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Regierungserklärung

Friedrich Merz: „Unsere internationalen Partner können sich auf uns verlassen“

Kurz vor seiner Abreise zum zweitätigen Nato-Gipfel in Den Haag und dem sich anschließenden Europäischen Rat am 26. und 27. Juni hat Bundeskanzler Friedrich Merz am Dienstag, den 24. Juni, eine Regierungserklärung abgegeben. Dabei äußerte er sich neben der aktuellen Lage im Nahen Osten auch zum Krieg in der Ukraine.

Seitlicher Blick auf einen älteren Mann mit kurzen grauen Haaren und dunkler Brille, der in Anzug an einem Rednerpult steht.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU/CSU) während der Regierungserklärung zu den bevorstehenden Gipfeltreffen der Nato und des Europäischen Rates. © IMAGO / Funke Foto Services

Der Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sprach bei seiner Regierungserklärung von großen globalen Herausforderungen. Es gelte, gemeinsam mit den Partnern „die neue Realität zum Besseren zu verändern“. Deutschland könne mitgestalten, wie sich die Welt in den kommenden Jahren entwickelt. Dafür brauche es aber Stärke und Verlässlichkeit – nach innen und nach außen, so Merz.

Die Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD habe gezeigt, dass sie gestaltungsfähig im Inneren sei. Beleg dafür sei das Investitionsprogramm für Verteidigung und Infrastruktur, das in Rekordzeit aufgesetzte Sofortprogramm für die deutsche Wirtschaft und die Einleitung der Migrationswende. „Und wir haben unseren internationalen Partnern gezeigt: sie können sich auf uns verlassen“, betonte der Kanzler. „Deutschland ist wieder zurück auf der europäischen und der internationalen Bühne“, sagte er.

„Unsere Staatsräson ist die Verteidigung Israels in seiner Existenz“

Merz machte erneut die Position der Bundesregierung im Konflikt zwischen Israel und dem Iran klar. Israel habe das Recht, seine Existenz und seine Sicherheit zu verteidigen. Teil der Staatsräson des Mullah-Regimes sei die Auslöschung des Staates Israel. „Unsere Staatsräson ist die Verteidigung Israels in seiner Existenz.“

Klar sei auch, dass der Iran keine Nuklearwaffen besitzen dürfe. „Wir hoffen heute, dass das Vorgehen Israels und der USA in den letzten Tagen, den Iran dauerhaft davon abbringt, seinem zerstörerischen Ziel noch näher zu kommen“, sagte Merz. Nicht nur Israel, sondern die gesamte Welt werde durch das iranische Nuklearprogramm bedroht. Gleichzeitig sei klar, so der Kanzler weiter, dass der Konflikt mit dem Iran nicht die ganze Region in einen Krieg stürzen dürfe. Darauf liefen die diplomatischen Anstrengungen der Bundesregierung hinaus. 

Gelinge nach den entscheidenden Militärschlägen der USA und der israelischen Armee der von US-Präsident Donald Trump angekündigte Waffenstillstand, „ist eine sehr gute Entwicklung, die den Nahen Osten und die gesamte Welt sicherer machen kann, möglich“. Merz sagte weiter, es sei nun auch an der Zeit für einen Waffenstillstand in Gaza. 

Putin versteht nur die Sprache der Stärke“

Mit Blick auf den Ukrainekrieg, machte der Bundeskanzler deutlich, dass es nicht die friedenschaffende Lösung sei, der Aggression nachzugeben und das eigene Land aufzugeben. „Das ist nicht der Frieden, den wir wollen. Das ist nicht der Frieden, den die Ukraine will.“ Echte Friedensarbeit bedeute, die mühsame Arbeit an den Bedingungen für einen „echten Frieden“ fortzusetzen. 

Putin verstehe nur die Sprache der Stärke, sagte Merz. Daher bedeute Friedensarbeit „auch in dieser Sprache zu sprechen“. In diesem Zeichen stehe das 18. Sanktionspaket gegen Russland, das beim Europäischen Rat auf den Weg gebracht werden solle und insbesondere die Schattenflotte Russlands in den Fokus nehme. 

