Immer nur dagegen?

Vorschlag der Regierung zur Coronapandemie? Dagegen! Vorschlag der Regierung zum Klimaschutz? Dagegen! Vorschlag der Regierung zur Bildungsreform? Dagegen! Wenn man die Opposition in einem Wort erklären müsste, wäre es wohl: Dagegen. Oft konfrontieren Abgeordnete der Opposition die Bundesregierung im Bundestag mit Kritik und Argumenten „dagegen“.
Was soll das Genörgel bringen, mag der eine oder die andere vielleicht denken. Doch die Opposition ist für eine Demokratie sehr wichtig. Sie zeigt Alternativen zur Politik der Bundesregierung auf. Und sie macht vor allem eines: Sie kontrolliert die Regierung. Dazu hat sie einige Instrumente zur Hand und kann damit für ganz schön Wirbel sorgen.
Team Koalition gegen Opposition
Vereinfacht gesagt, lässt sich der Deutsche Bundestag in zwei Teile einteilen: Team Koalitionsfraktionen gegen die Oppositionsfraktionen. Denn fast alle 736 Abgeordneten gehören entweder zu einer Fraktion, die die Bundesregierung unterstützt oder aber zu einer Fraktion, die der Bundesregierung kritisch gegenübersteht. Die Unterstützer stimmen in der Regel für Gesetzesvorhaben der Regierung. Die anderen meist dagegen. Doch Achtung: auch die Opposition ist sich untereinander nicht immer grün.
Wer regiert?
In der vergangenen Legislaturperiode bestand die Regierung aus CDU/CSU und SPD. Das heißt, alle anderen Bundestagsfraktionen (AfD, FDP, Linke, Grüne) waren Teil der Opposition. Mit der Bundestagswahl im September aber änderte sich alles: Die SPD zog als stärkste Partei in den Bundestag ein und auch die anderen Kräfteverhältnisse verschoben sich.
Nun wird voraussichtlich nächste Woche Olaf Scholz (SPD) zum neuen Bundeskanzler gewählt werden. Hinter ihm stehen die Fraktionen der SPD, von Bündnis 90/Die Grünen und der FDP. Die drei haben sich verbündet und somit eine neue Mehrheit im Bundestag erschaffen. Das Bündnis heißt Koalition. Ziel ist, gemeinsam zu regieren.
Wer gehört zur neuen Opposition?
Zu ihr gehören dann die CDU/CSU-Fraktion, die AfD-Fraktion sowie die Fraktion Die Linke. Der Unionsfraktion, die zum ersten Mal seit 16 Jahren in der Opposition sein wird, kommt dabei eine besondere Rolle zu: Als stärkste Fraktion außerhalb der Koalition ist sie die sogenannte Oppositionsführerin. Das bedeutet, dass sie beispielsweise nach Regierungserklärungen oder Haushaltsdebatten, wenn es um's Geld für den Staat geht, zuerst sprechen darf.
Alle drei Oppositionsfraktionen sind in den nächsten vier Jahre dafür zuständig, der Regierung genau auf die Finger zu schauen. Sie werden auch für ihre eigenen Meinungen und Ideen werben. Dadurch erfüllen sie eine wichtige demokratische Aufgabe: Sie vertreten die Rechte und die Interessen ihrer Wähler und das sind viele Millionen Menschen.
Was bedeutet Opposition?
Ursprünglich kommt das Wort Opposition aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie „sich entgegenstellen“ oder „dagegensetzen“. Eben wie in der Realität: Egal, ob es um Gesundheit, Umwelt, Wirtschaft oder Außenpolitik geht – die Oppositionsfraktionen haben meist etwas an den Vorschlägen der Regierung auszusetzen. Schließlich haben sie eigene Vorstellungen, wie Deutschland am besten zu regieren ist.
Gut zu wissen: Wenn Politiker, Journalisten oder Experten von der Opposition sprechen, meinen sie meistens die sogenannte innerparlamentarische Opposition. Es gibt auch noch die außerparlamentarische Opposition, dazu gehören beispielsweise Parteien, die gar nicht im Deutschen Bundestag vertreten sind.
Video: Die Opposition
© DBT/mitmischen.de
Was können die Oppositionsfraktionen tun, um die Bundesregierung in die Zange zu nehmen? Dabei haben sie vor allem drei Möglichkeiten:
- in Regierungsbefragungen und Fragestunden pochen sie im Bundestag auf Antworten von Vertretern der Regierung,
- durch Kleine oder Große Anfragen sowie schriftliche Fragen fordern sie schriftliche Antworten ein,
- durch Untersuchungsausschüsse sorgen sie dafür, dass ein Thema grundlegend aufgeklärt wird.
