Zum Inhalt springen

Befragung „Schutz von Kindern muss präsent bleiben“

Diese Woche stellte sich die Justizministerin den Fragen der Abgeordneten. Sie erläuterte das geplante Gesetz zu sexualisierter Gewalt gegen Kinder. Es ging zudem etwa um Islamismus, Mieter und Corona-Hilfen.

Justizministerin Lambrecht stellt sich den Fragen der Abgeordneten im Parlament.© dpa/picture alliance

In jeder Sitzungswoche stellt sich ein Minister oder eine Ministerin den Fragen der Abgeordneten des Bundestages. Diese Woche war das die Bundesministerin für Justiz und Verbraucherschutz Christine Lambrecht (SPD). Sie sprach ein besonders ergreifendes Thema an: Sexualisierte Gewalt gegen Kinder. Damit sind alle sexuellen Handlungen gemeint, die Erwachsene mit Kindern begehen und traumatische Erlebnisse bei diesen auslösen.

Gesetz gegen sexualisierte Gewalt gegen Kinder

„Das Unrecht muss auch in den jeweiligen Strafen abgebildet werden“, sagte die Ministerin in ihrem Eingangsstatement. Sie meinte damit die Strafverschärfungen, die mit dem neuen Gesetz kommen sollen. Diese sollen wirksam werden, wenn Menschen sexualisierte Gewalt gegen Kinder begehen und auch, wenn sie Foto- oder Videoaufnahmen davon anfertigen und verbreiten. Zudem soll es verboten werden, Puppen, die Kindern ähneln, zu besitzen, um mit ihnen sexuelle Handlungen zu vollführen.

Bisher wurden diese Taten im Strafrecht als „Kindesmissbrauch“ bezeichnet. Die Ministerin möchte das ändern. „Kinder sind keine Sachen, Kinder sind Menschen. Deswegen kann man sie nicht gebrauchen und darf man sie nicht missbrauchen“, sagte Lambrecht. Stattdessen solle betont werden, dass es sich um Gewalt handelt, weshalb der Begriff in „sexualisierte Gewalt“ geändert werden soll. „Bei all den anderen Themen, die uns alle bewegen, ist es wichtig, dass der Schutz von Kindern allen präsent bleibt“, sagte Lambrecht, bevor die Abgeordneten Fragen zu weiteren Vorhaben stellten.

AfD: „Jeden Extremismus bekämpfen“

Die AfD sprach den Islamismus an. Damit ist eine extremistische Auslegung der Religion des Islams gemeint, bei der die Anhänger die liberale Demokratie und den Rechtsstaat ablehnen. Einige setzen auch Gewalt für ihre Überzeugung ein und verüben terroristische Anschläge.

Die AfD bezog sich bei ihrer Frage auf das Gesetz gegen Hasskriminalität und Rechtsextremismus, dass der Bundestag Mitte des Jahres beschlossen hatte. Mit dem Gesetz sollen die Betreiber von Social-Media-Diensten wie facebook oder twitter verpflichtet werden, Straftaten wie Morddrohungen oder Volksverhetzung an das Bundeskriminalamt (BKA) weiterzuleiten. Außerdem sollen das Androhen von Straftaten und Bedrohungen strafbar und Kommunalpolitiker besser geschützt werden. Nach einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht muss der Bundestag den bereits beschlossenen Gesetzentwurf verändern.

Stephan Brandner von der AfD-Fraktion meinte, dass solch ein Gesetz nicht ausreiche, und auch das Thema Islamismus in den Blick genommen werden solle. „Jeder Extremismus muss bekämpft werden“, sagte er in seiner Rede. Er forderte die Justizministerin auf, auch ein Gesetz gegen den Islamismus zu entwerfen und dem Bundestag zur Abstimmung vorzulegen.

Lambrecht erwiderte, dass sie keinesfalls „gegenüber anderen terroristischen Entwicklungen oder Strömungen blind wäre“. Sie verwies auf den Austausch mit ihren europäischen Kollegen und Kolleginnen im Kampf gegen den Islamismus. Beispielsweise mit der sogenannten e-Evidence-Richtlinie, mit der ein grenzüberschreitender Zugriff auf Ermittlungsakten in der EU möglich sein solle.