Nato-Gipfel am 24. und 25. Juni

Die Staats- und Regierungschefs des Verteidigungsbündnisses kommen am 24. und 25. Juni im niederländischen Den Haag zusammen. Eingeladen sind auch Vertreter der Ukraine. Themen des Nato-Gipfels sind neben dem Ukrainekrieg die geplante Erhöhung der Verteidigungsausgaben der Bündnismitgliedstaaten sowie der Ausbau der militärischen Fähigkeiten der Nato. 

Europäischer Rat am 26. und 27. Juni

In Brüssel treffen sich im Anschluss an den Nato-Gipfel die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten sowie der Präsident des Europäischen Rates und die Präsidentin der EU-Kommission. Auch hier wird Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine sowie die Unterstützung der Ukraine und ihrer Bevölkerung durch die EU eine Rolle spielen. Der Europäische Rat wird sich auch mit den jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten befassen. Weitere Themen sind einer vorläufigen Tagesordnung zufolge die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und die Migration.

AfD: Wir stehen an der Seite Israels

Tino Chrupalla (AfD) konstatierte, dass Deutschland „als mehr oder minder stiller Beobachter“ am Rand eines Krieges aber auch inmitten der Konfliktparteien stehe. Chrupalla sprach von einer unklaren Informationslage. So habe US-Präsident Trump wissen lassen, dass Berichte amerikanischer Geheimdienste zum Iran nicht der Wahrheit entsprächen. Gleichzeitig gebe es Berichte, wonach der angegriffene Iran von den Plänen der USA in Kenntnis gesetzt worden sei. All das mache eine objektive Einordnung des Geschehens unendlich schwer, befand der AfD-Fraktionsvorsitzende. 

Er betonte das Verteidigungsrecht eines jeden Staates. Der Bezug liege hier auf dem Völkerrecht, das in der Herausforderung stehe, sich in der aktuellen Zeit zu behaupten. Jeder Beistand Deutschlands müsse aber gut abgewogen und im Bundestag entschieden werden, forderte Chrupalla. „Genau deshalb stehen wir an der Seite Israels und aller anderen Staaten, mit denen wir gemeinsame Interessen teilen.“

Als „völlig fehl am Platz“ bewertete er Diskussionen über Umstürzte oder Regimewechsel. Sollte das iranische Volk für einen Regierungswechsel stimmen, müsse es das aus eigener Kraft tun. „Wir sind nicht in der Position, über deren Zukunft zu bestimmen“, sagte der AfD-Abgeordnete.

SPD: Das Recht des Stärkeren kann keiner wollen

Dr. Matthias Miersch (SPD) sicherte dem Kanzler die Unterstützung der SPD-Fraktion bei dem Bemühen zu, Stabilität zu schaffen, „anknüpfend an das, was Bundeskanzler Olaf Scholz mit der Zeitenwende eingeleitet hat“. Drei Parameter, die für seine Fraktion sehr essentiell seien, wolle er dem Kanzler mit auf den Weg geben, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende. Dabei gehe es zuallererst darum, dass in diesen Zeiten „kein Weg an Diplomatie vorbei führt“. Wer Stabilität und dauerhaften Frieden will, werde ohne Diplomatie niemals zu einem Ende kommen.

Der zweite wichtige Aspekt sei die Einhaltung des Völkerrechts. Es brauche einvernehmliche Regeln, an die sich alle in der Welt halten, weil ansonsten das Recht des Stärkeren gelte. „Das kann hier keiner wollen“, sagte Miersch. Festzustellen sei aber auch, dass es aktuell Aggressoren gebe, die weder für Diplomatie bereit sind noch sich an rechtliche Verpflichtungen halten. Daher gehöre neben Diplomatie und dem Völkerrecht auch das Recht zur Selbstverteidigung und zur Verteidigungsfähigkeit dazu. Wichtig sei aber, die Themen soziale Sicherheit und Verteidigung nicht gegeneinander auszuspielen. Die dazu nötigen Voraussetzungen seien durch die Sondervermögen geschaffen worden, sagte Miersch. 

