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Bundeskanzler „Sicherheit ist eine große Herausforderung“

Die letzte Regierungsbefragung vor der Sommerpause bestritt Bundeskanzler Olaf Scholz. Die Abgeordneten befragten ihn zu Elterngeld und Kindergrundsicherung, zu Inflation, gesellschaftlichem Zusammenhalt und europäischer Asylpolitik.

Bundeskanzler Scholz im Plenarsaal

„Wir haben aktiv etwas für Zusammenhalt getan und werden das auch weiterhin tun“, sagte der Kanzler im Bundestag. © picture alliance/dpa/Kay Nietfeld

Drei Prioritäten: Sicherheit, Modernisierung, Zusammenhalt

In der letzten Regierungsbefragung vor der parlamentarischen Sommerpause erläuterte Bundeskanzler Olaf Scholz, welche Prioritäten die Bundesregierung mit dem Entwurf für den Bundeshaushalt 2024 verfolge, den sie kurz zuvor an den Bundestag übergeben habe und der nach dem Sommer dort debattiert werden würde.

„Sicherheit ist eine große Herausforderung“, sagte der Kanzler. Viele Haushaltsmittel seien in den vergangenen Monaten in die Unterstützung und die Stärkung der Bundeswehr geflossen. Diese werde auch weiterhin so sein.

Wichtig sei es der Bundesregierung außerdem, „ein erfolgreiches Industrieland zu bleiben“. Das bedeute, moderne Industrien aufzubauen, zum Beispiel die erneuerbaren Energien massiv auszubauen und die Elektro-Mobilität voranzutreiben. Um nicht länger von autoritären Staaten abhängig zu sein, müsse man wichtige Industrien in Deutschland und Europa ansiedeln.

Als dritten zentralen Punkt nannte Scholz den Zusammenhalt der Gesellschaft. Jeder solle sich gesehen und gehört fühlen. Deshalb habe die Bundesregierungen etwa Bürgergeld und Deutschlandticket eingeführt, Kindergeld und Wohngeld erhöht. „Wir haben aktiv etwas für Zusammenhalt getan und werden das auch weiterhin tun“, so der Kanzler.

Union kritisiert geplante Elterngeld-Reform

Dorothee Bär (CDU/CSU) nannte das Elterngeld „eine der größten familien- und frauenpolitischen Errungenschaften“. Es sei dafür gedacht gewesen, Paare zu ermutigen, sich für Kinder zu entscheiden.

Eltern, die ihr Kind nach der Geburt zuhause betreuen, bekommen für eine begrenzte Zeit einen Teil ihres vorherigen Einkommens vom Staat weiter bezahlt. Es gibt allerdings eine Einkommensgrenze, die derzeit bei 300.000 Euro liegt. Eltern, die im Jahr ein so hohes Einkommen haben, bekommen kein Elterngeld. Die Bundesregierung überlegt derzeit, diese Grenze nach unten anzupassen. Das kritisierte Bär: „Warum wollen Sie an Familien sparen und vor allem die Leistungsträger abstrafen?“

Scholz stimmte der Abgeordneten zu, dass das Elterngeld eine große Errungenschaft sei. Allerdings gehe es dabei auch darum, betonte er, mehr Männer davon zu überzeugen, sich familiär einzubringen, weil „Care-Arbeit nicht nur Frauensache ist“. Die Einkommensgrenze kritisch zu hinterfrage, halte er für vernünftig. „Den Kerngedanken vergessen wir dabei nicht“, versprach der Kanzler.

Grüne sprechen gesellschaftlichen Zusammenhalt an

Lamya Kaddor (Bündnis 90/Die Grünen) griff das Thema Zusammenhalt aus der Rede des Kanzlers auf. Es sei wichtig, sagte sie, dass alle Menschen darauf vertrauen könnten, dass sie von staatlichen Stellen geschützt und nicht diskriminiert würden. Wenn nun aber Politiker Behörden leiteten, die erwiesen rechtsextremen Parteien angehörten, wachse „ein Gefühl von Bedrohung“.

