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Jahresbericht der Wehrbeauftragten „Es geht nicht ohne Militär, wenn wir Frieden wollen“

Die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages hat ihren Bericht für das Jahr 2023 an den Deutschen Bundestag übergeben. Dieser verzeichnet einerseits Fortschritte in Ausstattung und Einsatzbereitschaft, andererseits aber viele notwendige Verbesserungen. Im Interview äußert sich die Wehbeauftragte Dr. Eva Högl auch zur Debatte über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht sowie zur Datensicherheit innerhalb der Bundeswehr.

Zwei Frauen vor der Flagge der Europäischen Union und der deutschen Flagge. Sie präsentieren ein Dokument, die Frau rechts in rotem Blazer hält das Dokument in die Kamera.

Die Wehrbeauftragte Eva Högl (links) übergibt den Jahresbericht 2023 an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas. © DBT/Thomas Trutschel/photothek

Ob der anhaltende Krieg Russlands gegen die Ukraine, die Abhöraffäre im Bundesverteidigungsministerium oder die Wiederbelebung der Wehrpflichtdebatte – auch der diesjährige Jahresbericht der Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages fällt in eine sicherheits- und verteidigungspolitisch angespannte Zeit. Die bittere Erkenntnis unserer Tage laute, so Dr. Eva Högl im Interview mit dem Parlamentsfernsehen: „Es geht nicht ohne Militär, wenn wir Frieden und Freiheit wollen“. 

Immerhin, so gibt sie sich optimistisch, sei „die Bundeswehr auf dem Weg dahin, vollständig einsatzbereit zu sein“. Große Teile des 2022 beschlossenen Sondervermögens für die Truppe von 100 Milliarden Euro seien bereits vertraglich gebunden. Auch komme dringend benötigtes Material endlich bei den Soldatinnen und Soldaten an. Das sei positiv und daran erkenne man, dass es vorwärts gehe. Gleichwohl sei man noch lange nicht am Ziel, so Högl, die das Amt der Wehrbeauftragten seit Mai 2020 bekleidet. In ihrem nun vierten Jahresbericht mahnt sie Verbesserungen insbesondere bei den Themen Personal, Material und Infrastruktur an. Högl übergab ihren Bericht am Dienstag, 12. März 2024, an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas

Högl: Kasernen teils in erbärmlichem Zustand

Im Bereich der Personalgewinnung gebe es große Probleme in der Bundeswehr, sagt die Wehrbeauftragte. Die Truppe schrumpfe und altere, die Einstellungsquote sei nicht zufriedenstellend. Um die Zielmarke von 203.000 Soldatinnen und Soldaten zu erreichen, müsse „massiv in die Streitkräfte investiert werden“. Dabei gehe es auch darum, die Bundeswehr zu einem attraktiven Arbeitgeber zu machen. Vielerorts seien Kasernen jedoch in einem „erbärmlichen“ Zustand, kritisierte Högl und bezifferte den Investitionsbedarf allein in diesem Bereich auf 50 Milliarden Euro für 7.000 Bauvorhaben. 

Hinsichtlich der wieder aufgeflammten Debatte zur 2011 ausgesetzten Wehrpflicht plädiert Högl für einen neuen Ansatz. Die Wehrpflicht in ihrem ursprünglichen Gewand hält sie für nicht zielführend. Stattdessen bringt sie ein „Jahr für unsere Gesellschaft“ ins Spiel, das junge Menschen nicht nur, aber auch bei der Bundeswehr absolvieren könnten. „Denn die Verteidigung unseres Friedens“, so die Wehrbeauftragte, „ist nicht nur eine Aufgabe der Bundeswehr, sondern der gesamten Gesellschaft.“

Die jüngst von Russland abgehörten Gespräche hochrangiger Bundeswehrsoldaten seien „nicht sinnbildlich“ für das Thema Datensicherheit bei der Truppe, ist Högl überzeugt. Gleichwohl zeige der Vorfall, dass „Russland uns im Bereich der Information und Kommunikation angreift“, Deutschland beim Thema Spionageabwehr Fortschritte brauche und der Militärische Abschirmdienst besser ausgestattet werden müsse. Ihren Informationen zufolge sei das jüngste Sicherheitsleck aber auf einen individuellen Anwenderfehler zurückzuführen und nicht auf grundsätzliche Defizite bei der internen Bundeswehrkommunikation.

Eva Högl im Interview

Dieser Text erschien zuerst auf bundestag.de.

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