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Bildung Schulen sollen offen bleiben

Am Anfang der Pandemie wurden die Schulen geschlossen. Das soll sich nicht wiederholen, betonen alle Fraktionen. Die Opposition fordert allerdings mehr Unterstützung für Schüler und Lehrer.

Seit Monaten läuft es anders an Deutschlands Schulen. Sechs Fraktionen wünschen sich: Die Schulen sollen offen bleiben.© picture alliance/Sebastian Gollnow/dpa

Die Schüler unter euch wissen es selbst am Besten. Seit Monaten befinden sich die Schulen hierzulande im Ausnahmezustand: zuerst Schließungen, dann Homeschooling, Hybrid-Unterricht, Hygieneregeln, Masken, Lüften und Corona-Fälle samt Quarantäne. Es stand gar die Forderung im Raum, die Schulen erneut zu schließen, weil sich wieder viel mehr Menschen mit dem Virus infizieren.

Die ist jetzt vom Tisch. Alle Fraktionen des Bundestages sprechen sich derzeit gegen Schulschließungen aus. Klar ist allerdings allen: Schüler und Lehrer haben es gerade nicht leicht. Die Linksfraktion regte dazu vor Kurzem eine Aktuelle Stunde an und brachte zugleich einen Antrag ein, Titel: „Unterstützung für Schulen in der Pandemie – Mangelwirtschaft in der Bildung beenden".

Linke: „SOS aus allen Klassenzimmern“

Die Abgeordnete Birke Bull-Bischoff von der Linken beschreibt ein düsteres Bild deutscher Schulen: Oftmals gebe es keine vernünftige Ausstattung, Toiletten würden nicht funktionieren, Fenstergriffe fehlten und Materialien seien unzureichend vorhanden. „SOS kommt aus allen Klassenzimmern und allen Kanälen“, ruft sie während ihrer Rede in den Plenarsaal.

Um die Klassengröße in der Pandemie zu reduzieren, gibt es die Überlegung, Klassen aufzuteilen. Laut Bull-Bischoff würde dafür aber das Personal fehlen. Genauso fehlten mobile Lüftungsgeräte, um die Ansteckungsgefahr zu reduzieren. „Es sind die jahrelangen Sparorgien, die uns genau in diese Mangelwirtschaft geführt haben“, warf Birke Bull-Bischoff der Bundesregierung vor.

Mit ihrem Antrag möchte die Fraktion Die Linke Schutzmasken hoher Qualität und mehr Testverfahren an deutschen Schulen fördern. Außerdem sollen die Schulen mit Online-Bildungsangeboten und weiteren Möglichkeiten in der Coronakrise unterstützt werden.

Regierung: „Chance auf gute Bildung für alle“

Thomas Rachel (CDU/CSU), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Bildung und Forschung, rechnete vor, dass sich nur fünf Prozent aller Schülerinnen und Schüler aktuell in Quarantäne befänden. Das bedeutet, dass sie ihre Wohnung nicht verlassen dürfen. Die Zahlen zeigten, dass sich nur wenige ansteckten und es daher möglich und verantwortbar sei, die Schulen offen zu halten.

„Es geht darum, dass alle Schülerinnen und Schüler die Chance auf gute Bildung bekommen“, sagte er. Außerdem sollten sich die Familien darauf verlassen können, dass ihre Kinder „gut und verlässlich betreut werden“. Die Schulen und die Bundesländer hätten effektive Regeln entworfen, um das Infektionsgeschehen unter Kontrolle zu halten.

CDU/CSU: „Planungssicherheit und Ruhe“

Dietlind Tiemann von der CDU/CSU meinte, dass Schulen gerade Planungssicherheit und Ruhe statt finanzieller Förderung bräuchten. Statt neue Gelder zu beschließen, sollten die bisherigen Förderungen erstmal abgerufen werden.

Es sei aber richtig, dass die Schulen offen blieben. "Wir wollen die Schulen offen lassen; nicht um jeden Preis, mit großer Verantwortung", sagte Tiemann. Es gebe noch viele Möglichkeiten, die noch nicht ausgeschöpft seien, unter anderem Block- und Schichtunterricht. "Das Gebot der Stunde ist Umsetzung", meinte sie.

AfD: „Schulen sind keine Hotspots“

Auch Götz Frömming von der AfD-Fraktion möchte die Schulen offenhalten. Er kritisierte aber, dass die Klassen zu groß und zu überfüllt seien und „das ist keine neue Erkenntnis in der Pandemie, sondern das ist schon länger so“. Frömming forderte, mehr Lehrer und Lehrerinnen einzustellen.

Außerdem kritisierte er den Digitalpakt, mit dem Schulen nachhaltig digitalisiert werden sollen. In der Pandemie, wo man ihn bräuchte, funktioniere er nicht, stellte Frömming fest. Frömming betonte, dass Schulen keine „Hotspots für die Ausbreitung dieser Pandemie“ seien.

SPD: „Keine Schulen mehr schließen“

„Wir wollen keine Schulen mehr schließen“, sagte auch Saskia Esken von der SPD-Fraktion. Ansonsten würde man Chancengleichheit in der Bildung gefährden. Zusätzlich würden durch die fehlende Betreuungsmöglichkeit Eltern davon abgehalten, zur Arbeit zu gehen. Das wolle man vermeiden.

Allerdings verwies Esken darauf, dass auch Kinder ansteckend sein können. Deshalb müsse man Bildungsgerechtigkeit und Gesundheitsschutz zusammenbringen. „Durch halbierte Lerngruppen und einem Wechsel aus Präsenz- und digitalem Distanzunterricht können wir das Infektionsrisiko massiv senken“, schlug Esken vor. Außerdem befürwortete sie Masken im Unterricht und mehr Ausgaben für den Digitalpakt.

FDP: „Rand ihrer Leistungsfähigkeit“

Katja Suding von der FDP-Fraktion betonte, dass man die Folgen der Maßnahmen genau im Blick haben und deshalb genau abwägen müsste, wie man sie anwendet. „Ich sage das, weil das ganz besonders für die Kindergärten und die Schulen gilt, denn hier sind die Auswirkungen auf die Kinder und ihre Eltern dramatisch“, sagte sie.

Die Schulschließung zu Beginn der Pandemie verteidigte sie. Die monatelangen Schließungen hält sie für einen Fehler, der nicht wiederholt werden sollte. Schüler hätten Lernstoff verpasst, dies behindere sie im weiteren Leben, Eltern seien an den „Rand ihrer Leistungsfähigkeit und darüber hinaus“ gebracht worden. Suding forderte, Schulschließungen dürfe es nicht mehr geben.

Grüne: „Kinder können ansteckend sein“

Auch Margit Stump von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sprach sich dafür aus, die Schulen offenzuhalten. Allerdings bezweifelte sie, dass Kinder nicht ansteckend seien. „Die Krankheit wird nicht erkannt; die Kinder können aber dennoch ansteckend sein“, sagte sie. „Das erhöht die Ansteckungsgefahr, erschwert die Nachverfolgung und die Eindämmung der Pandemie.“

Um dem entgegenzuwirken, müssten die Testkapazitäten und die Hygieneregeln an Schulen weiterentwickelt werden. Stump warf der Bundesregierung vor, das in den letzten Monaten vernachlässigt zu haben und forderte ein Sofortprogramm von 500 Millionen Euro, das für mobile Luftfilter eingesetzt werden sollte.

Die Debatte könnt ihr im Video ansehen.

(tl/DBT)

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