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Sonderbericht Weltklimarat Entschlossen gegen den Klimawandel vorgehen

Leonie Schlegel

Flutkatastrophen, Hitzewellen: Der Klimawandel stellt uns schon heute vor Herausforderungen – und die Situation droht sich noch weiter zuzuspitzen. Der Weltklimarat bewertet die Lage regelmäßig. Im Bundestag diskutierten die Abgeordneten mit Experten den neuen Sonderbericht.

Junge Leute beim Klimastreik mit Plakaten wie 'Die Zukunft unserer Erde hängt an einem seidenen Faden' und 'Wir brauchen den Wandel jetzt!'

Fridays-For-Future-Demonstranten protestieren für konsequentere Maßnahmen. © picture alliance/dpa/Monika Skolimowska

Der Weltklimarat IPCC

Der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), auch Weltklimarat genannt, ist eine Institution der Vereinten Nationen. Der Weltklimarat wurde 1988 gegründet, ihm gehören derzeit 195 Länder an. Aufgabe des IPCC ist es, den Klimawandel regelmäßig auf wissenschaftlichen Grundlagen zu analysieren, seine Folgen und Risiken zu beurteilen und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie der Klimawandel abgemildert werden kann. So sollen den Regierungen die wissenschaftlichen Informationen zur Verfügung gestellt werden, anhand derer sie klimapolitische Strategien entwickelt können.

Darum geht es im Bericht

Je mehr CO2 in der Atmosphäre ist, desto wärmer wird es auf unserem Planeten. Die Erderwärmung führt zu gravierenden Problemen, die sich auf der ganzen Welt bemerkbar machen. Auf diese Probleme macht der Sonderbericht des Weltklimarates aufmerksam.

Der Bericht ist in drei Teile aufgeteilt: Im ersten Teil geht es um die naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels, im zweiten um seine Folgen und im dritten um Möglichkeiten, den Klimawandel zu mindern. Die wichtigsten Ergebnisse haben wir in unserer Infografik zusammengefasst.

Im Unterausschuss Internationale Klima- und Energiepolitik diskutierten Experten über den Bericht.

Messbare Auswirkungen des Klimawandels

Wasser- und Nahrungsmittelknappheit, Waldbrände, Hitzewellen oder das Sterben von Korallen – dies sind nur einige der negativen Auswirkungen des Klimawandels, die Tabea Lissner von der Nichtregierungsorganisation Climate Analytics aus dem Sonderbericht des Weltklimarates im Unterausschuss aufgriff. Der Bericht stelle detailliert dar, dass die menschengemachte Erderwärmung sowohl menschliche als auch Ökosysteme angreife. Dies sei messbar und mit wissenschaftlichen Methoden nachweisbar.

Jeder Temperaturanstieg rückt das 1,5-Grad-Ziel in weitere Ferne

Die katastrophalen Auswirkungen von Klimaveränderungen würden sich mit jedem noch so kleinen weiteren Temperaturanstieg erhöhen, der über dem im Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 vereinbarten 1,5-Grad-Ziel liege, sagte Lissner.

Und je weiter man sich von diesem Ziel entferne, desto aufwendiger würden die nötigen Maßnahmen. Schon heute stießen sie an ihre Grenzen: Durch Hitze und Trockenheit sei es immer schwieriger, Felder zu bewässern, in Regionen nahe der Küste könne man die heutigen Lebensbedingungen nicht dauerhaft aufrechterhalten.

Besonders stark seien davon Menschen in armen Regionen betroffen, denn sie hätten weniger Möglichkeiten, die Herausforderungen des Klimawandels zu bewältigen.

Schäden werden immer weiter zunehmen

Selbst wenn es gelinge, den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen, gebe es vor allem im Süden ein erhöhtes Risiko für Wasserknappheit, so Lissner. Davon sei rund ein Drittel der Bevölkerung in Südeuropa sowie die Landwirtschaft betroffen.

In West- und Zentraleuropa sei dagegen das Flutrisiko bereits heute schon messbar gestiegen. Ohne die nötigen Gegenmaßnahmen könnte sich das Ausmaß an Schäden verdreifachen.

