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Nationaler Bericht Wie steht es um unsere Bildung?

Eric Matt

Seit Corona sind die Schulen ein Dauerthema. Doch wie es darüber hinaus um die Bildung in Deutschland steht, beantwortet der Nationale Bildungsbericht 2020. Die Reaktionen der Abgeordneten darauf fielen unterschiedlich aus.

Lehrerin am Platz einer Schülerin, auf dem ein Laptop steht

Die Daten für den Bildungsbericht 2020 stammen noch aus Vor-Corona-Zeiten. © shutterstock.com/Jacob Lund

Schimmelnde Wände und zu wenig Geld für den Digitalunterricht – klassische Vorurteile, wenn es um den Zustand der Schulen in Deutschland geht. Doch stimmen die überhaupt oder ist unser Bildungswesen nicht doch besser als sein Ruf? Was klappt gut und wo sind Verbesserungen nötig?

Diese und weitere Fragen hat nun der Nationale Bericht Bildung in Deutschland 2020 beantwortet, über den der Bundestag Anfang März debattierte. Während die Bundesregierung die positiven Aspekte hervorhob, zeigten sich andere Stimmen deutlich unzufriedener - insbesondere aus der Opposition.

Was ist der Nationale Bildungsbericht?

Der Nationale Bildungsbericht erscheint seit 2006 alle zwei Jahre und gibt nach eigenen Angaben „einen differenzierten Überblick über das gesamte Bildungswesen“. Zuständig dafür ist eine „unabhängige wissenschaftliche Autorengruppe“, die aus verschiedenen Wissenschaftlern, Forschern und Professoren besteht.

Das nötige Kleingeld für den Bericht stellt neben dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, das aktuell Anja Karliczek (CDU) leitet, auch die Kultusministerkonferenz (KMK). Die KMK besteht aus den Bildungsministern der einzelnen Bundesländer.

Was steht drin?

Auf über 320 Seiten erfasst der Bildungsbericht „alle Etappen des Bildungsgeschehens von der frühen Bildung über schulische, hochschulische und berufliche Bildung bis zur Weiterbildung von Erwachsenen“.

Jeder Bildungsbericht behandelt ein Schwerpunktthema: Diesmal lautete es „Bildung in einer digitalisierten Welt“.

Aus dem Bericht geht unter anderem hervor, dass Bildung in Deutschland stark von „sozioökonomischer, regionaler oder migrationsspezifischer Zugehörigkeit“ abhänge. Das bedeutet, dass beispielsweise Kinder mit weniger wohlhabenden und weniger gebildeten Eltern oftmals auch selbst einen niedrigeren Bildungsabschluss erreichen. Kinder aus gut bemittelten Familien hingegen schaffen tendenziell einen höheren Bildungsabschluss und studieren öfter.

Mehr Bildungsausgaben

Laut den Autoren gebe es einerseits zwar mehr Menschen, die keinen Schulabschluss hätten, andererseits aber auch immer mehr Personen, die das Abitur oder gar einen Hochschulabschluss erreichten.

Außerdem seien die Staatsausgaben für Bildung seit 2010 kontinuierlich gestiegen. So habe man im Jahre 2018 rund 218,3 Milliarden Euro für Bildung ausgegeben. Jedoch seien die Ausgaben „gemessen am Bruttoinlandsprodukt niedriger als im internationalen Vergleich“. Das Bruttoinlandsprodukt beschreibt die gesamte wirtschaftliche Leistung, die ein Land in einem Jahr aufbringen kann.

Bundesregierung: „Bildung soll Freude machen“

„Der Bericht ist ein Gradmesser, wo wir in der Bildung in Deutschland stehen. Und weil er den Schwerpunkt auf die digitale Bildung legt, ist er höchst aktuell. Er ist Ansporn für alle, sich für Bildung weiterhin zu engagieren“, erklärte die Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) in der Debatte.

Auch wenn es noch viel zu tun gebe, sei der Bericht „weiß Gott kein Grund, schwarzzumalen“. So gebe es „eine ganze Reihe sehr erfreulicher Entwicklungen“ wie beispielsweise eine bessere Bildungsbeteiligung, einen höheren Bildungsstand oder auch steigende Bildungsausgaben.

Karliczek sagte: „Gute Bildung ist nicht nur für jeden Einzelnen und die Gesellschaft wichtig, sondern soll auch Freude machen – ein Leben lang.“

AfD: „Nichts zu beschönigen“

Götz Frömming von der AfD-Fraktion forderte „mehr Mut zur Wahrheit“. Ministerin Karliczek versuche, „zu beschönigen, wo es nichts mehr zu beschönigen gibt“. Durch den Corona-Lockdown habe die Zahl der psychisch erkrankten Kinder dramatisch zugenommen, sagte er mit Verweis auf eine Studie der Uniklinik Hamburg.

