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Anhörung im Petitionsausschuss

Forderung: Mindestalter für Social-Media-Nutzung

Naomi Webster-Grundl

Ist ein Mindestalter von 16 Jahren für die Nutzung von Social-Media-Plattformen ein geeignetes Mittel zum Schutz von Kindern und Jugendlichen? Damit hat sich der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages befasst.

Zwei junge Leute mit langen Haaren stehen nebeneinander und schauen in ihre Smartphones.

Social Media erst ab 16 Jahren? Darüber, ob bzw. wie das umsetzbar ist, hat der Petitionsausschuss in einer öffentlichen Sitzung gesprochen. © picture alliance / SZ Photo | Alessandra Schellnegger

Social Media erst ab 16 Jahren: Das fordert eine Petition, mit der sich der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages am 10. November 2025 befasst hat. 34.403 Menschen haben die Petition „Kinder- und Jugendmedienschutz – Mindestalter von 16 Jahren für die Nutzung von Social Media/Einsetzung einer unabhängigen wissenschaftlichen Expertenkommission“ von Verena Holler unterstützt. Sie selbst ist Mutter von drei Kindern und Vorstandsmitglied des Vereins „Smarter Start“, der sich für eine Smartphone-freie Kindheit einsetzt. 

Dringender Handlungsbedarf

In ihrem Eingangsstatement betonte Holler, wie dringend es sei, Minderjährige im digitalen Raum zu schützen. Da die Plattformen das Verhalten, die Stimmung und Schwächen der jungen Menschen während der Nutzung von Social Media durchgehend beobachteten und analysierten, bekämen sie die passgenauen Inhalte ausgespielt, um sie möglichst lange auf der Plattform zu halten. Dabei seien die Kinder und Jugendlichen Gefahren von illegalen, schädlichen, extremistischen und manipulativen Inhalten ausgesetzt, so Holler. „Wie schützen wir Kinder vor einem System, dessen Geschäftsmodell darauf beruht, Nutzungszeit um jeden Preis zu maximieren?“

Für sie sei die Einführung eines Mindestalters von 16 Jahren für Social Media in der Kombination mit einer verpflichtenden Altersverifizierung die richtige Antwort auf diese Frage. Doch das Mindestalter allein sei kein Allheilmittel und nur der notwendige erste Schritt, erklärte Holler. Suchtfördernde Design-Elemente müssten verboten werden, es müsse eine verpflichtende schulische Medienbildung geben und der Digital-Services-Act, das EU-Gesetz, welches eigentlich schon Regeln für digitale Plattformen aufstellt, müsse konsequent umgesetzt werden.

Wettlauf gegen die Zeit

„Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, unsere Kinder sind jetzt Kinder, wir können nicht warten, bis diese Regulierungen irgendwann greifen“, so Holler. Deswegen sei die Einführung eines Mindestalters eine notwendige Sofortmaßnahme. Mit ihrer Forderung bitte sie die Politik nicht, den Kindern etwas wegzunehmen, sondern ihnen die Möglichkeit zu geben, gesund, glücklich und selbstbestimmt aufzuwachsen, betonte Holler. „Es geht um viel mehr als um Bildschirmzeit. Es geht um Gesundheit, Entwicklung, Selbstbestimmung und Freiheit der kommenden Generationen und nicht zuletzt auch um unsere Demokratie.“

Am 10. Dezember tritt in Australien ein solches Gesetz in Kraft, das Regelungen vorsieht, wie Holler sie fordert. Es verbietet nicht die generelle Nutzung von Social Media Plattformen unter 16 Jahren, sondern das Anlegen eines eigenen Accounts. So stellt sich Holler das auch für Deutschland vor: So können die Plattformen keine Informationen über die einzelnen Kinder und Jugendlichen sammeln und ihnen somit keine auf sie angepassten Inhalte ausspielen. Auch die Gefahr von Grooming, also die Kontaktaufnahme mit Minderjährigen durch erwachsene Menschen mit Missbrauchsabsichten, würde wegfallen, da dann kein Direct-Messaging möglich wäre.

Perspektivisch sei es vor allem wichtig, dass die Nutzungszeit der User vom finanziellen Gewinn der Plattformen entkoppelt werde, damit es kein Geschäftsmodell mehr sei, polarisierende Inhalte und Desinformationen zu verbreiten. Eine umfassende Schutzstrategie würde natürlich nicht nur Kinder und Jugendliche schützen, sondern Soziale Medien für alle zu einem sicheren und gesünderen Ort machen.

Dringender Handlungsbedarf – aber erst in einem Jahr

In den zwei Fragerunden der Anhörung hatten Abgeordnete der fünf Fraktionen die Möglichkeit, Fragen an die Petentin und an die Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Mareike Lotte Wulf (CDU), zu stellen. 

Für die Bundesregierung sei das Ziel, in einer Regulierung dem Dreiklang aus Recht auf Teilhabe, Schutz und Kompetenz gerecht zu werden, so Wulf. Sie erklärte, dass die Bundesregierung bereits eine Expertenkommission eingesetzt habe und die Ergebnisse im Herbst 2026 vorliegen sollen. Es sei klar, dass dringender Handlungsbedarf bestehe, aber man wolle wissenschaftsbasiert vorgehen.

Eine entscheidende Frage für die Einführung eines Mindestalters sei, wie das Alter überprüft werden könne, so Wulf. Die European Digital Identity Wallet (EUDI-Wallet), eine persönliche digitale Geldbörse, könnte hierfür eine Lösung sein, aber auch diese wird voraussichtlich erst Ende 2026 zur Verfügung stehen. Das von Holler und den Petitions-Unterstützern geforderte Mindestalter von 16 Jahren für Social-Media-Nutzung wird es also zumindest kurzfristig nicht geben.

Die Anhörung in voller Länge

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