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Arbeitsparlament Die Werkstätten des Bundestages

Yasemin Kamisli

Von 734 Abgeordneten kann nicht jeder Experte in Allem sein. Um die Arbeit aufzuteilen, gibt es Ausschüsse. Hier erfahrt ihr, was sie für das Parlament bedeuten.

Blick in einen leeren Ausschusssaal

„Hinter den Kulissen“ des Bundestages sieht so aus: In einem Ausschusssaal wie diesem findet der größte Teil der Arbeit des Parlaments statt. © DBT/Quelle: shutterstock.com/ThomasAFink

Neue Ideen, Vorschläge für Veränderungen oder auch Aufforderungen an die Bundesregierung heißen im Bundestag Anträge oder Gesetzentwürfe. Bevor diese im Parlament beschlossen oder abgelehnt werden, passiert ganz viel im Vorfeld. Die Papiere durchlaufen mehrere Stationen. Standen sie einmal auf der Tagesordnung des Bundestages, wandern sie erst einmal in die Arbeitsgruppen, die im Bundestag Ausschüsse heißen.

Zwischenstopp Anhörung

In den Ausschüssen befasssen sich Abgeordnete intensiv mit den Ideen und Vorschlägen. Sie laden meist auch Experten aus der Wissenschaft, Wirtschaft oder aus anderen Bereichen ein, um deren Meinung dazu zu hören. Dieser Zwischenstopp heißt Anhörung. Anschließend beraten die Abgeordneten erneut und fassen dann Beschlüsse, die dann wieder auf der Tagesordnung des Bundestages landen. So ein Beschluss ist eine Empfehlung an den gesamten Bundestag, die, vereinfacht gesprochen, lauten kann: „Stimmt dem Gesetz oder dem Antrag zu!“ oder „Lehnt das Gesetz oder den Antrag ab!“.

In den Ausschüssen sitzen Abgeordnete, die sich in den entsprechenden Themen in der Regel besonders gut auskennen. Wer medizinisch bewandert oder mit Gesundheitspolitik vertraut ist, ist im Gesundheitsausschuss anzutreffen. Wer sich im Bildungswesen auskennt, sitzt im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Und so weiter.

Aus dem Lexikon

Rede- oder Arbeitsparlament?

Ehe also Politiker und Politikerinnen im Plenum vor laufenden Kameras diskutieren, wird hinter den Kulissen in langen Sitzungen der Ausschüsse gearbeitet, werden Einzelheiten besprochen, Fakten geklärt, Experten befragt, Formulierungen gesucht. Klingt nach viel Arbeit.

Kein Wunder also, dass manchmal der Begriff „Arbeitsparlament“ fällt, wenn vom Bundestag die Rede ist. Mit Arbeitsparlamenten sind Parlamente gemeint, deren hauptsächliche Arbeit in solchen Arbeitsgruppen wie den Ausschüssen stattfindet. Das Gegenteil ist das „Redeparlament“, in denen die meiste Zeit und Arbeit auf die Debatten im Plenum, der Vollversammlung, fällt.

Erst arbeiten, dann reden

Der Deutsche Bundestag ist eine Mischform aus Arbeits- und Redeparlament. Wer regelmäßig Nachrichten schaut und liest, kennt die Bilder von hitzigen Debatten, Politikerinnen und Politiker gestikulieren am Rednerpult, man hört laute Zwischenrufe im Plenarsaal unter der Glaskuppel. In diesem großen Saal mit den blauen Stühlen nimmt das öffentliche und medienwirksame Diskutieren viel Raum ein. Hier passt der Begriff Redeparlament.

Wer öfter hinschaut, sieht aber auch, dass nicht immer alle Abgeordneten anwesend sind. Und das liegt daran, das ein großer Teil der Arbeit in den Ausschüssen erledigt wird. Auf die Sitzungen dort müssen sich die Fachpolitiker vorbereiten oder diese auch im Nachgang nachbereiten. Hier passt also der Begriff Arbeitsparlament.

Exkurs: Welt und Wort

Ein gutes Beispiel für ein Redeparlament ist das britische Parlament „House of Commons“. Ein typisches Arbeitsparlament ist der Congress der Vereinigten Staaten.

Natürlich ist, auch in Deutschland, das Reden sehr wichtig für den Parlamentarismus. Das Reden steckt schon in dem Namen „Parlament“, der sich aus dem altfranzösischen Wort „parlement“ für „Gespräch“ ableitet.

Ausschüsse sind Mini-Parlamente

Ob Bildung, Umwelt oder Finanzen – im Parlament werden viele Themen besprochen. Diese spiegeln sich entsprechend in den Ausschüssen wider: Bildungsausschuss, Umweltausschuss, Finanzausschuss. Das sind die Werkstätten des Parlamentsbetriebs, während der Plenarsaal eher so etwas wie der Showroom ist.

Die Ausschüsse sollen ein Abbild des Plenums darstellen, nur eben in Klein. Das heißt, dass die Größe der Fraktionen im Bundestag auch die Zusammensetzung der Ausschüsse bestimmt: Hat eine Fraktion wenige Sitze im Parlament, darf sie dementsprechend weniger Abgeordnete in die Ausschüsse senden. Personenstarke Fraktionen sind auch mit verhältnismäßig mehr Abgeordneten in den Ausschüssen vertreten.

Video: „Was sind Ausschüsse?“

© mitmischen.de/DBT

Wer gehört dazu?

Jeder Ausschuss hat einen Chef oder eine Chefin – die Ausschussvorsitzenden. Zudem gibt es Obleute, die Ansprechpartner für die Fraktionsspitzen sind und die Ausschusssitzungen mit organisieren. Obleute sorgen dafür, dass der politische Kurs ihrer Fraktion die Ausschussarbeit mit beeinflusst. Jede Fraktion hat in jedem Ausschuss eine Obfrau oder einen Obmann.

Anders als in den Plenarsitzungen, tagen die Ausschüsse normalerweise nicht öffentlich. Allerdings sind die Anhörungen mit externen Fachleuten meist öffentlich. Aktuell gibt es 25 ständige Ausschüsse, die für die gesamte Wahlperiode eingesetzt sind. Ihre Mitgliederanzahl variiert zwischen 19 und rund 49 Abgeordneten.

Pflicht und Kür

Von den aktuell 25 Ausschüssen gibt es vier Ausschüsse, die das Grundgesetz vorschreibt, die es also verpflichtend geben muss: Das sind der Ausschuss für Verteidigung, der Ausschuss für Auswärtiges, der Ausschuss für Angelegenheiten der EU und der Petitionsausschuss. Neben den ständigen gibt es auch Ausschüsse, die meist nur für eine bestimmte Zeit eingesetzt werden. Dazu gehören beispielsweise Untersuchungsausschüsse.

Zur Person

Porträtfoto von Yasemin
Mitmischen-Autorin

Yasemin Kamisli

... studiert in Frankfurt am Main und setzt sich für die Sichtbarkeit von diversen Lebensrealitäten ein.

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