Kaddor spielte damit auf Sonneberg in Thüringen an, wo kürzlich ein AfD-Politiker zum Landrat gewählt worden war. Der Thüringer Verfassungsschutz stuft den AfD-Landesverband als „erwiesen rechtsextrem“ ein.

Der Kanzler sagte, gegen Bedrohungen etwa von Kommunalpolitikerinnen und -politikern müsse man mit aller Härte vorgehen. „Wir müssen als Gesellschaft insgesamt couragiert sein“, forderte er. Dabei gehe es auch darum, den Menschen, die aus dem Ausland nach Deutschland, Wertschätzung entgegenzubringen.

AfD spricht Gebäudeenergiegesetz an

Steffen Kotré (AfD) thematisierte das geplante Gebäudeenergiegesetz. Nach dem Entwurf soll ab 2024 möglichst jede Heizung, die neu eingebaut wird, zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden, etwa über eine Wärmepumpe. Kotré verwies auf die hohe Inflation und kritisierte: „Sie verdonnern die Bürger, diese Kosten auf sich zu nehmen.“ Das sei eine „grundgesetzwidrige Enteignung“.

Scholz erwiderte, die Inflation hänge mit den weltweiten Krisenbekämpfungsmaßnahmen der Pandemie und des Krieges in der Ukraine zusammen. Er sei dafür, aktiv gegen die Inflation vorzugehen. Die Bundesregierung werde überdies für billige Energie sorgen. Statt sich weiter von teuren Importen fossiler Energien abhängig zu machen, werde sie erneuerbare Energien vor Ort produzieren.

SPD thematisiert Halbleiterproduktion in Deutschland

Das Unternehmen Intel habe beschlossen, eine große Chip-Fabrik in Magdeburg zu bauen, sagte Lena Werner (SPD). Sie fragte, was das für den Wirtschaftsstandort Deutschland und die Region Ostdeutschland bedeute.

Scholz bewertete die Investition des Unternehmens positiv. Es sei ein „beeindruckendes Zeichen, dass so viele Unternehmen sich für den Ausbau der Halbleiterproduktion in Deutschland entscheiden“. So bündele man wichtige Kompetenzen und Fähigkeiten in Deutschland.

Linke fragt nach Kindergrundsicherung

Heidi Reichinnek (Die Linke) führte aus, jedes fünfte Kind und jeder fünfte Jugendliche in Deutschland lebten in Armut. Die Koalition habe zwar gemeinsam eine Kindergrundsicherung vereinbart, streite nun aber seit Monaten über dieses Thema. Im aktuellen Haushaltsentwurf seien nur zwei Milliarden Euro dafür eingeplant, was bei Weitem nicht ausreiche. „Können Sie garantieren, dass es am Ende wirklich Leistungserhöhungen für Kinder und Jugendliche geben wird?“, wollte Reichinnek wissen.

Der Kanzler betonte, allen Koalitionspartnern sei diese Vorhaben wichtig. Der erste Schritt sei schon gemacht, denn die Kindergelderhöhung sei eine „dramatisch Verbesserung" für Familien. Nach der Sommerpause werde es einen Entwurf für die Kindergrundsicherung geben, versprach er.

FDP spricht europäische Asylpolitik an

Ann-Veruschka Jurisch (FDP) kam auf das Thema Einwanderung zu sprechen. Das kürzlich vom Bundestag verabschiedete Fachkräfteeinwanderungsgesetz nannte sie „eins der wichtigsten Vorhaben der Koalition“. Auch die Bemühungen um eine gemeinsame europäische Asylpolitik begrüßte die Abgeordnete. Sie wollte wissen, was die Bundesregierung unternehme, um eine zügige Beschlussfassung voranzutreiben.

Der Kanzler stimmte Jurisch zu, das Fachkräfteeinwanderungsgesetz sei sehr wichtig gewesen, es sichere „den Wohlstand von morgen“. Auch in Bezug auf eine Einigung innerhalb der EU zur Asylpolitik sei er optimistisch, da ein Großteil der Mitgliedsstaaten ein Interesse daran habe.

Hier seht ihr die Regierungsbefragung im Video:

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