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Befragung der Bundesregierung

Pistorius: Keine Zeit ver­lieren zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit

Wehrdienst, militärische Sicherheit, Krankenhausreform und Maskendeal.: Zu diesen und weiteren Themen standen Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) und Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) den Abgeordneten Rede und Antwort.

Eine Collage zeigt links eine Frau und rechts einen Mann am Redepult des Deutschen Bundestages.

Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) und Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) stellten sich den Fragen der Abgeordneten. © IMAGO / dts Nachrichtenagentur

„Die sicherheitspolitischen Herausforderungen sind ernst, und wir nehmen sie ernst.“, sagte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) im Rahmen der Regierungsbefragung am 10. September 2025. Er erklärte weiter, dass „wir keine Zeit verlieren (dürfen), wenn es um die Stärkung unserer Verteidigungsfähigkeit geht.“ Außerdem betonte der Minister, dass Einsatzbereitschaft und Verlässlichkeit gegenüber den Partnern die Maßstäbe seien, „an denen wir uns messen lassen müssen“.

Pistorius: Nachhaltige Stärkung der Sicherheit

Der Minister nannte zentrale Beschlüsse zur nachhaltigen Stärkung der Sicherheit:

  • Mit dem Gesetzentwurf für den neuen Wehrdienst sei die Grundlage für die Stärkung der Reserve und der aktiven Truppe gelegt worden. Damit werde die Bundeswehr besser und breiter aufgestellt sein.

  • Mit dem Artikelgesetz zur militärischen Sicherheit würden die Truppen, Kasernen und digitalen Netze besser vor Spionage, Sabotage und Cyberangriffen geschützt.

  • Mit dem Planungsbeschaffungs- und -beschleunigungsgesetz werde benötigtes Material schneller als sonst zur Truppe bewegt. Damit erhielten auch kleine und innovative Unternehmen einen besseren Zugang zu den Aufträgen des Ministeriums.

  • Mit dem Bundeswehr-Bauprogramm Unterkünfte sei der Startschuss für 76 neue Gebäude mit über 7.000 modernen Stuben bis 2031 gegeben worden. Zudem kündigte der Minister weitere militärische Lieferungen an die Ukraine an.

Warken: Strukturreformen notwendig

Neben dem Verteidigungsminister stellte sich auch Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) den Fragen der Abgeordneten. Sie habe sich vom ersten Tag an Strukturreformen gemacht, sagte Warken angesichts steigender Beiträge in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung und zugleich längerer Wartezeiten auf Facharzttermine. „Unser Ziel ist es, das Vertrauen der Menschen zu stärken, das Vertrauen in die Sicherheit und Qualität der Gesundheitsversorgung“. 

Deshalb arbeite man an Vorhaben wie dem Krankenhausreform-Anpassungsgesetz, das bald im Kabinett verabschiedet werden solle. Die Krankenhausreform ihres Amtsvorgängers Karl Lauterbach (SPD) solle „alltagstauglich“ gemacht werden, sagte die Ministerin. Spezialisierung und Arbeitsteilung zugunsten höherer Qualität seien richtig, daher solle die Reform im Dialog mit den Ländern umsetzbar gemacht werden. Wichtig sei eine erreichbare Grund- und Regelversorgung. Das gebe nicht mehr so mobilen älteren Menschen die nötige Sicherheit. Gleiches gelte auch für den Notfall- und Rettungsdienst, der neu aufgestellt werden solle. 

Einnahmen und Ausgaben in eine Balance bringen

Darüber hinaus habe sich die Regierung zum Ziel gesetzt, Einnahmen und Ausgaben wieder in eine Balance zu bringen. Für die Pflegeversicherung sei eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einberufen worden, für die Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung stehe die Einsetzung einer Kommission unmittelbar bevor. Es würden Vorschläge „ohne Denkverbote“ erwartet, „die wir dann umsetzen können“. 

Ein Kernanliegen sei es auch, so Warken mit Verweis auf die erste Lesung von zwei Pflegegesetzen am 11. September, für die Beschäftigten gute Rahmenbedingungen zu schaffen.

Fragen der Abgeordneten an Pistorius

Bundesminister Pistorius sah sich mit Fragen zu in Polen abgeschossenen Drohnen aus belarussischem Gebiet konfrontiert. Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen) sprach dieses „ständige russische Austesten der Nato-Reaktion“ an. Der Minister bestätigte die ständige Bedrohung durch russische Streitkräfte im Baltikum, in der Ostsee und auch in Mitteleuropa. Der Aufwuchs im Verteidigungshaushalt bilde den von der Regierung eingeschlagenen Weg ab. Es gehe ihm darum, die Resilienz in der Gesellschaft und der Industrie zu steigern. 

Was er tun würde, wenn diese Drohnen den deutschen Luftraum verletzen, hakte der AfD-Abgeordnete Dr. Rainer Kraft nach. Pistorius: „Unsere Luftverteidiger wissen sehr genau, was sie in einem solchen Moment zu tun haben.“

Den Ukraine-Krieg thematisierte Falko Droßmann (SPD) und fragte nach der weiteren Unterstützung. Deutschland sei inzwischen der größte Unterstützer der Ukraine, nicht mehr die USA. Im nächsten Jahr liege die Unterstützung bei neun Milliarden Euro, in diesem Jahr knapp darunter. Wichtig seien Joint Ventures der deutschen und europäischen Industrie mit der Ukraine. Deren Industrie könne mit den dortigen Kapazitäten nicht ausgelastet werden. Das aus Bundeswehrbeständen abgegebene Material werde immer weniger, sagte Pistorius.

