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Präsident Israels „Die Zukunft muss uns beiden gehören“

In seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag gedachte der israelische Präsident Isaac Herzog der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus, lobte aber auch die gute Partnerschaft zu Deutschland heute – und blickte zuversichtlich in die Zukunft.

Der israelische Präsident Isaac Herzog (rechts im Bild) am Rednerpult des Bundestages, Zuschauer im Plenum

„Nur gemeinsam können wir dem Gedenken Bedeutung verleihen“: Der israelische Präsident Isaac Herzog spricht zum Deutschen Bundestag. © picture alliance/dpa/Kay Nietfeld

Die parlamentarische Sommerpause ist vorbei – seit gestern herrscht wieder voller Betrieb im Bundestag. Die erste Sitzungswoche ist eine Haushaltswoche. Bevor aber die Diskussion um die Staatsausgaben 2023 begann, sprach heute morgen erst mal ein besonderer Gast vor dem Plenum: der israelische Präsident Isaac Herzog.

Anlass seines Deutschlandbesuchs ist das Gedenken an das Attentat bei den Olympischen Spielen in München 1972, bei dem palästinensische Terroristen zwei israelische Sportler, neun Geiseln und einen deutschen Polizisten töteten.

Bundestagspräsidentin: „Wir alle müssen gegen Hass und Hetze vorgehen!“

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas begrüßte den israelischen Präsidenten und betonte: „Deutschland kann nicht wieder gut machen, was nie wieder gutzumachen ist: der millionenfache Mord an europäischen Juden.“ Dennoch übernehme Deutschland heute „die Verantwortung für die deutschen Verbrechen“. Dazu gehöre auch, das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus aufrecht zu erhalten. Deshalb freue sie sich, dass auf der Besuchertribüne auch viele junge Menschen säßen, die sich für dieses Gedenken einsetzten.

„Antisemitismus ist nicht nur ein Problem der Vergangenheit. Antisemitismus ist mitten unter uns“, sagte Bas und forderte: „Jüdinnen und Juden müssen in Deutschland sicher sein!“ Es sei „eine Schande“, dass jüdische Institutionen in Deutschland ständige Polizeiaufsicht brauchten.

„Wir alle müssen gegen diesen Hass und diese Hetze vorgehen, mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen“, so Bas. Antisemitismus sei heute „subtiler“ geworden, oft sei er „getarnt als Israel-Kritik“. Dem dürfe „kein Forum“ gegeben werden.

„Deutschland steht fest an der Seite Israels“, versprach Bas. Viele Deutsche seien begeistert von der israelischen Kultur, dem Unternehmensgeist, dem „technischen Know-how“. Das zeigten vielfältige Partnerschaften, zum Beispiel zwischen Universitäten oder Betrieben. Deshalb schaue sie zuversichtlich in eine „gemeinsame, hoffnungsvolle Zukunft“.

Von links nach rechts: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundesratspräsident Bodo Ramelow, der israelische Präsident Isaac Herzog, der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Stephan Harbarth, Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas

Issac Herzog (Mitte) hatte im Bundestag viele prominente Zuhörer (v.l.n.r.): Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundesratspräsident Bodo Ramelow, der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Stephan Harbarth, Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas. © picture alliance/dpa/Kay Nietfeld

Präsident Herzog: „Weg zu einer strahlenden Zukunft“

Der israelische Präsident begann mit einem jüdischen Gebet zum Gedenken an alle Juden, die von den Nationalsozialisten umgebracht wurden. Die jüdische Religion sei eine Religion des Erinnerns, erklärte er. Deutschland sei lange eine gute Heimat für das jüdische Volk gewesen und habe wichtige jüdische Persönlichkeiten hervorgebracht. Aber es sei auch das Land, in dem sein Volk durch die Gräueltaten der Nationalsozialisten „die Hölle auf Erden“ erleben musste, den „tiefsten Abgrund der Geschichte der Menschheit“.

Das Gedenken an diese schreckliche Zeit sei eine Verpflichtung, nicht nur den Toten, sondern auch den zukünftigen Generationen gegenüber. Eine Verpflichtung Israels und Deutschlands: „Nur gemeinsam können wir dem Gedenken Bedeutung verleihen“, so Herzog. „Die Zukunft muss uns beiden gehören.“

Es gelte, die Vergangenheit aufzuarbeiten und in der Gegenwart die „Hass verbreitenden Stimmen“ nicht zu ignorieren, Antisemitismus und Rassismus zu bekämpfen und so den „Weg zu einer strahlenden Zukunft“ zu bereiten. Der Staat Israel sei „stolz auf seine Partnerschaft mit Deutschland“, sagte Herzog. Er strebe überdies „gute Beziehungen und Frieden mit allen Nachbarstaaten an, selbstverständlich auch mit unseren palästinensischen Nachbarn“. Das sei „ein von Hoffnung und Glauben getragenes Ziel, das wir nie aufgeben werden“.

Der Präsident rief dazu auf, gegen die „düsteren Kräfte, angeführt vom Iran“, vorzugehen. Der Iran bedrohe die Existenz Israels, das sei nicht hinnehmbar. „Die Staatengemeinschaft muss sich auf die richtige Seite stellen“, forderte Herzog.

Wer ist Isaac Herzog?

Isaac Herzog ist seit dem 9. Juli 2021 Präsident des Staates Israel. Er gehört der Arbeitspartei Awoda an. In der Vergangenheit war er mehrfach Abgeordneter im israelischen Parlament, der Knesset, und hatte verschiedene Ministerposten inne. Zuletzt war er von 2018 bis 2021 Vorsitzender der Jewish Agency for Israel. Sein Vater Chaim Herzog war von 1983 bis 1993 ebenfalls israelischer Staatspräsident.

(jk)

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