Zwar könne der Bildungsbericht „die Folgen der Pandemie noch nicht abbilden“, jedoch sei die Lage schon vor dem Lockdown nicht gut gewesen. Frömming erklärte: „Es ist erschreckend, dass der Anteil von Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss um 20 Prozent gestiegen ist, obwohl es vor zwölf Jahren das Ziel war, die Zahl der Schulabbrecher zu halbieren.“

SPD: „Wir sind nicht gut genug“

„Angesichts der Tatsache, dass wir es nicht schaffen, dass die Mittel in der letzten Schule, auf dem letzten Schreibtisch und in der letzten Wohnung ankommen, müssen wir alle gemeinsam feststellen, dass wir nicht gut genug sind“, sagte die SPD-Abgeordnete Bärbel Bas.

Auch wenn es einige positive Entwicklungen gebe, scheitere die Politik „gemeinsam an der Aufgabe, für gleichwertige Bildungschancen in diesem Land zu sorgen“. Wie andere Abgeordnete thematisierte auch Bas, dass „ganz viele Kinder und Jugendliche ohne Abschluss von der Schule“ gehen würden.

Um dies zu ändern, forderte sie mehr Nachhilfe und mehr unterstützende Lehrkräfte.

FDP: „Bildungsarmutsrepublik“

Der FDP-Abgeordnete Thomas Sattelberger bezeichnete den Bildungsbericht 2020 als einen „Armutsbericht“. Im internationalen Vergleich sei Deutschland keine „Bildungsrepublik, sondern eine Bildungsarmutsrepublik.“ Es sei „quer durch die Republik schattenduster“, sagte er.

Er richtete seine Worte an Ministerin Karliczek: „Was Sie nicht können: Krisen managen, Deutschland fit machen für die Digitalisierung, transformieren, Lösungen finden für die junge Generation.“

Das Land brauche einen Neustart, so der Abgeordnete. Er freue sich auf den 26. September dieses Jahres. Grund dafür: Dann findet die nächste Bundestagswahl statt.

Linke fordert „Bildungsgipfel gegen Bildungsarmut“

„Mit Verlaub, Frau Bundesministerin, Ihre Rede war die einer Märchentante. Ich muss es mal sagen: In welcher Welt leben Sie?“, fragte Birke Bull-Bischoff von der Fraktion Die Linke.

Sie fuhr fort: „Wer in Deutschland in armen Verhältnissen groß wird, der kriegt das auch in der Schule zu spüren. Kinder werden in Deutschland platziert, und zwar abhängig von den Verhältnissen, aus denen sie kommen.“ Laut Bull-Bischoff sei dies ein beschämender Befund.

Der Bildungspolitik in Deutschland attestierte sie ein „Glaubwürdigkeitsproblem“. Um all die Probleme lösen zu können, forderte die Abgeordnete einen „Bildungsgipfel gegen Bildungsarmut“.

Grüne: „Realitätsverlust“

Margit Stumpp von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erklärte, der Bildungsbericht zeige, dass die Regierung die „eklatanten Mängel unseres Bildungssystems“ einfach hinnehme, anstatt sich darum zu kümmern. Der Bildungsministerin bescheinigte sie einen „Realitätsverlust“.

Stumpp monierte auch, der Bildungserfolg würde nach wie vor vom Elternhaus abhängen. Außerdem brauche es mehr Engagement bei der Digitalisierung in den Schulen.

Jedoch bestehe auch in anderen Bereichen ein „dringender Handlungsbedarf“. Auch Stumpp kritisierte, dass Deutschland im internationalen Vergleich zu wenig für Bildung ausgebe.

CDU/CSU: Stärken und Schwächen

„Der Nationale Bildungsbericht zeigt Stärken und er zeigt Schwächen. Er zeigt im Ergebnis ein weit besseres und ein weit differenzierteres Bild, als die Debatte hier abbildet“, erklärte der CDU/CSU-Abgeordnete Albert Rupprecht. Wie auch Ministerin Karliczek hob er positiv hervor, dass beispielsweise der Bildungsstand, die Zahl der Beschäftigten im Bildungswesen oder auch die Bildungsausgaben gestiegen seien.

Jedoch zeigte sich auch Rupprecht beunruhigt, dass „die Zahl der Jugendlichen ohne Abschluss steigt“. Da Bildungspolitik aber in großen Teilen Ländersache ist – so sieht es unser Grundgesetz vor –, sei es falsch, dass immer, wenn etwas nicht klappe, der "Bund in die Bresche springen muss".

Die Bundestagsabgeordneten haben außerdem über mehrere Oppositionsanträge beraten und dabei auch einige abgelehnt. Welche Vorlagen das waren, könnt ihr auf bundestag.de nachlesen. Die gesamte Debatte gibt es auch im Video:

Zur Person

Portraitfoto von mitmischen-Autor Eric Matt
mitmischen-Autor

Eric Matt

... ist 22 Jahre alt und studiert an der Universität Konstanz Politik- und Verwaltungswissenschaften. Zurzeit macht er ein Auslandssemester in Israel.

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