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Wahlrechtsreform So soll der Bundestag bei der nächsten Wahl kleiner werden

735 Abgeordnete sitzen aktuell im Bundestag – so viele wie noch nie. Seit Jahren wird diskutiert, wie man diese Zahl wieder reduzieren kann. Nun hat der Bundestag einen Vorschlag der Ampel-Koalition mehrheitlich angenommen. Damit will sich die Opposition aber nicht zufriedengeben.

Blick in den Plenarsaal

In Zukunft soll die Zahl der Abgeordneten auf 630 begrenzt sein. © DBT/Henninng Schacht

399 Abgeordnete stimmten mit Ja, 261 mit Nein und 23 enthielten sich, als es letzte Woche um die Wahlrechtsreform ging. Der Gesetzentwurf der Koalition ist sehr umstritten. Einigkeit herrscht unter den Fraktionen nur darin, dass die Zahl der Abgeordneten wieder sinken muss. Denn das Grundgesetz sieht eigentlich 598 Mitglieder des Bundestages vor. In den vergangenen Jahren ist die Zahl aber immer weiter gestiegen – bis auf aktuell 736.

Warum sitzen so viele Abgeordnete im Bundestag?

Dass die Zahl der Abgeordneten immer weiter gestiegen ist, liegt an den sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandaten. Denn aktuell funktioniert die Bundestagswahl so: Jede Wählerin und jeder Wähler hat zwei Stimmen. Mit der ersten wird ein Politiker oder eine Politikerin gewählt, mit der zweiten eine Partei. Die Zahl der Zweitstimmen bestimmt darüber, wie viele Sitze eine Partei im Bundestag bekommt. Wer in seinem Wahlkreis allerdings die meisten Erststimmen bekommt, zieht als Direktkandidat auf jeden Fall in den Bundestag ein.

Das führte in der Vergangenheit mitunter dazu, dass manche Parteien über die Direktmandate mehr Plätze bekamen, als ihnen eigentlich aufgrund ihrer Zweitstimmen zustanden – diese Plätze nennt man Überhangmandate. Um das Kräfteverhältnis der Parteien im Parlament wiederherzustellen, erhielten die anderen Parteien wiederum Ausgleichmandate.

Von den 735 Abgeordneten, die nach der Wahl 2021 in den Bundestag einzogen, kamen 34 mit Überhang- und 104 mit Ausgleichsmandaten zum Zug.

Was sich nun ändern soll

Mit der Reform will die Koalition die Zahl der Abgeordneten in Zukunft auf 630 begrenzen. Dafür will sie Überhang- und Ausgleichsmandate komplett abschaffen. Das könnte dazu führen, dass Kandidaten, die in ihrem Wahlkreis die meisten Erststimmen bekommen, trotzdem nicht in den Bundestag einziehen.

Eine weitere Neuerung: Die sogenannte Grundmandatsklausel soll wegfallen. Sie sieht vor, dass eine Partei auch dann im Bundestag vertreten ist, wenn sie weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen, aber mindestens drei Direktmandate gewonnen hat. Davon profitierte 2021 die Partei Die Linke, die 4,9 Prozent der Stimmen, aber drei Direktmandate erhielt.

Kritik an dem Vorschlag der Koalition

Die Opposition unterstellte der Koalition in der Debatte, mit der Reform ihre Macht zementieren zu wollen. Sie wolle Die Linke und auch die CSU aus dem Parlament drängen, so der Vorwurf. (Die CSU ist zwar im Bundestag gemeinsam mit der CDU als eine Fraktion vertreten, zieht aber als eigenständige Partei ins Parlament ein.)

Zudem werde es bei den Wählerinnen und Wählern zu „Politikverdrossenheit“ führen, wenn die Kandidaten, die sie direkt gewählt hätten, trotzdem nicht in den Bundestag einzögen, prophezeite Alexander Dobrindt (CDU/CSU).

Gegenentwürfe der Opposition

Die CDU/CSU-Fraktion schlug in einem Antrag vor, die Zahl der Wahlkreise auf 270 zu reduzieren. Außerdem wollte sie 15 Überhangmandate ohne Ausgleich zulassen (derzeit sind es drei, ab dem vierten Überhangmandat wird ausgeglichen). So wollte sie die Zahl der Abgeordneten künftig „in Richtung einer Regelgröße von 590“ reduzieren. Der Antrag wurde abgelehnt.

Die Linke stellte gleich drei Anträge, die allerdings von der Tagesordnung abgesetzt wurden. Sie forderte unter anderem ein Wahlalter von 16 Jahren, ein Ausländerwahlrecht ab einem fünfjährigen legalen Aufenthalt in Deutschland und eine gesetzliche Regelung, die dafür sorgen solle, dass Frauen und Männer bei der Aufstellung der Landeslisten gleichmäßig vertreten sind.

Wie geht es nun weiter?

Die Mehrheit der Abgeordneten hat zwar für den Gesetzentwurf gestimmt. Vorbei ist der Streit aber noch nicht: Union und Linke haben angekündigt, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen.

Hier seht ihr die hitzige Debatte im Video:

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