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Antiziganismus-Kommission Wie lässt sich Hass bekämpfen?

Eric Matt

Der Hass gegenüber der Volksgruppe der Sinti und Roma nennt sich Antiziganismus. Was man dagegen tun kann, versucht eine unabhängige Kommission in ihrem Bericht zu beantworten.

Demonstranten halten ein Schild 'Antiziganismus bekämpfen'

„Gemeinsam Antiziganismus bekämpfen“ steht auf dem Banner, das Menschen bei einer Kundgebung vor dem Mahnmal für Sinti und Roma in Berlin hochhalten. © picture alliance / dpa | Florian Schuh

In Artikel drei Absatz drei des Grundgesetzes steht: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Das bedeutet: Unsere Verfassung verbietet jede Art von Diskriminierung. Trotzdem existiert sie im Alltag. Aus diesem Grund gibt es verschiedene Institutionen, die besonders Minderheiten schützen sollen.

Eine dieser Institutionen ist die Unabhängige Kommission Antiziganismus, die 2019 vom Deutschen Bundestag eingesetzt wurde. Doch was ist dieses Gremium und was machen die Abgeordneten, die dort zusammenkommen?

Was ist Antiziganismus?

Der Begriff Antiziganismus lässt sich in zwei Wörter teilen: Anti und Ziganismus. Anti kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie „gegen“ oder „nicht“. Ziganismus beschreibt das Volk der Sinti und Roma, kommt ursprünglich aber von dem Wort „Zigeuner“. Dieser Begriff wird vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma als diskriminierend abgelehnt. Auch der Duden gibt den Hinweis „Gebrauch: diskriminierend“. Zusammengefasst beschreibt Antiziganismus die Abneigung oder Feindschaft gegenüber Sinti und Roma.

Was macht die Kommission?

Die Unabhängige Kommission Antiziganismus wurde vom Deutschen Bundestag eingesetzt und es gibt sie seit dem 27. März 2019. Dem Gremium gehören elf Mitglieder aus Wissenschaft und Gesellschaft an. Drei davon sind selbst Sinti und Roma. Aufgabe der Kommission ist es, sich mit der aktuellen Situation von Sinti und Roma zu beschäftigen. Dabei sollen die Experten Empfehlungen aussprechen, wie man die Lage dieser Menschen verbessern und Antiziganismus bekämpfen kann. Seit 2019 traf sich die Kommission dreißigmal und veröffentlichte im Mai ihren Bericht.

Was versteht man unter Sinti und Roma?

Die Sinti und Roma sind eine eigene Volksgruppe. Zu dieser Gruppe gehören Menschen, die vor über 1000 Jahren aus Indien in den Westen und nach Europa auswanderten. Als ‚Sinti‘ werden die Angehörigen der Minderheit bezeichnet, die sich vorwiegend in West- und Mitteleuropa angesiedelt haben, ‚Roma‘ leben zumeist in ost- und südosteuropäischen Ländern. Ein kleiner Teil der Sinti und Roma war nicht sesshaft – lebte also nicht nur an einem einzigen Ort.

Dies empfanden viele Menschen als nicht „normal“. Sinti und Roma fielen immer wieder Diskriminierungen, Benachteiligungen oder gar körperlichen Angriffen zum Opfer. Der Höhepunkt dieser Diskriminierungen in Deutschland war während des Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945. Schätzungen zufolge wurden dort bis zu 500.000 Sinti und Roma ermordet. In Berlin gibt es daher auch ein Denkmal, das an den Völkermord an den Sinti und Roma erinnern soll.

Was steht im Bericht?

Bildung, Polizei, Medien, Sport, Arbeitswelt und viele weitere Bereiche: Die Autoren des Berichtes kommen zu dem Ergebnis, dass Antiziganismus noch immer ein gesamtgesellschaftliches Problem darstellt. Grundlage dafür sind 15 unterschiedliche Studien. Wie komplex Antiziganismus ist, zeigt sich schon durch die Länge des Berichtes, der mehr als 400 Seiten umfasst – mit Anhang sogar über 500 Seiten.

Die Kommission formulierte daher drei Hauptaufgaben, um Sinti und Roma zukünftig besser zu schützen. Erstens fordern die Mitglieder einen „grundlegenden Perspektivwechsel in der Gesellschaft, der die Relevanz von Antiziganismus anerkennt und die damit zusammenhängenden Macht- und Gewaltverhältnisse kritisch reflektiert“. Zweitens fordern sie eine „Politik der nachholenden Gerechtigkeit“. Das bedeutet, dass man Sinti und Roma für ihnen angetanes Unrecht nachträglich entschädigt. Drittens soll es in Zukunft eine „gezielte Förderung von Partizipation“ geben, um Sinti und Roma eine bessere gesellschaftliche Teilnahme zu ermöglichen.

Des Weiteren fordert das Gremium beispielsweise einen Beauftragten der Bundesregierung gegen Antiziganismus oder eine Bund-Länder-Kommission. Was sonst noch so im Bericht steht, lest ihr hier.

Was sagen die Abgeordneten des Bundestages?

Auch die Abgeordneten des Deutschen Bundestages debattierten die Thematik im Plenarsaal. Der Großteil der Bundestagsfraktionen zeigte sich dankbar über den Bericht und erklärte, dessen Ergebnisse auch für die Zukunft zu berücksichtigen. Die AfD-Fraktion hingegen war unzufrieden und bezeichnete das Gremium als „alberne Kommission“.

Die komplette Debatte findet ihr wie immer auf bundestag.de und im Video.

Zur Person

Portraitfoto von mitmischen-Autor Eric Matt
Mitmischen-Autor

Eric Matt

... ist 22 Jahre alt und studiert an der Universität Konstanz Politik- und Verwaltungswissenschaften. Zurzeit macht er ein Auslandssemester in Israel.

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