Erstens: Regierungsbefragung und Fragestunde
Die Regierungsbefragung findet in einer Sitzungswoche immer mittwochs statt. Dabei steht ein Regierungsmitglied den Bundestagsabgeordneten Rede und Antwort.
Warum Mittwoch? Weil sich am Mittwochmorgen auch die Bundesregierung im Kanzleramt trifft: Alle Ministerinnen und Minister und der Kanzler oder die Kanzlerin haben dort die sogenannte Kabinettssitzung, bei der sie Vorhaben der Bundesregierung und aktuelle Themen besprechen. Direkt danach eilt dann ein Regierungsmitglied in den Plenarsaal des Bundestages, um sich der Befragung zu stellen.
Dabei können die Volksvertreter eine Stunde lang Fragen stellen. Dreimal jährlich findet eine Befragung des Bundeskanzlers oder der Bundeskanzlerin statt, in der Regel vor Ostern, vor der Sommerpause und vor Weihnachten.
Fragen, Fragen, Fragen
Noch mehr Fragen gibt es in der Fragestunde. Diese klingt vom Namen zwar ähnlich, ist aber etwas anderes. Für eine Fragestunde im Bundestag können Abgeordnete im Voraus zwei Fragen an die Regierung richten, die dann im Plenum beantwortet werden.
Die Fragen können ins Detail gehen: Jede Frage kann noch in zwei Unterfragen unterteilt werden. Und natürlich ist auch Nachfragen erlaubt: Das kann der ursprüngliche Fragesteller oder es können die übrigen Abgeordneten tun.
Zweitens: Große und Kleine Anfragen
Anfragen sind eine besondere Möglichkeit für die Opposition, die Regierung mit bestimmten Themen zu konfrontieren und sie zu einer Antwort „zu zwingen“. Schriftstücke mit besonderen Inhalten sorgen häufig für Schlagzeilen in den Medien.
Eine Anfrage an die Regierung kann jede Fraktion – oder fünf Prozent der Abgeordneten – schriftlich stellen. Dabei trügt der Name jedoch, denn eine einzelne Anfrage kann aus hundert Einzelfragen bestehen – es gibt grundsätzlich keine Höchstzahl an Fragen.
Bei Anfragen gibt es zwei verschiedene Arten: Große und Kleine Anfragen. Was der Unterschied dabei ist? Während die Regierung die Kleine Anfrage nur schriftlich beantwortet, kann eine Große Anfrage zusätzlich noch mündlich im Plenum debattiert werden.
Außerdem gibt es noch schriftliche Fragen, die Abgeordnete bis zu vier Mal im Monat stellen können. Für die Antworten hat die Regierung nur eine Woche Zeit.
Drittens: Untersuchungsausschüsse
Das sogenannte „schärfste Schwert“ des Parlaments ist ein Untersuchungsausschuss. Diesen können Abgeordnete einrichten, wenn etwa der Verdacht aufkommt, dass es gravierende Missstände in der Regierung, deren Verwaltung oder nachgeordneten Behörden gibt.
Ein Untersuchungsausschuss hat das Recht, Zeugen und Sachverständige zu vernehmen und Gerichte und Verwaltungsbehörden ermitteln zu lassen. Das Ergebnis stellt der Ausschuss medienwirksam in einem Bericht vor, logisch, die ganze Republik soll sehen, was da schiefgelaufen ist und wer das zu verantworten hat.
Da ein Untersuchungsausschuss so weitreichende Kompetenzen hat, müssen mindestens 25 Prozent der Bundestagsabgeordneten diesen fordern. Manchmal bedeutet das, dass sich mehrere Oppositionsfraktionen zusammentun und gemeinsam auftreten müssen. Immerhin kann ein Untersuchungsausschuss gegen die Mehrheit des Bundestages einberufen werden – und somit gegen den Willen der Bundesregierung.
All diese Möglichkeiten helfen den Oppositionsfraktionen, auf sich aufmerksam zu machen und für ihre eigenen Ideen zu werben. Eventuell bekommen sie dadurch bei der nächsten Bundestagswahl mehr Stimmen.
Die Mehrheit im Bundestag tut übrigens gut daran, die Opposition fair zu behandeln. Denn: Wer heute zur Opposition gehört, ist vielleicht schon morgen Teil der Regierung.