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Nahverkehr 9-Euro-Ticket beschlossen

Bundestag und Bundesrat haben das 9-Euro-Ticket beschlossen. Während die Ampel-Fraktionen es als Entlastung für die Menschen und als Chance für einen klimafreundlicheren Verkehr sehen, äußerten sich Union und AfD kritisch.

Junger Mann und junge Frau mit Gesichtsschutz im Bus

Sommer in Bus und Straßenbahn: Von Juni bis August soll das 9-Euro-Ticket in ganz Deutschland gelten. © shutterstock.com/Zamrznuti tonovi

Seit Wochen wird die Idee überall diskutiert – am 19. Mai hat es der Bundestag und am 20. Mai auch der Bundesrat beschossen: Das 9-Euro-Ticket kommt. Das heißt: Im Juni, Juli und August könnt ihr für neun Euro im Monat überall in Deutschland den öffentlichen Nahverkehr benutzen.

Für den Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP stimmte auch Die Linke. Union und AfD waren dagegen.

Das 9-Euro-Ticket soll nach dem Willen der Koalition zum einen die Menschen entlasten, weil derzeit vieles teurer wird, von Lebensmitteln über die Heizkosten bis hin zum Benzin. Zum anderen sollen die drei Monate möglichst viele Leute davon überzeugen, generell auf Bus, Straßen- und Regionalbahn umzusteigen, weil das umweltfreundlicher ist, als mit dem eigenen Auto zu fahren.

Verkehrsminister: „Bereits jetzt ein Erfolg“

Für Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Digitales und Verkehr, ist das 9-Euro-Ticket „bereits jetzt ein Erfolg“, wie er in der Debatte im Parlament sagte. Eine Umfrage habe ergeben, dass mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland das Ticket nutzen wollten. „Ganz Deutschland spricht vom ÖPNV“, also vom öffentlichen Personennahverkehr. Das sei eine „Riesenchance“, so Wissing. Man könne mit dem Ticket „klimafreundliche Mobilität praktisch testen“, mit dem Ziel, dass idealerweise „mehr Menschen Lust bekommen, öfter in Bus und Bahn zu steigen“.

Union: „Die Menschen auf dem Land lassen Sie im Stich“

Michael Donth (CDU/CSU) hatte zwei große Kritikpunkte an dem, wie er es nannte, „Schnäppchen-Ticket-Projekt“. Zum einen wies er darauf hin, dass private Bus-, Bahn- und Taxi-Unternehmen die Leidtragenden seien, da sie in den Monaten des 9-Euro-Tickets erwartbar weniger Umsatz machen würden. Der Bundesregierung warf Donth vor, so „die Existenz von kleinen und mittleren Unternehmen“ zu gefährden. Zum anderen kritisierte er, dass die Menschen in dörflichen Regionen vor allem darunter litten, dass nicht oft genug Busse führen. Dadurch ändere sich durch das 9-Eur-Ticket nichts. „Die Menschen auf dem Land lassen Sie im Stich“, folgerte Donth.

SPD: „Attraktivitätsschub für den ÖPNV“

Detlef Müller (SPD) freute sich darüber, dass der öffentliche Nahverkehr durch die Diskussion um das 9-Euro-Ticket derzeit eine „prominente Rolle in den Medien“ habe. Das Ticket sei ein „Attraktivitätsschub für den ÖPNV“ und eine „große und wirkliche soziale Entlastung“. Strukturelle Probleme, räumte Müller ein, würden damit hingegen nicht gelöst. Der ÖPNV sei in einer schwierigen Situation, da auf der einen Seite weniger Fahrgäste kämen, auf der anderen Seite die Energiepreise und die Löhne stiegen. Deshalb brauche es einen Mobilitätspakt, an dem die Ampel-Koalition auch arbeite.

AfD: „Ihre Party-Droge ist zu hoch dosiert!“

Wolfgang Wiehle (AfD) begann seine Rede mit den Worten: „Wenn es einen Preis dafür gebe, wer im öffentlichen Nahverkehr das größte Chaos anrichtet und dabei das meiste Geld verschwendet, dann würde ihn die Bundesregierung jetzt gewinnen.“ Mit dem 9-Euro-Ticket werde, so Wiehle, „eine große Party entfacht“, auf die „ein großer Kater“ folgen werde. Als „unerwünschte Nebenwirkungen“ nannte er mögliche Massenanstürme auf touristische Ziele und große Einbußen für den Fernverkehr im Sommer. „Ihre Party-Droge ist zu hoch dosiert!“, schloss Wiehle.

Grüne: „Das ist ein Wow!“

Stefan Gelbhaar (Bündnis 90/Die Grünen) war der Meinung: Für 9 Euro in ganz Deutschland Bus und Straßenbahn fahren, „das ist ein Wow!“ Die Vorfreude der Menschen sei riesig. Die Union, kritisierte Gelbhaar, sei nur deshalb gegen die Maßnahme, weil „diesmal nicht das Auto“ im Mittelpunkt der Entlastungsmaßnahmen stehe, sondern der ÖPNV. Viel zu lange sei der öffentliche Nahverkehr vernachlässigt worden, deshalb werde durch das 9-Euro-Ticket natürlich „nicht plötzlich das Paradies“ herrschen. „Qualität und Angebot muss her“, forderte Gelbhaar. Deshalb sei auch ein allgemeiner Modernisierungspakt „in der Mache“.

Linke: „Drei Monate sind einfach zu wenig“

Auch Bernd Riexinger (Die Linke) meinte: „Dass Union und AfD das 9-Euro-Ticket ablehnen, spricht Bände.“ Den beiden Fraktionen warf er vor, die Menschen nicht entlasten zu wollen – „das ist nicht sozial“ – und die Chance zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel nicht nutzen zu wollen: „und das ist nicht klimagerecht“. Das 9-Euro-Ticket sei ein „Schritt in die richtige Richtung“. Allerdings kritisierte Riexinger: „Drei Monate sind einfach zu wenig.“

Die Linke hatte in einem eigenen Antrag gefordert, das 9-Euro-Ticket zu verlängern, mindestens bis Ende des Jahres. Der Vorschlag fand aber keine Mehrheit.

Hier seht ihr die Debatte der zweiten und dritten Lesung im Video:

(jk)

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