Blog Tag 6 Never again!
Drei Präsidenten stehen Rede und Antwort: 60 Jugendliche sprechen eine Stunde lang exklusiv mit Reuven Rivlin, Frank-Walter Steinmeier und Wolfgang Schäuble.
Zurück in Berlin geht unser Programm dem Ende entgegen. Doch zwei Höhepunkte stehen noch an. In den Gebäuden des Bundestages herrscht überall eine ungewöhnliche Stimmung – halb hektisch, halb verschwiegen.
Um 11 Uhr ist der Plenarsaal so gefüllt wie selten. Sämtliche Abgeordnete und Regierungsvertreter sind da. Auf den Tribünen haben hochbetagte Überlebende der Konzentrationslager der Nationalsozialisten Platz genommen. Und auch wir, 60 Junge Erwachsene, die wir in den letzten Tagen auf Einladung des Bundestages die Orte des NS-Terrors im heutigen Polen besucht hatten, sind anwesend.
Es ist die Gedenkstunde des Bundestages aus Anlass des 75. Jahrestages der Befreiung des deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz durch sowjetische Truppen am 27. Januar 1945. Der Gastredner ist in diesem Jahr der israelische Staatspräsident Reuven Rivlin. In seiner Rede zeigt er sich besorgt. „Ein hässlicher Antisemitismus schwebt über ganz Europa“, sagt er. Insbesondere Deutschland habe im Kampf gegen den Juden- und Fremdenhass eine große Verantwortung.
Die ganze Gedenkstunde, bei der auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble sprechen, könnt ihr euch hier im Video ansehen:
Fragen an die Ehrengäste
Am Ende der Gedenkstunde haben wir es eilig. So schnell wie möglich müssen wir aus dem Reichstagsgebäude hinüber ins angrenzende Jakob-Kaiser-Haus. Hier findet der letzte Programmpunkt unserer gemeinsamen Zeit statt: Eine Podiumsdiskussion, bei der wir Gelegenheit haben, gleich drei Präsidenten Fragen zu stellen: Reuven Rivlin, Frank-Walter Steinmeier und Wolfgang Schäuble – knapp eine Stunde lang nehmen sie sich Zeit für uns.
Die zentrale Botschaft der drei Ehrengäste: Die Politik könne scharfe Gesetze setzen, aber für den Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus sei am Ende jeder Einzelne verantwortlich. Seht selbst im Video, was die drei erfahrenen Politiker uns mit auf den Weg geben:
Laute Bilder
Die Jugendbegegnung 2020 ist nun zu Ende. Wir alle haben in den letzten Tagen intensive Erfahrungen gesammelt, haben gemeinsam gedacht, geweint, gelacht, gegessen.
Am Vormittag unseres letzten Tages hatten wir noch die Gelegenheit, einen Blick auf ganz besondere Zeugnisse des Holocausts zu werfen, die jetzt im Bundestag zu sehen sind – auf die Bilder des Malers David Olère. Olère hat Auschwitz überlebt. Er war Mitglied im Sonderkommando, also in jener Arbeitseinheit, die die Leichen aus den Gaskammern in den Krematorien verbrennen musste. Im Video könnt ihr seine Bilder sehen:
Seine Gemälde sind schonungslos, man könnte sagen, sie sind laut. Im Grunde rufen sie uns zwei Wörter entgegen, die wir in den vergangenen Tagen immer wieder gehört und gedacht haben: „Never again!“, „Nie wieder!“