Beispiel Pakistan

Welche weitreichenden Folgen die Erderwärmung mit sich bringe, zeige sich laut Lissner an Pakistan. Das Land habe in den vergangenen Monaten zwei extreme Situationen erlebt: Zum einen habe es ab Frühjahr 2022 eine sehr starke Hitzewelle gegeben, die beispielsweise erhebliche Auswirkungen auf die landwirtschaftlichen Erträge habe. Zum anderen herrsche in Pakistan aktuell eine Flutkatastrophe.

Durch den Klimawandel werden Ungerechtigkeiten verstärkt

Asad Rehman von der Organisation War on Want, die sich zum Ziel gemacht hat, Armut weltweit zu bekämpfen, knüpfte daran an. Er schilderte die Situation in Pakistan: 33 Millionen Menschen hätten ihre Heimat verloren. Zudem seien Lebensmittelvorräte, landwirtschaftliche Flächen und etliche Krankenhäuser zerstört worden. Die Armutsquote liege bereits bei 78 Prozent. Für einen Großteil der Bevölkerung sei es kaum noch möglich, zu überleben.

„Dass Länder wie Pakistan, die nur ein Prozent der CO2-Emissionen produzieren, trotzdem so stark von Umweltkatastrophen betroffen sind, ist sehr ungerecht“, so Rehman. Der globale Norden produziere 85 Prozent des CO2-Ausstoßes und unternehme gleichzeitig nicht genug, um den Klimawandel zu bekämpfen. Auch das gehe aus dem Bericht des IPCC hervor.

Immer mehr neue öl- und gasverarbeitende Werke sowie Kohlekraftwerke würden gebaut und machten es immer unwahrscheinlicher, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Durch den Klimawandel würden wirtschaftliche, soziale sowie strukturelle Ungerechtigkeiten immer weiter verstärkt.

Gefahr, dass Klimaschutz in den Hintergrund rückt

Der Bericht des Weltklimarates mache darauf aufmerksam, dass die Anfälligkeit für Klimakatastrophen in Pakistan, aber auch in anderen Teilen der Welt, 14 bis 15 Mal höher sei als in den Industrienationen.

Aktuell bestehe jedoch die Gefahr, dass das Thema Klimaschutz aufgrund des Ukraine-Krieges, der Gas-Krise und der zunehmenden Bedeutung fossiler Energieträger für die europäischen Länder in den Hintergrund rücke. Dabei müsse Europa eine Vorbild- und Vorreiterrolle einnehmen und eine klare Botschaft senden, dass die Welt einen ambitionierten Klimaschutz braucht. Es müsse jetzt sofort, gemeinsam und entschlossen gehandelt werden, forderten die Experten. Ansonsten würde das Erreichen des 1,5-Grad-Zieles immer unwahrscheinlicher.

Unterausschuss Internationale Klima- und Energiepolitik

Der Unterausschuss Internationale Klima- und Energiepolitik wurde in der aktuellen 20. Wahlperiode erstmalig vom Auswärtigen Ausschuss eingesetzt. Internationale Klima- und Energiepolitik sind eng mit Außen- und Sicherheitspolitik verknüpft. Die Entscheidungen, die getroffen werden, haben eine wichtige Bedeutung für Frieden und Sicherheit, denn Umweltkatastrophen und Konflikte um knappe Ressourcen können zur Destabilisierung von Staaten und Regionen führen. Somit wirken sich internationale Klimaverhandlungen zur Reduzierung von CO2-Emissionen direkt auf außenpolitische Fragestellungen aus. Der Unterausschuss Internationale Klima- und Energiepolitik bearbeitet genau diese Zusammenhänge.

Hier seht ihr die Sitzung zum Sonderbericht des Weltklimarats im Video:

Zur Person

mitmischen-Autorin

Leonie Schlegel

ist 2002 geboren, wohnt in Bremen und studiert dort Europäische Wirtschaft und Verwaltung. Sie ist sehr politikbegeistert und verfolgt regelmäßig das Parlamentsfernsehen des Deutschen Bundestages.

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