Die Regierungsbefragung in voller Länge

Freiwilligkeit im Wehrdienstgesetz

Der CSU-Abgeordnete Thomas Erndl griff das geplante Wehrdienstgesetz und die darin vorgesehene Freiwilligkeit auf. Der Plan sei, den Aufwuchs auf 33.000 Wehrpflichtige bis 2029/30 zu gewährleisten, antwortete der Minister. Sollte das nicht erreicht werden, was er nicht sehe, gäbe es einen neuen Kabinettsbeschluss. Die von Erndl angesprochene Verlässlichkeit gegenüber den Nato-Partnern ergebe sich aus dem Gesamtmaßnahmenpaket. 

Leon Eckert (Bündnis 90/Die Grünen) fragte, ob die Regierung die Bedrohungslage kommunizieren könne, sollte die Freiwilligkeit nicht ausreichen. Pistorius berichtete von einem deutlichen Anstieg der Einstellungen in der Bundeswehr um 23 Prozent. Die Attraktivität werde in vielen Bereichen erhöht.

Nach der Einbeziehung junger Menschen, potenzieller Wehrpflichtiger, erkundigte sich Desiree Becker (Die Linke). Der Minister verwies darauf, dass die Wehrpflicht im Grundgesetz stehe und nur ausgesetzt sei. Die Diskussion finde im öffentlichen Raum bereits statt. 

Rüdiger Lucassen (AfD) wollte wissen, warum nur junge Männer den geplanten Fragebogen ausfüllen müssen. Pistorius erinnerte erneut an das Grundgesetz, das eine Wehrpflicht nur für Männer vorsieht. Eine Grundgesetzänderung hätte zu viel Zeit gekostet, so der Minister, außerdem sehe er keine Mehrheit dafür.

Fragen der Abgeordneten an Warken

Martin Sichert (AfD) fragte die Gesundheitsministerin nach der Finanzierung der Krankenversicherung von Bürgergeldempfängern mit zehn Milliarden Euro aus der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Warken räumte ein, dass die GKV vor Herausforderungen stehe, wobei ein Punkt die versicherungsfremden Leistungen seien. Die Situation sei schwierig, nicht jeder Wunsch könne erfüllt werden. Die zur GKV-Reform eingesetzte Kommission solle ihr die für Sommer 2027 geplanten Ergebnisse schon im kommenden Frühjahr vorlegen. Mitglieder und Auftrag würden demnächst bekanntgegeben.

Linda Heitmann (Bündnis 90/Die Grünen) hielt der Ministerin vor, sich hinter den Ergebnissen der Kommission zu verstecken und fragte nach der Verbesserung der Einnahmensituation bei der GKV. Warken sagte, sie wolle eine bessere Steuerung in das System bekommen und verwies auf die Notarzt-Rettungsdienst-Reform und das Hausarzt-Konzept. Die Expertise in der Kommission werde gut austariert sein, versprach sie dem AfD-Abgeordneten Kay-Uwe Ziegler.

Leistungen, Beiträge, Krankenhausreform

Leistungskürzungen interessierten Ates Gürpinar (Die Linke). Sie habe keine Vorschläge für Leistungskürzungen gemacht, unterstrich die Ministerin, schloss solche aber auch nicht aus. Die Kommission werde mittel- und langfristige Vorschläge „ohne Denkverbote“ machen, sagte Warken.

Beitragserhöhungen waren ein Thema für Dr. Christos Pantazis (SPD). Warken sagte, die Krankenkassen benötigten Planungsspielraum, in der GKV klaffe noch eine Lücke von vier Milliarden Euro. Man befinde sich in engem Austausch und werden in angemessener Zeit etwas auf den Weg bringen. Von Pantazis auf die Krankenhausreform angesprochen, erwiderte die Ministerin, deren Ziel sei eine Qualitätssteigerung, sodass nicht jede Behandlung überall stattfinden könne. Mit den von ihr geplanten Anpassungen und einer Fristverschiebung werde die Reform nicht verwässert.

Das Krankenhaus-Anpassungsgesetz sprach auch der CSU-Abgeordnete Dr. Stephan Pilsinger an. Die Länder bekämen ein Jahr mehr Zeit, die Reform umzusetzen, teilte die Ministerin mit. Auch sollen Ausnahmen die Planung der Länder erleichtern. Die im Haushaltsbegleitgesetz 2025 vorgesehenen vier Milliarden Euro sollen im November an die Krankenhäuser ausgezahlt werden. Die Kliniken befänden sich schon im Transformationsprozess, der mit Mitteln aus dem neuen Infrastruktur-Sondervermögen des Bundes zehn Jahre lang unterstützt werde. Zehnmal 2,5 Milliarden Euro würden ausgezahlt, die in Strukturmaßnahmen investiert werden sollen.

Disziplinarische Konsequenzen des Maskendeals

Dr. Janosch Dahmen (Bündnis 90/Die Grünen) erkundigte sich nach disziplinarischen Konsequenzen aufgrund von Pflichtverletzungen bei den sogenannten „Maskendeals“ in der Corona-Zeit. 

Der Bericht der Aufklärungsbeauftragten Dr. Margaretha Sudhof biete nur begrenzte Anknüpfungspunkte für konkrete Maßnahmen, antwortete Warken. Auf Dahmens Nachfrage, ob ihr Vorgänger Disziplinarmaßnahmen geprüft habe, sagte die Ministerin, dazu könne sie keine Auskunft geben.

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