Grüne: Keine Alternative zur Rückkehr zur Diplomatie

Die Lage im Nahen Osten sei undurchsichtig und schwer berechenbar, sagte Britta Haßelmann (Bündnis 90/Die Grünen). Statt der angekündigten Feuerpause flögen aktuell wieder Raketen. „Eine Waffenruhe wäre dringend geboten, um alle Parteien zurück an den Verhandlungstisch zu bringen“, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende. Es brauche eine echte Verhandlungslösung über ein Atomabkommen. Wichtigstes Ziel müsse es sein, dass der Iran und seine Proxys von Angriffen auf Israel und seinen nuklearen Plänen Abstand nehmen. Es sei klar, dass das Atomprogramm des Irans nicht auf eine zivile Nutzung ausgelegt sei, sondern auf den Bau einer Atombombe. Die Absicht, Israel zu vernichten sei ein zentrales Element der Politik des Irans. 

Mit großer Sorge sehe sie die Angegriffenheit des Völkerrechts, so Haßelmann. Das Völkerrecht und die internationale Ordnung seien zentral. „Deshalb gibt es keine Alternative zur Rückkehr zur Diplomatie.“ Während die Welt auf den Nahen Osten blicke, brauche aber auch die Ukraine weitere Unterstützung, betonte die Grünen-Abgeordnete. „Vom Nato-Gipfel und vom Europäischen Rat erwarten wir klare Signale, dass die Unterstützung der Ukraine unvermindert ist“, sagte sie. 

Linke: Fünf-Prozent-Ziel ist kompletter Irrsinn

Sören Pellmann (Die Linke) sprach von völkerrechtswidrigen Angriffen durch Israel und die USA. Spreche man aber im Bundestag über Außenpolitik, laute meist die Antwort der Regierung „Aufrüsten“. Gleichzeitig verringerten sich im eigenen Land die finanziellen Spielräume der Kommunen. Der Fraktionsvorsitzende der Linken nannte das Fünf-Prozent Ziel bei den Verteidigungsausgaben „kompletten Irrsinn“. Fünf Prozent des Bruttoinlandsproduktes seien etwa 225 Milliarden Euro, rechnete er vor. Gleichzeitig seien aber für das jährlich 1,5 Milliarden Euro kostende Deutschlandticket kein Geld und für den sozialen Wohnungsbau nur zwei Milliarden Euro vorhanden. Das sei ein völlig falscher Ansatz. „Stoppen Sie diesen Rüstungswahnsinn jetzt“, forderte Pellmann. 

Er sprach sich auch ganz klar gegen eine Wehrpflicht in Deutschland aus. Ein Jahr des Lebens junger Menschen solle verschwendet werden, „damit das Personalreservoir der Bundeswehr aufgefüllt wird“. Die Linke wolle die kommenden Generationen nicht zum Dienst an der Waffe zwingen, machte er deutlich. 

CDU/CSU: Nur wer stark ist, wird ernst genommen

Jens Spahn (CDU/CSU) sagte hingegen, wolle man etwa im Nahen Osten den Frieden sichern, gehe das nicht aus einer Position der Schwäche. „Nur wer stark ist, wird ernst genommen“, so der Unions-Fraktionsvorsitzende. Erfolgreiche Diplomatie mache man aus einer Position der Stärke. Darum werde es beim Nato-Gipfel und auch beim Europäischen Rat gehen. In diesen Bündnissen zeige Deutschland, dass es wieder eine stärkere Führungs- und Verantwortungsrolle übernehmen wolle. 

Der Bundeskanzler, so Spahn weiter, habe das Ziel formuliert, die Bundeswehr zur größten konventionellen Armee Europas zu machen. Dazu bedürfe es einer immensen Kraftanstrengung, „weit über die bisherigen Maßnahmen hinaus“. Dies alles tue Deutschland in friedfertiger Absicht. „Wir wollen uns verteidigen können, um uns nicht verteidigen zu müssen.“ Das sei die Maxime, sagte der Unionsabgeordnete. Neben dem Fünf-Prozent Ziel sei aber das Personal die Achillesferse. Die aktive Truppe wie auch die Reserve müssten rasch aufwachsen. Daher würden noch in diesem Jahr die gesetzlichen Grundlagen für einen neuen Wehrdienst benötigt, sagte Spahn. Das müsse auch den Fall umfassen, wenn der Bedarf nicht mit Freiwilligen gedeckt werden kann. 

Die Regierungserklärung und Debatte in voller Länge

Dieser Beitrag erschien zuerst auf bundestag.de.

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