FDP: „Gesetz verfassungswidrig“

Manuel Höferlin (FDP) befragte die Ministerin ebenfalls zu dem Gesetz gegen Hasskriminalität und Rechtsextremismus. „In den Debatten wurde deutlich, dass einige die Meldepflicht für verfassungswidrig halten“, sagte der Abgeordnete und fragte die Ministerin, ob sie einen Teil des Gesetzes ebenfalls für verfassungswidrig halte. Das Bundesverfassungsgericht hätte sich kritisch zu der Meldepflicht geäußert. Außerdem befürchtet er, das BKA hätte nicht genügend Personal zur Bearbeitung der Meldungen.

Lambrecht antwortete, dass sie den Gesetzesentwurf nicht für verfassungswidrig halte und das Bundesverfassungsgericht nicht die Meldepflicht bemängelt hätte. Nur schwerste Straftaten sollen von den Social-Media-Anbietern gemeldet werden und nicht jede Beleidigung, die stattfindet. Aus diesem Grund und weil der Minister für Inneres, Bauen und Heimat ihr zugesichert habe, dass das BKA mit ausreichend Personal ausgestattet werde, gehe sie davon aus, dass die Bearbeitung der Meldungen problemlos ablaufen werde.

Grüne fordern Zeitplan für neues Gesetz

Auch Renate Künast von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kritisierte den Gesetzesentwurf. Sie glaubt, es gehe dem Bundesverfassungsgericht sehr wohl um die Frage, ob es rechtlich möglich sei, dass Social-Media-Anbieter Datensätze von Bürgern an das BKA weitergeben, „ohne dass vorher eine Behörde zumindest mal geprüft hat, ob es einen Tatverdacht gibt“. Von der Ministerin wollte sie wissen, ob es einen Zeitplan für ein verfassungskonformes Gesetz gebe.

Lambrecht antwortete, sie gehe davon aus, „dass wir schnellstmöglich einen Vorschlag vorlegen können“.

CDU/CSU: Neues Gesetz für Pauschalreisen

Paul Lehrieder (CDU/CSU) sprach eine geplante Reform des Pauschalreiserechts an. Dieses Recht beschäftigt sich mit den Rechten und Pflichten, die Urlauber einer Pauschalreise und die Anbieter solcher Reisen haben. Pauschal bedeutet, dass ein Urlauber einen Betrag bezahlt und von dem Reiseanbieter alles Notwendige gestellt bekommt: Hin- und Rückreise, Übernachtung, Verpflegung und Unterhaltung. Im vergangenen Jahr war der Anbieter Thomas Cook pleite gegangen und viele Urlauber bekamen ihr Geld für bereits gebuchte Reisen nicht zurück. Lehrieder wollte von der Ministerin wissen, wann der Bundestag mit einem Gesetzentwurf rechnen könne, der solche Situationen zukünftig verhindere.

Lambrecht antwortete, sie hätte sich mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Abend des selben Tages verabredet, um das Problem zu besprechen. Es gäbe mehrere Varianten und sie bevorzuge eine Fonds-Lösung. Das bedeutet, dass alle Firmen, die Pauschalreisen anbieten, in einen „Topf“ Geld zahlen. Geht ein Unternehmen pleite, bekommen die Kunden aus diesem Fonds ihr Geld zurück.

SPD: Frage zu Mietern

Mechthild Rawert (SPD) wollte von der Ministerin wissen, wie die Bundesregierung in ihrem Bemühen für „mehr bezahlbaren Wohnraum“ verhindern wolle, dass die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen missbraucht werde, um Mieter aus ihren Wohnungen zu verdrängen.

Lambrecht verwies in ihrer Antwort auf das geplante Baulandimmobiliengesetz. Zukünftig soll die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen an bestimmte Voraussetzungen geknüpft werden. Außerdem sollen in Gebieten mit hohen Mieten und knappem Wohnraum die örtlichen Behörden einer solchen Umwandlung zustimmen müssen.

Linke: Hilfen im Lockdown

Niema Movassat (Die Linke) fragte die Ministerin, ob die Bundesregierung plane, ein zweites „Kündigungsmoratorium“ zu beschließen. Im ersten Lockdown Anfang des Jahres, als das erste Mal nur wenige Geschäfte offen haben durften, hatte die Bundesregierung Kündigungen von Privat- und gewerblichen Mietern verboten.

Sie habe sich für ein zweites Moratorium eingesetzt, sagte Lambrecht, sich aber in der Bundesregierung nicht durchsetzen können. Allerdings würden die geplanten Hilfen ebenfalls Kündigungen abwenden. Damit meinte sie, dass die Bundesregierung Gewerbetreibenden in diesem November 75 Prozent ihres Verdienstes aus dem Vorjahresmonat bezahlen möchte.

Die ganze Anhörung könnt ihr im Video anschauen:

(tl)

Mehr zum Thema