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Planspiel: Blog von Tag 1 Plötzlich eine Konservative

Lea ist plötzlich eine konservative 44-jährige Architektin aus NRW und Mitglied der fiktiven "Bewahrungspartei". Hier bloggt sie über ihren ersten Tag beim 4-Tages-Planspiel "Jugend und Parlament" des Bundestages.

Jugendliche im Plenarsaal

Beim Planspiel "Jugend und Parlament" sitzen Jugendliche vier Tage lang auf den Stühlen der Abgeordneten. © Haar/Deutscher Bundestag

Überpünktlich traf ich mit weiteren Teilnehmern kurz vor 16 Uhr im Paul-Löbe-Haus ein. Das Haus befindet sich neben dem Reichstagsgebäude und beherbergt viele Räume der Ausschüsse des Parlaments. Dort erwarteten uns spannende Informationen und die Rolle, die wir als fiktive Abgeordnete die nächsten Tage übernehmen würden.

Auch wenn ich mich eher weniger mit einer konservativen, 44-jährigen Architektin identifizieren kann, nahm ich diese Herausforderung gerne an. Denn genau darum würde es nämlich in den nächsten Tagen und bei den Debatten gehen: auch mal eine Meinung vertreten zu müssen, welche nicht die eigene ist und somit die Argumente der politischen Gegner in Realität zu verstehen.

Rauf auf die blauen Stühle

Nachdem wir uns vor der Begrüßung durch die Abgeordnete Marianne Schieder und den Leiter des Besucherdienstes des Deutschen Bundestages in unsere Rollen eingelesen und mit veganen Muffins versorgt hatten, waren wir nun ready für den ersten Programmpunkt: eine Führung durch Räumlichkeiten des Deutschen Bundestages und zwar in den entsprechenden Landesgruppen. So war ich beispielsweise Teil der NRW-Gruppe "meiner" konservativen „Bewahrungspartei“.

Beeindruckt war ich nicht nur von der Lebendigkeit deutscher Geschichte an diesem Ort. Auch die Möglichkeit, dieses Mal direkt das Plenum zu betreten und sich auf die berühmten, reichstagsblauen (ja, die Farbe gibt’s wirklich!) Stühlen zu setzen, imponierte mir. Was man eigentlich immer nur im Fernsehen sieht (oder höchstens von der Besuchertribüne aus), war zum Anfassen nah.

Emotionale Heimat

Nach der Tour durch den Bundestag waren wir dann auch schon bei einem weiteren Programmpunkt angelangt, welcher die Freude eines jeden hungrigen Jung-Politikers weckte: Abendessen in der Landesgruppe! Hier zeigte sich die Kantine des Bundestages meiner Ansicht nach sehr fortschrittlich und bot neben dem fleischhaltigen Gericht auch ein veganes an.

Nach dem Essen hieß es dann auch für uns fiktive Abgeordnete: das erste Mal Fraktionssitzung und das erste Mal Sitzung der Landesgruppe! Doch hier ging es nicht um rhetorische Meisterleistungen, sondern darum, die Kolleginnen und -kollegen kennenzulernen und die Fraktion zu organisieren.

Passend zur konservativen Einstellung der Fiktions-Partei, in der ich Mitglied bin, tagten wir auch im Saal der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Im Spiel ist die "Bewahrungspartei" aus den vergangenen Wahlen mit einer relativen Mehrheit hervorgegangen, allerdings koalieren die anderen fiktiven Parteien des Spiels, die „Gerechtigkeits-Partei“ und die „Partei für Engagement und Verantwortung“, gegen meine Fraktion.

So ergaben sich auch bereits aus dieser Oppositionssituation die Richtlinien für Strategie und Standpunkte meiner Partei. Nach einem kurzen Treffen aller Abgeordneten in der Fraktionsrunde und organisatorischen Anweisungen der entsprechenden Verwaltungsmitarbeiter, fanden wir uns schließlich zum Tagesabschluss erneut in den Landesgruppen zusammen – auch bezeichnet als unsere „emotionale Heimat“.

Von Die Linke bis zur AfD

Und um dieser Bezeichnung gerecht zu werden, bot uns der Rahmen dieses letzten Programmpunktes die Möglichkeit, andere Landesgruppen-Mitglieder real kennenzulernen. Sprich über ihre „wahre Identität“ etwas mehr zu erfahren und Wünsche und Erwartnugen an die Veranstaltung zu äußern.

Spätestens an diesem Punkt realisierte ich, wie viele unterschiedliche politische Gesinnungen und engagierte Menschen mit mir in einem Parlament sitzen. Von Die Linken bis zur AfD war tatsächlich jede Partei durch einen oder mehrere Engagierte vertreten – und das in einer Landesgruppe einer Partei! Dies verspricht sehr spannend zu werden.

Ich freue mich nun vor allem auf die inhaltliche Arbeit und den Antrag, welcher in meinem Ausschuss, dem Entwicklungspolitik-Ausschuss, im Mittelpunkt und zur Beratung steht. Ein erfolgreicher erster Tag in Berlin und in den Häusern des Deutschen Bundestages geht nun nach einem sehr langen Tag um kurz vor Mitternacht zu Ende – good news/bad news: meine Fraktion ist die erste beim Frühstück morgen… ;-)

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