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Pro und Contra Werbeverbot für Abtreibung kippen?

Sollen Ärzte über Abtreibungen informieren oder gar dafür werben dürfen? Sophie ist dafür, Johannes will auf jeden Fall das Vebot beibehalten.

Portraitfotos

Sophie und Johannes © privat

Pro

Sophie (23): Information muss sein

Wenn Ärzte in Deutschland über ihre Methoden der Abtreibung informieren, ist das illegal. Denn Paragraf 219a des Strafgesetzbuches verbietet das öffentliche Informieren über Schwangerschaftsabbruch. Ich finde, das muss sich ändern. Der Paragraf 219a sollte abgeschafft werden, um den Bedürfnissen betroffener Frauen besser zu entsprechen.

Ein Widerspruch

Seit 1976 ist der Schwangerschaftsabbruch bis zur zwölften Woche unter besonderen Bedingungen in Deutschland straffrei (wenn auch rechtswidrig). Trotzdem dürfen praktizierende Ärzte bis heute nicht darüber informieren. Das finde ich widersprüchlich und ziemlich problematisch. Denn damit fördert das Gesetz Umstände, die große Schwierigkeiten für betroffene Frauen hervorrufen. Zwar gibt es einige öffentliche Beratungsstellen, die Frauen vor dem Eingriff informieren – für den durchführenden Arzt und seine Methoden können sie aber nicht sprechen. Damit fehlen Frauen wichtige Informationen, die für ihre Entscheidung ausschlaggebend wären.

Informieren = Werben?

Paragraf 219a ist hierbei sehr weit formuliert und schließt neben dem Bewerben eines Schwangerschaftsabbruchs auch das Erwähnen des ärztlichen Angebots aus. Das bringt auch Ärzte in eine schwierige Lage. Obwohl sie den Eingriff durchführen, dürfen sie nicht öffentlich über das Verfahren informieren.

Ziel dessen war es einst, die Anzahl von Abtreibungen nicht zugunsten der Ärzte zu erhöhen, die von der Durchführung finanziell profitieren. Dass der emotional und köperlich belastende Vorgang der Abtreibung aber zum kommerziellen Trend werden sollte, kann ich mir kaum vorstellen. Das beweisen auch Gesellschaften wie Norwegen oder Kanada, in denen es kein gesetzliches Werbeverbot gibt. Trotzdem hat sich dort seit Änderung des Gesetzes an der Anzahl der Abtreibungen nichts geändert. In Deutschland gab es im vergangenen Jahr 101.200 Schwangerschaftsabbrüche.

Paragraf nicht zeitgemäß

Auch aufgrund seiner Geschichte katapultiert sich der Artikel ins Aus. Die Entstehung des Paragraf 219a reicht zurück in die Zeit des Nationalsozialismus, in der Abtreibungen noch mit Zuchthaus, Gefängnis oder sogar dem Tod bestraft wurden. Während der Paragraf über das Abtreibungsverbot in Deutschland vielfache Veränderungen durchlief, existiert der Beschnitt über das Werbeverbot bis heute unverändert weiter.

Paragraf gehört abgeschafft

Mit der Abschaffung des Paragrafen könnten wir für eine fortschrittliche Gesellschaft einstehen, die Vertrauen in die Moral von Ärzten und die ethische Entscheidungsfähigkeit von Frauen setzt. Denn ohne Paragraf 219a könnte man Frauen klarere Bedingungen für ihre Entscheidung liefern und Ärzten die transparente Ausübung ihres Berufes ermöglichen. Das bedeutet im Endeffekt auch mehr Sicherheit für den medizinischen Eingriff.

Contra

Johannes (22): Das Ungeborene will leben

Das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche soll gelockert, oder sogar abgeschafft werden? Nein, dieser Meinung bin ich nicht. Der Paragraf 219a im Strafgesetzbuch, der dieses Verbot festschreibt, muss so erhalten bleiben wie er ist. Er trägt zum Schutz ungeborenen Lebens bei.

Im Strudel des Kommerzes

Werbung geht laut Definition über bloße Information hinaus. Werbung empfiehlt jemandem ein bestimmtes Produkt und möchte dadurch erreichen, dass mehr Menschen das Produkt kaufen. Wenn Werbung für Abtreibung erlaubt wäre, würde Abtreibung ein Produkt auf dem Markt werden, sie würde in den Strudel der Kommerzialisierung geraten.

Das Werbeverbot zu lockern, könnte dazu führen, dass Werbung für Schwangerschaftsabbrüche allgegenwärtig ist. Das würde Abtreibungen zu etwas völlig Normalem und Alltäglichem verharmlosen. Doch ein so großer Eingriff, für mich sogar der größte, in das Leben ist keineswegs harmlos und sollte so auch nicht von der Gesellschaft wahrgenommen werden. Das käme einem Werteverlust gleich, der die Grenze des Machbaren immer weiter ins Bodenlose verschiebt.

Das Ungeborene als Problem

Für mich ist die Debatte über den Paragrafen 219a eng mit dem allgemeinen Thema Abtreibung verbunden. Denn ohne den Paragrafen gelangen ungewollt schwangere Frauen leichter und schneller an Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen. Der offensivere Umgang mit solchen Informationen hätte sicher zur Folge, dass mehr Frauen abtreiben.

Kind im Vordergrund

Ich finde, zu oft wird bei diesem emotionalen Thema die Lage der Frau betont und das Ungeborene überspitzt gesagt nur als "Problem" angesehen. Für mich steht anders herum das ungeborene Kind im Vordergrund. Metaphorisch gesagt: Das Ungeborene will leben und gehört, da ein Mensch entsteht, unter besonderen Schutz.

Die Würde des Menschen ist unantastbar, so heißt es im Artikel 1 unseres Grundgesetzes. Meiner Meinung nach haben auch Ungeborene eine Würde. Papst Franziskus hat Abtreibungen kürzlich sogar "Auftragsmord" genannt.

Reue zum Schluss

Der Paragraf schützt meiner Meinung nach deshalb nicht nur das ungeborene Kind, sondern auch die schwangere Frau. Viele Schwangere, die einen Abbruch vornehmen lassen, bereuen diese Entscheidung später. Der Paragraf 219a baut höhere Hürden, damit sich Frauen nicht leichtfertig für eine Abtreibung entscheiden. Sollte der Paragraf aufgehoben werden, würde sich das ändern und es gäbe mehr Frauen die im Nachhinein ihr leichtfertiges Handeln bereuen.

Unbedingt beibehalten

Der Paragraf 219a sollte also unbedingt beibehalten werden, denn dieser schützt das Ungeborene vor dem Tod, die Gesellschaft vor dem Werteverlust und die schwangere Frau vor leichtfertigem Handeln. Abtreibungen, die generell rechtswidrig und nur unter bestimmten Bedingungen straffrei sind, dürfen nicht zur Normalität werden. Lebensschutz ist Grundlage für das Leben.

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