmerksam zu machen, die Länder auf der ganzen Welt vereint. Wir folgten einer spannenden Diskussion zum Thema Ethik in der Digitalisierung. Vieles drehte sich dabei um die Einflussnahme von Algorithmen im Alltag.

Anschließend hatte ich noch Gelegenheit, zusammen mit Frau Büdenbender einen Vertreter von „Youth Lead the Change“ zu treffen. Das ist eine Initiative, die jungen Erwachsenen Verantwortung über eine Million Dollar eines kommunalen Haushalts überträgt und ihnen ein Mitspracherecht bei der Verwendung der Gelder einräumt. Dieser Austausch war außerordentlich produktiv und hat uns inspiriert, ein Pilotprojekt vielleicht auch in einer deutschen Stadt umzusetzen.

Chancen statt Probleme suchen

Für mich als „einfacher Junge aus dem Murgtal im Schwarzwald“ war es eine unbeschreibliche Erfahrung, an dieser Reise teilnehmen zu dürfen und einmal hinter die Kulissen zu blicken: mit der Wagenkolonne mit Blaulicht durch Boston zu fahren und eins zu eins mit dem Bundespräsidenten sowie mit führenden Persönlichkeiten aus Forschung, Wirtschaft und Politik zu sprechen.

30 Jahre nach dem Mauerfall hat diese Reise gezeigt, wie wichtig und nachhaltig persönliche Kontakte sind, und betont, dass jeder Einzelne einen Beitrag leisten kann. Wir sind „Wunderbar Together“.

Die Reise des Bundespräsidenten in die Vereinigten Staaten vom 30. Oktober bis zum 2. November vermittelte für mich noch eine andere Botschaft: Betont wurden nicht Probleme, sondern Chancen. Nicht der Konflikt stand im Mittelpunkt, stattdessen ging es um transatlantische Freundschaften, die beständiger und nachhaltiger sind als kurzfristige Zwistigkeiten.

Marius Putzke besucht die Technische Oberschule in Karlsruhe. Vor Kurzem kehrte er aus den USA zurück, wo er mit einem Stipendium des Bundestages, dem Parlamentarischen Patenschafts-Programm, ein Austauschjahr verbracht hatte. Nächstes Jahr steht das Abi auf dem Plan.

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