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Inklusion Jobsuche für Menschen mit Behinderung erleichtern

Menschen mit Behinderung haben es am Arbeitsmarkt oft schwerer. Die Unionsfraktion hat einige Vorschläge gemacht, wie man das ändern könnte. Aus den anderen Fraktionen kam teils Zustimmung, teils Kritik.

Arbeitsbesprechung an einem Konferenztisch mit mehreren Teilnehmern, von denen eine im Rollstuhl sitzt

11,8 Prozent der Menschen mit Behinderung waren 2020 arbeitslos. Bei nichtbehinderten Menschen lag die Arbeitslosenquote bei 7,3 Prozent. © shuttestock.com/Robert Kneschke

Ob kleinwüchsig, sehbeschränkt, gehörlos oder etwa autistisch: Menschen mit Behinderung haben das Recht, ihr Geld auf einem für alle zugänglichen Arbeitsmarkt zu verdienen. So steht es in der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen.

Die Realität sieht aber so aus, dass Menschen mit Behinderung öfter und länger arbeitslos sind als Menschen ohne Behinderung. Und das, obwohl Arbeitslose mit Behinderung häufiger eine abgeschlossene Ausbildung vorweisen können als solche ohne Behinderung. Im Jahr 2020 lag die Arbeitslosenquote bei schwerbehinderten Menschen bei 11,8 Prozent, die allgemeine Arbeitslosenquote dagegen nur bei 7,3 Prozent.

Die CDU/CSU-Fraktion will die Situation für Menschen mit Behinderung verbessern. Sie legte den Antrag „Potenziale nutzen – Inklusive Arbeitswelt stärken“ vor, der am 17. März in erster Lesung im Plenum debattiert wurde.

Was fordert die Union?

Die Unionsfraktion spricht sich dafür aus, die Potenziale von Menschen mit Behinderungen besser zu nutzen und eine inklusive Arbeitswelt zu stärken. Sie fordert von der Bundesregierung unter anderem, dass Inklusionsbetriebe besser wirtschaftlich abgesichert werden und Beratungsangebote für Arbeitgeber ausgebaut werden sollen. Zudem soll es ein bundesweites Förderprogramm geben. Das Ziel: die barrierefreie digitale Infrastruktur in außerbetrieblichen Ausbildungsstätten soll verbessert werden. Und: Die digitale Kompetenz von Auszubildenden und deren Ausbildern soll steigen.

Wilfried Oellers von der CDU/CSU-Fraktion sagte im Plenum: „Unser Ziel ist es, möglichst viele Menschen mit Behinderung auf den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln.“ Von der Bundesregierung erwarte er, dass sie eine aktive Rolle einnehme und eine bundesweite Strategie entwickle.

SPD: „Wir brauchen menschlichere Unternehmen“

Takis Mehmet Ali (SPD), der selbst bis vor Kurzem in einer Einrichtung für Behinderte arbeitete, sagte in seiner Rede, es sei wichtig, dass Menschen mit Behinderung „nicht immer das Gefühl vermittelt bekommen, dass sie eine Belastung für die Gesellschaft sind“. Den Antrag der Union kritisierte er, da er am falschen Ende ansetze: „Wir brauchen nicht unternehmensoptimierte Menschen mit Behinderung, wir brauchen menschlichere Unternehmen, die die Bedarfe der Menschen mit Behinderung erkennen.“

Mehmet Ali kündigte ein Bundesprogramm für Barrierefreiheit an, dass die Koalition aufsetzen wolle, „denn wer im Alltag weniger Barrieren hat, der hat auch einen besseren Weg in die inklusive Arbeitswelt“.

AfD: „Billige Heuchelei“

„Nichts als billige Heuchelei“ nannte Hannes Knauck (AfD) den Antrag der Unionsfraktion. Denn, so Knaucks Argumentation, wer eine einrichtungsbezogene Impfpflicht befürworte, der „verbannt“ damit das Personal aus Einrichtungen für Menschen mit Behinderung, statt sie zu unterstützen.

Zur Erklärung: Beschäftigte von Kliniken, Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen mussten bis zum 15. März 2022 einen Nachweis über eine vollständige Impfung oder Genesung vorlegen. Das entsprechende Gesetz trat am 12. Dezember 2021 in Kraft.

„Sie werden das Leben vieler Mitbürger mit Behinderung massiv verschlechtern“, warnte Knauck in Richtung der Koalitionsfraktionen. Die Impfpflicht in Pflegeeinrichtungen werde eine „regelrechte soziale Krise“ hervorrufen.

Grüne: „Gemeinsam an einer inklusiven Gesellschaft arbeiten“

Der Antrag der Union sei „nicht perfekt, aber nicht schlecht“, meinte Corinna Rüffer (Bündnis 90/Die Grünen). Er sei eine gute Grundlage für die weitere Arbeit an dem Thema. Sie wünschte, man hätte schon viel früher die Kraft darauf gerichtet, „Strukturen zu schaffen, die tatsächlich für alle zugänglich sind“. Stattdessen seien heute so viele Menschen mit Behinderung in Sondereinrichtungen wie noch nie. Dazu habe die Union mit ihrer Politik in den letzten Jahren beigetragen.

Es sei dringend nötig, Bürokratie abzubauen und Menschen mit Behinderung den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Rüffer endete: „Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam gehen und ernsthaft an einer inklusiven Gesellschaft arbeiten!“

Linke: „16 Jahre Tiefschlaf“

Als „Satire oder Selbstabrechnung“ könne man diesen Antrag lesen, meinte Sören Pellmann (Die Linke). Vieles darin sei zwar richtig analysiert: Menschen mit Behinderung seien öfter und länger arbeitslos als andere und wenige Unternehmen nähmen ihre Verantwortung ernst, ihnen eine Chance zu geben. Aber woran läge das denn wohl, fragte Pellmann – und antwortete selbst: „Das ist die Bilanz Ihrer 16-jährigen Regierungsverantwortung, die durch Versagen geprägt war“, sagte er in Richtung Union. „16 Jahre Tiefschlaf und jetzt wachen Sie endlich auf!“

FDP: „Eins-zu-eins abgeschrieben“

Als er den Antrag zum ersten Mal gelesen habe, sagte Jens Beeck (FDP), habe er gedacht: „Das ist ja meiner!“ Analyse wie Forderungen seien „zum Teil eins-zu-eins abgeschrieben“ aus früheren FDP-Anträgen und dem aktuellen Koalitionsvertrag. Die FDP-Anträge habe die Union allerdings damals allesamt abgelehnt und stattdessen Bürokratie aufgebaut im Bereich inklusive Arbeitswelt. Die neue Koalition werde sich nun „diesen Monstern stellen“ und „echte Verbesserungen“ schaffen.

Die Debatte seht ihr hier im Video. Im Anschluss daran wurde der Antrag an den Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen.

(jk)

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